Die Klimakrise als Gesundheitsbedrohung hat vielfältige Auswirkungen auf unser aller Leben und betrifft ebenso die Arbeitswelt. Welche Mechanismen vorliegen und wie das betriebliche Gesundheitsmanagement sich der zukünftigen Herausforderung stellen kann wird im Folgenden angeführt.
Der Klimawandel bzw. die Klimakrise stellt nicht nur eine Bedrohung für die Natur und die Umwelt dar, sondern ist gemäß der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die größte Gesundheitsbedrohung der Menschheit im 21. Jahrhundert. Eine Veranschaulichung, wie vielfältig die Faktoren angesiedelt sind, welche auf unsere Gesundheit einwirken, ist bei dem Konzept der Gesundheitsdeterminanten nach Dahlgreen und Whitehead (Dahlgreen & Whitehead 1991) gegeben. Wichtige Einflussgrößen auf die menschliche Gesundheit sind neben Alter, Geschlecht und Erbanlagen in Form von vier weiteren Ebenen dargestellt, welche veränderbar sind. Zu den vier Ebenen zählen:
- Allgemeine Bedingungen der sozioökonomischen, kulturellen und physischen Umwelt
- Lebens- und Arbeitsbedingungen
- Soziale und kommunale Netzwerke
- Individuelle Lebensweisen
Determinanten auf äußeren Ebenen beeinflussen Determinanten welche auf weiter innen liegenen Ebenen angeordnet sind.
Der Klimawandel kann bei den allgemeinen Bedingungen der physischen Umwelt angesiedelt werden und stellt somit selbst eine entscheidende Gesundheitsdeterminante dar, dessen Stellenwert zukünftig ansteigen wird. Die globalen Auswirkungen des Klimawandels zeigen sich in unserer physischen Umwelt, wozu die Arbeitswelt ebenfalls zählt.
Allgemeine Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit können zunächst in direkte (primäre), ökosystemvermittelte (sekundäre) und sozial vermittelte (tertiäre) Auswirkungen unterteilt werden. Direkte Gesundheitsrisiken führen zu einer direkten Konsequenz für die menschliche Gesundheit wie extremer Hitze und Kälte, Fluten und Stürme, Trockenheit und Brände, Luftverschmutzung und ultraviolette (UV-) Strahlung. Zu den ökosystemvermittelten Auswirkungen des Klimawandels zählen biologische, physikalische und ökologische Veränderungen. Beispielhaft können landwirtschaftliche Erträge, Verdünnungen von Nährstoffen, erschwerte Zugang zu sauberen Wasser hierbei angeführt werden. Sozial vermittelte Auswirkungen sind komplex und multifaktoriell, was sich in einer Verschlechterung von Lebensumständen, welche bereits prekär sind, erkennen lässt. Die Zunahme an Migration, bewaffneten Konflikten und Vertreibungen kann an dieser Stelle angeführt werden.
Gesundheitsgefahr Hitze
Hinsichtlich den Auswirkungen in der Arbeitswelt kann eine zunehmende Exposition von Hitze und solarer UV-Strahlung, spezielle bei der Arbeit im Freien, angeführt werden. Hitze wirkt sich direkt auf die physische und psychische Gesundheit und damit auf die Produktivität der Beschäftigten aus. Zusätzlich kann Hitze indirekt das Auftreten von Arbeitsunfällen erhöhen, da beispielsweise durch die Hitzeeinwirkung die Konzentrationsfähigkeit abnimmt und es zu verschwitzen Händen und beschlagenen Brillengläser kommen kann.
Infektionskrankheiten
Aufgrund der Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur und häufigeren Extremwetterereignissen werden Infektionskrankheiten wahrscheinlicher, da die Anzahl an nicht einheimischen Insekten und anderen Vektoren zunehmen wird. Der Temperaturanstieg hat in Deutschland zur Ursache, dass Erreger, welche früher in tropischen und subtropischen Regionen heimisch waren, sich auch hier vor Ort ausbreiten. Für Menschen, welche ihre Arbeit im Freien verrichten, wie im Bereich Land- und Forstwirtschaft, ist das eine Risiko für ihre Gesundheit.
Allergien
Des Weiteren kann von einer Verbreitung neuer Allergene und Toxine ausgegangen werden. Bestimmte einheimische Allergene Pflanzenarten blühen durch die milderen Winter und wärmeren Sommer länger und auch intensiver. Des Weiteren gibt es neue Allergenquellen durch Neophyten, die bislang in unserer Gegend nicht vorhanden waren. Dies kann zu allergischen Symptomen und einer daraus resultierenden medikamentösen Behandlung führen, sodurch die Arbeitsfähigkeit zum Teil oder erheblich beeinträchtigt werden kann.
Psychische Gesundheit
Zusätzlich kann die psychische Gesundheit durch die neu auftretenden, wahrgenommenen Bedrohungen beeinträchtigt werden. Psychische Erkrankungen stellen einen häufigen Grund für Arbeitsunfähigkeit dar. Die erheblichen Veränderungen der Klimakrise können als Stressoren und psychische Belastungsfaktoren wahrgenommen werden. Akute psychische Auswirkungen können im Rahmen von Extremwetterereignissen in Form von Traumata und Schockzuständen, posttraumatischen Belastungstörungen, Stress- und Angstzuständen sowie Depressionen sich zeigen.
Herausforderungen für die Arbeitswelt
Wie genau und in welchem Ausmaß die Gesundheit der Beschäftigten betroffen sind, ist auch abhängig von der Branche, der Jahreszeit, Standort und der Fähigkeit der Branche sich anzupassen. Weitere Faktoren wie Unternehmensgröße, internationale Ausrichtung und Innovationsfähigkeit haben ebenfalls einen Einfluss.
Die Belastungen am Arbeitsplatz können sich dahingehend zeigen, dass die Produktivität gefährdet ist, Fehlzeiten entstehen und Arbeitsplätze unmittelbar von Verlust bedroht sind, da diese direkt oder indirekt mit funktionierenden Ökosystemen abhängen. Die Grundlage für eine sichere, gesunde und menschenwürdige Arbeit stellt ein intaktes Ökosystem dar, in dem der Mensch lebt.
Das betriebliches Gesundheitsmanagement als Handlungsfeld
Durch die angeführten Auswirkungen des Klimawandels zusammen mit den Bemühungen der Dekarbonisierung stehen Arbeitnehmer vor neuen Risiken und Gefahren. Es werden Schutzmaßnahmen und entsprechende Mittel gefordert, sodass sicheres und gesundes Arbeiten möglich ist.
In der Arbeitswelt kann sich Klimaschutz und -anpassung im Bereich Arbeitsschutz und betriebliches Gesundheitsmanagement ansiedeln. Die rechtliche Grundlage bietet dafür das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), welches ein sicheres und gesundes Arbeiten garantieren soll. Speziell die Gefährdungsbeurteilung kann dahingehend verwendet werden, dass klimawandelassoziierte Gesundheitsgefahren berücksichtigt werden. Abgeleitete Maßnahmen sollen nach der Beurteilung in das Arbeitsumfeld integriert werden. Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sowie Fachpersonen von Unfallversicherungsträger und Krankenkassen stellen zentrale Akteure in einem klimasensiblen betrieblichen Gesundheitsmanagement dar. Als Teil von Beratung und Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen nehmen die speziell ausgebildeten Berufsgruppen des Arbeitsschutzes eine Schlüsselfunktion ein.
Zusammenfassung
Hinsichtlich der aktuellen und zukünftigen Herausforderungen aufgrund der Klimakrise gilt es auch in der Arbeitswelt entsprechende Handlungsempfehlungen zu formulieren. Die Risikofaktoren Hitze, Infektionskrankheiten, Allergene und psychische Belastungen mit ihrer Wirkungsweise auf die Gesundheit im Arbeitskontext wurden näher erläutert. Im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements, welches Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit der Arbeitnehmenden umfasst, können Gefahren identifiziert und entsprechende Maßnahmen abgeleitet werden. Neben dem übergeordneten Ziel der Dekarbonisierung müssen Schutzmaßnahmen und Mittel gefördert werden, um sicheres und gesundes Arbeiten zu garantieren. Im zweiten Teil werden die Möglichkeiten für eine praktische Umsetzung im Rahmen des BGM näher beschrieben.
Literaturverzeichnis:
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Bildnachweis Titelbild:
https://pixabay.com/de/photos/thermometer-sommer-heiss-hitze-3579034/
Beitragsbild 1 bzw. Abbildung 1:
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