By Published On: 27. Juni 2019Categories: Gesundheit, Psychologie

„Eine generell verpflichtende Impfung“ ist eine der neuen Vorhaben unseres derzeitigen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn. Ein Vorhaben, welches auf der einen Seite gegen das Grundrecht der Unversehrtheit eines Menschen verstößt[1] über seinen eigenen Körper, Leben und damit Gesundheit entscheiden zu können. Auf der anderen Seite ein Vorhaben, das sowohl den Inhalt des ersten Paragraphen aus dem fünften Sozialgesetzbuch ein Stück weit in die Tat umsetzen will: durch aktive Mitarbeit des Bürgers an Präventionsmaßnahmen sich vor Erkrankungen schützen[2] als auch den Paragraphen 20 Abs.6 des Impfschutzgesetzes, der da lautet, dass „bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinischschweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist.“[3]

Prävention vor Kuration

Das Prinzip der Impfung basiert darauf, dass das Immunsystem Erreger erkennt.[4] Die Maßnahme der Impfung gilt deshalb als präventiv, da man unter Impfschutz zwar den Erreger in sich tragen kann, der Erreger aber nicht zur Erkrankung führt. Dadurch ist man für Dritte nicht ansteckend und der Erreger verbreitet sich nicht. Man selbst bewahrt sich vor Folgeschäden eines möglichen Ausbruchs der Erkrankung, wodurch ebenso die Allgemeinheit profitiert, da keine Kosten für das Gesundheitssystem entstehen.

Alle für einen, einer für alle

Viren, Bakterien – Erreger sind allgegenwärtig und somit potenziell immer eine Gefahr für die Gesundheit. Durch die Impfung kann der Mensch sich in Sicherheit wiegen, gegen bestimmte Erreger und deren schweren Krankheitsverlauf bzw. deren Folgeschäden geschützt zu sein. Eine Impfung bietet also das Gefühl der Sicherheit, den tatsächlichen Schutz für sich selbst und andere und zudem eine Kostenreduktion für das Gesundheitssystem.[5] Indem sich viele Menschen impfen und nur wenige nicht geimpft sind, entsteht ein Prinzip namens Herdenschutz. Diesem Herdenschutz verdanken insbesondere die Nichtgeimpften unter uns einen Schutz vor Erkrankungen, da wie bereits erwähnt, Geimpfte den Erreger nicht weiterverbreiten können.[6] Auf den Schutz vor Erregern sind besonders immunschwache Personen (z.B. Patienten mit Chemotherapie), Schwangere oder ältere Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist, angewiesen. Bis zum Ausbruch einer Erkrankung kann lange Zeit vergehen, die infizierte Person ist in dieser Zeit jedoch bereits ansteckend und somit eine potenzielle Gefahrenquelle für die besonders schützenswerte Personengruppe.

Herdenschutz, Eigene Darstellung

Das Thema der verpflichtenden Impfung keimt auf, da sich in Deutschland statistisch in einer Zeitspanne von zehn Jahren Menschen zwar mindestens einmal impfen lassen,[7] jedoch die nötige Auffrischung oder Zweitimpfung nicht zustande kommt[8] und so das gesetzte Ziel, Masern bis 2020 in Europa durch eine Impfquote von mindestens 95% geimpfter Bevölkerung, nicht erreicht wird. Mögliche Gründe dafür können Unwissenheit über eine nötige Impfung sein, religiöse Überzeugung, die Angst vor Impfkomplikationen oder gar Impfschäden, aber auch die Meinung, dass bestimmte Erkrankungen, gegen die geimpft wird, quasi nicht mehr vorhanden sind – sprich, das Risiko einer möglichen Erkrankung wird als zu gering bewertet, wodurch eine Impfung als unnötig empfunden wird. Auch der Faktor „Zugängigkeit“ muss betrachtet werden, denn wie eine Studie herausfand, ist besonders in Deutschland dies ein Grund für den mangelnden Impfschutz. Wäre es nach Ergebnissen der Studie für die Bevölkerung mit weniger Aufwand verbunden, wären wohl mehr geschützt. Dieser Wahrnehmung zur Impfung widmen sich mittlerweile Forscher, die die psychologischen Gründe für das Nicht-Impfen in dem 5C-Fragebogen untersuchen.[9]

Fazit: Es ist festzuhalten, dass Komplikationen immer auftreten können, sich jedoch in der Regel gut behandeln lassen und die Anzahl an Personen, welche Impfschäden nachweislich erlitten, mit <1: 1 000 000 äußerst gering sind.[10] Des Weiteren ist festzuhalten, dass die Ansicht, sich gegen eine selten gewordene Erkrankung impfen zu lassen unnötig sei, durch die Tatsache ergänzt werden muss, dass ihre Seltenheit der präventiven Impfmaßnahmen anzurechnen ist. Eine verstärkte Aufklärungsarbeit im Bereich Impfung wäre bürgerfreundlicher, als eine generelle Impfpflicht.

 

Quellenverzeichnis:


[1] Vgl. Artikel 2, Abs.2 S.1 GG
[2] Vgl. §1 S.2 SGB V
[3] Zit. §20 Abs.6 IfSG (Bundestag)
[4] Vgl. Hof, H.et al., 2019, S.739
[5] Vgl. Suerbaum, S. et al., 2016, S.117
[6] Vgl. Hof, H.et al., 2019, S.737
[7] Vgl. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/407742/
[8] Vgl. https://www.rki.de/
[9] Vgl. https://link.springer.com/epdf/10.1007
[10] Vgl. Schäfer, J., 2018, S.70

Literaturverzeichnis:


Becker U., Kingreen, T.: Sozialgesetzbuch, 46. Auflage, C.H. Beck Verlag, München 2017
Hof, H.et al.: Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie, 7. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Thieme Verlag, Stuttgart 2019
Schäfer, J.: Innere und Chirurgie, Skript 5, 2.Auflage, Thieme Verlag, Stuttgart 2018
Suerbaum, S. et al. Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, Springer Verlag, Heidelberg 2016

Internetquellenverzeichnis:


Artikel 2, Abs.2 S.1 GG
https://www.bundestag.de/resource/blob/413560/40484c918e669002c4bb60410a317057/wd-3-019-16-pdf-data.pdf
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/407742/umfrage/anteil-der-personen-in-deutschland-die-in-den-letzten-10-jahren-geimpft-worden-sind/
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2018/Ausgaben/16_18.pdf?__blob=publicationFile
https://link.springer.com/epdf/10.1007/s00103-019-02900-6?shared_access_token=P9nzzr1pDfHB6awG1pOnBPe4RwlQNchNByi7wbcMAY5HNNLBjrMTOnTRM01tApVcOqDy2xc1cszXXTt7KkEUXhiTeWknymxemkXAnUUx3dFI-tZ9A6gcJqxDgJh_vT5bOL8MjwFG-MrMmIUTmFZOAg%3D%3D

Titelbild: Eigene Darstellung

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