In einer Welt, die vielerorts von Wohlstand und Frieden geprägt ist, bleibt es eine traurige Realität, dass bestimmte Regionen allerdings von bewaffneten Konflikten betroffen sind. Diese hinterlassen nicht nur körperliche Schädigungen, sondern auch seelische Wunden, insbesondere bei denjenigen, die am verwundbarsten sind – den unschuldigen Kindern. Sie sind Augenzeugen von wahlloser Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung und viele von ihnen durchleben zudem den schmerzlichen Verlust von Familienangehörigen und engen Freunden. Jene tiefgreifende Erschütterung stellt für sie eine immense Herausforderung dar.
Trauma im Überblick
Traumatische Reaktionen manifestieren sich in Situationen, in denen Handeln als sinnlos empfunden wird. Wenn weder Widerstand noch Flucht eine Option sind, gerät das Selbstverteidigungssystem des Menschen an seine Grenzen und erleidet einen Zusammenbruch.
Die zentrale Eigenschaft des psychischen Traumas zeigt sich in einem inneren Konflikt zwischen dem Verlangen, furchtbare Geschehnisse zu verdrängen, und dem Wunsch, sie offen auszusprechen. Oftmals führt der Konflikt dazu, dass das Schweigen bewahrt wird, und die Darstellung der Geschichte des traumatischen Ereignisses erfolgt nicht in Form einer Erzählung, sondern äußert sich durch Symptome (Storz, 2009, S. 307).
Kriegstraumata bei Kindern
Kinder zählen zu den Bevölkerungsgruppen, die am häufigsten von traumatischen Erfahrungen betroffen sind.
In Kriegssituationen wird das Kind mit neuen, unverständlichen Situationen konfrontiert, für die in seiner veränderten Umgebung niemand eine nachvollziehbare Erklärung bieten kann. Aufgrund seines Entwicklungsstandes verfügt das Kind im Gegensatz zu Erwachsenen noch nicht über die Fähigkeit, Kompensationsmechanismen zur Bewältigung von Traumata einzusetzen (Storz, 2009, S. 308).
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
Die posttraumatische Belastungsstörung kann als potenzielle Reaktion auf ein oder mehrere traumatische Ereignisse auftreten. Betroffene empfinden Situationen oder Personen, die an das Trauma erinnern, als äußerst belastend und reagieren darauf mit stark ausgeprägten körperlichen und emotionalen Reaktionen.
Nicht alle Personen entwickeln nach einem traumatischen Erlebnis eine posttraumatische Belastungsstörung. Die diversen Einflussfaktoren können in prätraumatische (z. B. Genetik, Charakter, mentale Vorbelastung), während des Traumas wirksame (z. B. physiologische Stressreaktion, Deutung des Geschehens) und posttraumatische Faktoren (z. B. soziale Unterstützung, Achtung als Leidtragender) unterteilt werden (Hecker, 2017, S. 1304).
Langzeitfolgen von Kriegstraumata
In der heutigen Zeit ist oft die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung erforderlich, um Überlebenden den Zugang zu spezialisierten Behandlungsdiensten sowie die rechtliche Anerkennung oder finanzielle Entschädigung nach Gewalterfahrungen zu ermöglichen. Einige Personen, die derartige Erfahrungen durchlebt haben, erfüllen jedoch nicht alle notwendigen Kriterien für eine PTBS-Diagnose. Dies gilt insbesondere im langfristigen Verlauf. Dadurch entsteht die Gefahr, dass sie nicht korrekt diagnostiziert werden. Zusätzlich zur unzureichenden Unterstützung oder Behandlung besteht die Möglichkeit, dass sie rechtlich nicht anerkannt und ungeschützt bleiben.
Zu den nicht unmittelbar erkennbaren, langfristigen Folgen von Kriegs- und Gewalterlebnissen, die über die Diagnose von posttraumatischen Belastungsstörungen hinausgehen, gehören dissoziative Zustände, Schwierigkeiten in der Bindung, Veränderungen der Persönlichkeit, Schuldgefühle, Scham, Wut, Identitätsprobleme, moralische Verletzungen, Substanzmissbrauch, beeinträchtigte Grundüberzeugungen und körperliche Empfindungen im Zusammenhang mit Stressaktivierung. Diese Erscheinungen sind nicht gleichbleibend, sondern unterliegen im Verlauf des Lebens der Überlebenden Veränderungen und Schwankungen (Drožđek, Rodenburg, Moyene-Jansen, 2019, S. 1).
Therapie für Kriegstraumata
Die Therapie besteht aus drei Schritten. In der ersten Phase geht es darum, äußere Sicherheit herzustellen, Informationen über die Psyche zu vermitteln und Ressourcen zu identifizieren. In der zweiten Phase erfolgt die Bearbeitung des Traumas durch eine behutsame Auseinandersetzung mit den belastenden Erlebnissen. Die dritte Phase, die Integration, zielt darauf ab, traumatische Ereignisse mit der Bewältigung von Trauer und der Suche nach neuen Perspektiven zu verknüpfen, um sie so in die Lebensgeschichte einzufügen.
Eine therapeutische Gruppe kann eine bedeutende Schutzfunktion vor den Schrecken, der Verzweiflung und der Isolation bieten, die mit traumatischen Erfahrungen einhergehen.
Die Teilnahme an dieser Gemeinschaftstherapie erweist sich insbesondere als bedeutsam für Kinder, deren Fähigkeiten zur Bewältigung von Stress und zum Selbstschutz noch nicht hinreichend ausgeprägt sind. Dies gilt, da diese Kinder besonders anfällig für die Auswirkungen traumatischer Ereignisse sind. Ein Großteil der Kinder erlebt eine positive Wirkung, wenn sie erfahren, dass auch ihre Altersgenossen ähnliche Reaktionen, Anliegen, Ängste und Fantasien teilen. Dies lässt die Kinder spüren, dass sie in ihrer Normalität vereint sind und nicht isoliert mit ihren Erfahrungen dastehen (Storz, 2009, S. 308).
Fazit
Traumatische Erfahrungen in Kriegszeiten belasten nicht nur unmittelbar, sondern können auch langfristige Folgen, wie posttraumatische Belastungsstörungen, mit sich bringen.
Kinder, als häufigste Betroffenen von Traumata, stehen vor besonderen Herausforderungen. Ihre Unfähigkeit, angemessen mit den unverständlichen Situationen umzugehen, macht sie besonders anfällig.
In der Therapie von Kriegstraumata liegt die Hoffnung auf Heilung für diejenigen, die durch die traumatisierenden Erfahrungen des Krieges geprägt wurden. Durch einfühlsame Behandlung und unterstützende Gemeinschaften können Kinder und Überlebende von Kriegstraumata Wege finden, ihre psychischen Verwundungen zu lindern und eine hoffnungsvolle Zukunft zu gestalten.
Bildverzeichnis
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Literaturverzeichnis
Drožđek, B., Rodenburg, J., Moyene-Jansen, A. (2019). „Hidden“ and Diverse Long-Term Impacts of Exposure to War and Violence. Frontiers in Psychiatry, 10(975), 1–12.
Hecker, T. (2017). Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). In M. Wirtz (Hrsg.), Dorsch – Lexikon der Psychologie (18. Aufl., S. 1304–1305). Bern: Hogrefe.
Storz, D. (2009). Kriegstraumata. In Decker-Voigt, H.-H., Weymann, E. (Hrsg.), Lexikon Musiktherapie (2. Aufl., S. 306–309). Göttingen: Hogrefe.