By Published On: 3. Mai 2018Categories: Gesundheit, Psychologie, Wirtschaft

In der gegenwärtigen Arbeitswelt, wird viel über neue Arbeitsmethoden nachgedacht. Die Boston Consulting Group in der Münchner Zentrale beispielsweise, setzt auf vollständig verglaste Büros und flexible Arbeitsplätze. Dadurch soll die Kommunikation unter den Mitarbeitern verbessert werden, sowie eine größere Verbundenheit herrschen.[1] Ebenfalls nimmt der Begriff Teamarbeit eine immer wichtigere Rolle in der Arbeitswelt ein, so wird bei Personalauswahlverfahren explizit darauf geachtet, wie gut die Bewerber in einem Team arbeiten können. Dabei werden im Assessment Center, in einer Gruppenarbeit während Konfliktsituationen, nach kommunikativen Fähigkeiten und Teamfähigkeit Ausschau gehalten.[2] „Wir wollen herausfinden, ob die Leute ins Team passen.“, so der Personalchef der Parfümerie Douglas GmbH.[3] Diese Aussage unterstreicht den Stellenwert von Teamfähigkeit in der heutigen Arbeitswelt. Dieser Trend zur ständigen Kommunikation mit seinen Kollegen, in Form von Gruppenarbeiten, Teammeetings oder den innovativen Großraumbüros sind alles Hinweise für eine extrovertiert ausgerichtete Arbeitswelt. Doch damit tut man einer Gruppe von Menschen keinen Gefallen: Den ruhigen, den in sich gekehrten, den Introvertierten.

 

Extroversion – Introversion

 

Nach H. J. Eysenck wird die Persönlichkeit als anhaltende Organisation des Charakters, Temperaments, Intellekts sowie der Physis verstanden, die eine einzigartige Anpassung an die Umwelt festlegt.[4] Der Begründer der analytischen Psychologie C. G. Jung war der Ansicht, dass die beiden Dimensionen Extroversion – Introversion unser Erleben und Verhalten steuern. Jeder Mensch besitzt Einstellungen beider Dimensionen, allerdings unterscheiden sie sich in ihren jeweiligen Ausprägungen.[5] Kennzeichnend für die beiden Einstellungsweisen ist die Richtung in die ein Mensch seine psychische Energie lenkt. Extrovertierte Persönlichkeiten lenken ihre Energie nach außen, genau andersherum verhält es sich bei introvertierten Persönlichkeiten, die ihre psychische Energie nach innen lenken.[6]

Extrovertierte und introvertierte Persönlichkeiten unterscheiden sich in ihrem Verhalten, ihren Vorlieben oder auch ihren Denkweisen. Extrovertierte Menschen handeln in ihren Entscheidungen rasch, spontan und ohne viel darüber nachzudenken. Ebenfalls werden sie von neuen Kontakten angezogen und bringen sich gerne in Gesprächsrunden ein. Des Weiteren besitzen sie eine gewisse Offenheit für ihr Umfeld. Es besteht also ein großes Interesse an allen Vorgängen die mit der Außenwelt zu tun haben.[7]

Genau andersherum verhält es sich mit introvertierten Persönlichkeiten, sie konzentrieren sich ganz auf ihre Innenwelt. Das heißt sie gewinnen ihre Energie aus ihren eigenen Gedanken, Empfindungen und Ideen. Die Kontaktfreudigkeit hält sich dabei in Grenzen, sie mögen es für sich zu sein und genau daraus ziehen sie ihre Energie oder tanken neue auf, die zuvor z.B. bei Gesprächsrunden verbraucht wurde. Falls sie dann doch einmal Gesellschaft suchen, dann eher zu kleineren Menschengruppen. Introvertierte Personen denken erst nach bevor sie Handeln, dabei möchten sie Vorgänge verstehen und wägen diese gründlich ab bevor es zur endgültigen Handlung kommt. Außerdem bevorzugen sie den schriftlichen Kommunikationsweg, da sie in Gesprächsrunden erst genau nachdenken was sie sagen und das Zeit in Anspruch nimmt, die von anderen Gesprächsteilnehmern nicht immer gegeben wird.[8]

 

Schwierigkeiten für introvertierte Menschen im Beruf

 

Wie zu Beginn des Beitrags schon erwähnt wurde, ist unsere Arbeitswelt auf extrovertierte Persönlichkeiten zugeschnitten. Die Harvard Business School zum Beispiel, eine der Eliteschulen für zukünftige Führungspersönlichkeiten, setzt alles daran ihre Schüler auf eine extrovertierte Welt vorzubereiten. Dazu gehören spezielle Seminare und Lehrmethoden um extravertiertes Handeln zu fördern. So hängen manche Noten nur davon ab, wie sehr man sich an einer Diskussion beteiligt.[9] Ein Mensch der sich aufgrund seiner ruhigen Persönlichkeit schwer tut in Gruppen zu arbeiten, kann in solch wichtigen Lebenssituationen einen Nachteil haben. Gerade bei Teamarbeit, sei es nun am Diskussionsbeispiel der Harvard University, in einer beliebigen Gruppenarbeit im Berufsleben oder gar beim Bewerbungsgespräch, tun sich Extrovertierte mit solch einer Situation vermeintlich leichter. Sie ergreifen sofort das Wort, beteiligen sich umfassend an Diskussionen und können sich gut Selbstdarstellen. Eine introvertierte Person kann sich dagegen bei zu vielen äußeren Reizen überfordert fühlen, dies kann z.B. während hitzigen Diskussionen vorkommen. Ebenfalls stellen sie sich nicht gerne ins Rampenlicht, was bei Vorstellungsgesprächen oder Beförderungen hinderlich sein kann.[10]

Ein introvertierter Mensch kann durch seine Zurückhaltung schnell als distanziert, arrogant oder ängstlich wahrgenommen werden. Beispielsweise gehen sie Konflikten lieber aus dem Weg und neigen zur Flucht, wenn sie merken einer Reizüberflutung ausgesetzt zu sein. Beruhen introvertierte Mitarbeiter immer nur auf dem leisen Weg, wird es schwer für sie in der heutigen Arbeitswelt voranzukommen und ihre Fähigkeiten zur Geltung zu bringen.[11] Dabei geht es weniger um die eigenen Kompetenzen, sondern viel mehr um die Präsentation dieser. Denn eine gute Selbstdarstellung ist ein womöglicher Türöffner für eine erfolgreiche Berufskarriere. Durch Selbstsicherheit und Kontaktfreudigkeit erwecken Menschen den Eindruck, ihre Energie auf die Kollegen zu übertragen und sie damit zu motivieren, so Gilbert Dietrich Personalabteilungsleiter eines IT-Konzerns.[12]

 

Fazit:

 

Extrovertierte Menschen haben also mögliche Vorteile in der Arbeitswelt. Durch ihre offene Art, dem Präsenten auftreten in Form der Selbstdarstellung und ihrer Bereitschaft zur erhöhten Kommunikation, passen sie gut in die Konzepte von Unternehmen die auf Teamarbeit, Transparenz sowie Flexibilität beim Arbeitsplatz setzen. Doch was ist mit den Stärken der Introvertierten, wie können sie sich erfolgreich in einer extrovertierten Arbeitswelt einbringen und sich wohlfühlen ohne sich zwanghaft Extrovertiertes Verhalten anzueignen? Oder was können ebenfalls die Arbeitgeber dazu beitragen, die Stärken dieser Gruppe von Menschen zu nutzen?

 

Fortsetzung folgt …

 

Fußnoten:

[1] Vgl. Kimmel-Fichtner, T.: 2011. URL: http://www.zeit.de/karriere/beruf/2011-01/moderne-buerowelten (10.04.2018).

[2] Vgl. Wolff, V.: 2012. URL: http://www.sueddeutsche.de/karriere/assessment-center-wie-im-richtigen-arbeitsleben-1.1371059 (10.04.2018).

[3] Herlitzius, P. In: Wolff, V.: 2012. URL: http://www.sueddeutsche.de/karriere/assessment-center-wie-im-richtigen-arbeitsleben-1.1371059 (10.04.2018).

[4] Vgl. Eysenck, H. J.: 2013, Kapitel 1. S. 2.

[5] Vgl. Rauthmann, J. F.: 2017, S. 93.

[6] Vgl. Adam, K. U.: 2011, S. 94.

[7] Vgl. Lorenz, T./Oppitz, S.: 2006, S.303.

[8] Vgl. Lorenz, T./Oppitz, S.: 2006, S.303-304.

[9] Vgl. Cain, S.: 2013. S.76-79.

[10] Vgl. Wehrle, M. In: Dämon, K.: 2017, S. 1-2. URL: https://www.wiwo.de/erfolg/beruf/karrieretipps-fuer-introvertierte-wie-sich-stille-typen-gegen-schwaetzer-durchsetzen/19809342.html (18.04.2018).

[11] Vgl. Beil, J.: 2016, URL: https://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/charakter-die-staerken-der-introvertierten/13369726.html (18.04.2018)

[12] Vgl. Dietrich, G. In: Weber, S.: 2013, S. 2. URL: http://www.zeit.de/2013/30/beruf-karriere-introvertierte-mitarbeiter/seite-2 (18.04.2018).

 

Literatur- und Quellenverzeichnis:

Adam, K. U.: Therapeutisches Arbeiten mit dem Ich. Denken, Fühlen, Empfinden,

Intuieren die vier Orientierungsfunktionen. 2. Auflage. 2011. Stuttgart.

Beil, J.: Die Stärken der Introvertierten. März 2016. URL:

https://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/charakter-die-staerken-der-introvertierten/13369726.html (18.04.2018).

Cain, S.: Still. Die Kraft der Introvertierten. 7. Auflage. 2013. München.

Dämon, K.: Wie sich stille Typen gegen Schwätzer durchsetzen. Mai 2017. URL:

https://www.wiwo.de/erfolg/beruf/karrieretipps-fuer-introvertierte-wie-sich-stille-typen-gegen-schwaetzer-durchsetzen/19809342.html (18.04.2018).

Eysenck, H. J.: The Structure of Human Personality. 3. Auflage. 2013. New York.

Kimmel-Fichtner, T.: Büro der Zukunft. Abends wird der Schreibtisch leer geräumt.

Januar 2011. URL:

http://www.zeit.de/karriere/beruf/2011-01/moderne-buerowelten (10.04.2018).

Rauthmann, J.F.: Persönlichkeitspsychologie. Paradigmen – Störungen – Theorien.

  1. Berlin.

Lorenz, T./Oppitz, S.: Myers-Briggs Typenindikator – Profilierung durch Persönlichkeit.

In: Walter, S. (Hrsg): Persönlichkeitsmodelle und Persönlichkeitstests. 2006. Offenbach. S.299-319.

Weber, S.: Introvertierte. Auf die leise Weise. Juli 2013. URL:

http://www.zeit.de/2013/30/beruf-karriere-introvertierte-mitarbeiter/seite-2 (18.04.2018).

Wolff, V.: Assessment-Center. Wie im richtigen Arbeitsleben. Juni 2012. URL:

http://www.sueddeutsche.de/karriere/assessment-center-wie-im-richtigen-arbeitsleben-1.1371059 (10.04.2018).

 

Bildnachweis:

Beitragsbild.: Pixabay. URL:

https://pixabay.com/de/m%C3%A4dchen-frau-arbeiten-b%C3%BCro-2618562/ (20.04.2018)

Teile diesen Artikel