Schönheits- und Körperideale wandeln sich im Laufe der Zeit immer wieder. Von einem üppigen und runden Körperbau, über die Wespentaille, bis hin zur Sanduhrfigur lag alles schon einmal im Trend. Doch wie entstehen diese Ideale eigentlich? Gibt es historische Erklärungen? Und wie sinnvoll sind Körperideale überhaupt, wenn man doch an seiner eigenen Genetik wohl kaum etwas verändern kann? In diesem Beitrag werden zunächst einmal einige Körpertrends der vergangenen Jahre vorgestellt und anschließend die Rolle der sozialen Medien diskutiert.
Figurtrends aus historischer Perspektive
Bereits in der griechischen Antike wurde eine Balance des Körpers und des Geistes angestrebt. Durch Turnübungen sollte der Körper gleichermaßen wie der Geist gestärkt werden. Im Mittelalter und mit der Verbreitung des Christentums wurde der Körper eher degradiert und in Kunstwerken als eher zierlich und schlank dargestellt. In der Renaissance galt sowohl bei Frauen als auch bei Männern ein üppiger, runder und wohlgenährter Körper als Ideal. Er spiegelte Macht und Wohlstand wieder und wurde in prunkvollen Kunstwerken dargestellt. Mit dem Aufkommen der Vernunftlehre im 17. Jahrhundert kam ein schlanker und wohlproportionierter Körper in die Mode, da die Gesundheit und Medizin einen höheren Stellenwert erlangten. Das Schlankheitsideal blieb bis Ende der 1920er Jahre bestehen. In den 1920 sollte die Frau nicht nur schlank, sondern sogar knabenhaft und androgyn aussehen. Kurven waren aus der Mode (Dimitriou, 2019b, S. 66-67).
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wechselte das Ideal von Dekade zu Dekade drastisch: Während in den 1950er Jahren die Sanduhrfigur mit üppigen Kurven im Trend lag, war in den 1960ern das Gegenteil „in“: Kurven waren „out“, der perfekte Körper sollte so schlank wie möglich sein. In den 1980er Jahren erlangte das Thema Sport und Fitness große Aufmerksamkeit. Viele Menschen gingen zum Sport oder machten Aerobic. Die Ikonen dieser Zeit waren groß und sportlich und hatten sichtbare Muskeln. In den 1990er Jahren wechselte das Ideal erneut zu zierlich und schlank, bevor in den 2010er Jahren Stars wie Kim Kardashian mit extremen Kurven das Ideal darstellten (DiePresse, 2019).
Aktuelle Körpertrends und die Rolle der sozialen Medien
Aktuell steht der Körper generell stark im Vordergrund. Die Figur ist wichtiger denn je und mit ihr ein Sport- und Gesundheitsorientierter Lebensstil (Dimitriou, 2019a, S. 1). Figurtrends werden maßgeblich durch die sozialen Medien wie beispielweise Instagram, TikTok oder auch Youtube beeinflusst. Diese Fotobasierten Plattformen legen den Fokus noch stärker auf das physische Aussehen im Allgemeinen und die Figur (Fardouly, Tiggemann & Vandenbosch, 2022, S. 2). Die sozialen Medien können aufgrund zweier Problemfelder gefährlich werden:
Erstens, entstehen auf Instagram und Co. vermeintlich positive Bewegungen. „Fitspiration“ setzt sich aus den Worten „Fit“ und „Inspiration“ zusammen und wird oftmals unter Bildern verwendet, die zum Sporttreiben motivieren sollen, gesunde Rezepte und Mahlzeiten abbilden, oder aber auch erreichte Fitnessziele präsentieren. In der Realität findet man aber unter „Fitspiration“ vor allem idealisierte, sexualisierte Bilder von sehr dünnen Frauen. Studien konnten zeigen, dass solche Bilder eher Unzufriedenheit in den Betrachtenden auslösten als positive Gefühle (Fardouly et al., 2022, S. 2). Sogenannte „Body Positivity“- Beiträge versuchen diesen idealisierten Bildern entgegenzuwirken und beinhalten beispielweise Fotos ohne Filter und überbringen die Botschaft, dass es auch mal in Ordnung ist, keinen Sport zu machen oder etwas vermeintlich ungesundes zu essen (Fardouly et al., 2022, S. 3).
Zweitens, kommen immer wieder bizarre Trends auf. Ein Beispiel dafür ist die sogenannte „Thigh-Gap“, also eine Lücke zwischen den Oberschenkeln, die meist nur durch ein sehr geringes Körpergewicht erreicht werden kann. Die „Bikini-Bridge“ ist eine Lücke zwischen Bikinihose und Bauch, die ebenfalls einen extrem schlanken Figurtyp voraussetzt. Der „Ab-Crack“ ist eine sichtbare Linie auf dem Bauch, also eine so stark ausgeprägte Bauchmuskulatur, mit einem so niedrigen Körperfettanteil, dass die Muskeln deutlich sichtbar sind (Parz, 2017). Diese Trends haben gemeinsam, dass sie nur durch ein äußerst niedriges Körpergewicht erreicht werden können. Problematisch ist dies insofern, alsdass Essstörungen und eine allgemeine Unzufriedenheit im eigenen Körper dadurch förmlich angefeuert werden. Außerdem sorgen Filter und Bildbearbeitungsprogramme oftmals für eine Verzerrung der Realität und stellen Ideale dar, die in der Realität gar nicht zu erreichen sind (Fardouly et al., 2022, S. 2).
Insbesondere bei Jugendlichen ist eine Konfrontation mit solchen Beiträgen problematisch. Sie versuchen, dem gesellschaftlichen Bild von „attraktiv“ zu entsprechen, um soziale Teilhabe zu erfahren (Bütow & Schär, 2019, S. 55). Da in den sozialen Medien ein so großer Fokus auf dem Aussehen und der Figur liegt, kommt es oft zu einer Selbstobjektifizierung (Fardouly et al., 2019, S. 1) und zu Frustration, da der eigene Körper nicht vollkommen dem angepriesenen Ideal entspricht.
Fazit
Körpertrends verändern sich beinahe im Dekaden-Rhythmus. Unser Auge gewöhnt sich an das, was es sieht und das führt dazu, dass auch wir, teilweise unbewusst, einen bestimmten Körperbau präferieren. Doch wie soll unser eigener Körper da mithalten? Ist es sinnvoll, sich jahrelang mehr Kurven zu wünschen, nur um im nächsten Jahrzehnt Sport zu treiben, um möglichst schlank zu sein? Oft neigen Menschen dazu, sich das zu wünschen, was sie nicht haben. Es ist allerdings wichtig, sich auch mal bewusst zu machen, was man hat und den eigenen Fokus und das Auge mal auf das zu lenken, was einem an sich gefällt. Auch wenn gerade üppige Kurven und weibliche Rundungen in der Mode liegen, darf man sich trotzdem schön fühlen, wenn man selbst zierlich und schmal ist. Es kann nämlich auch sehr befreiend sein, sich selbst einmal zu fragen, was man eigentlich schön findet, ganz unabhängig vom aktuell vorgelebten Ideal.
Literaturverzeichnis
Parz, N. (2017), Mediale Inszenierung von Essstörungen und Schönheit. Wie soziale Netzwerke den Mager-Kult bei Mädchen fördern, Graz.
DiePresse (2019), Körper Trends der letzten 100 Jahre. Zugriff am 12.12.2023. Verfügbar unter https://www.diepresse.com/4643583/koerper-trends-der-letzten-100-jahre.
Fardouly, J. / Tiggemann, M. /Vandenbosch, L. (2022), Social media and body image: Recent trends and future directions, Current opinion in psychology, 45. Jg., S. 1-6.
Dimitriou, M. (2019a), Zur Einführung: Der postmoderne Körper als ambivalenter Topos. In: Dimitriou, M./ Ring- Dimitriou, S. (Hrsg.), Der Körper in der Postmoderne. Zwischen Entkörperlichung und Körperwahn. S. 1-11.
Bütow, B. / Schär, C. (2019), Jugendkörper im Netz. Erziehungswissenschaftliche Perspektiven auf Jugendliche und ihre fotografischen Selbstdarstellungen in digitalen sozialen Netzwerken. In: Dimitriou, M/ Ring- Dimitriou, S. (Hrsg.), Der Körper in der Postmoderne. Zwischen Entkörperlichung und Körperwahn. S. 51-63.
Dimitriou, M. (2019b), Der postmoderne Körper im Wandel: Sport, Fitness und Wellness zwischen Gesundheitsorientierung, performativem Zwang und Optimierungslogik. In: Dimitriou, M/ Ring- Dimitriou, S. (Hrsg.), Der Körper in der Postmoderne. Zwischen Entkörperlichung und Körperwahn. S. 63-93.
Titelbild: Foto von MARIOLA GROBELSKA auf Unsplash. Verfügbar unter https://unsplash.com/de/fotos/frau-im-weissen-kleid-sitzt-auf-dem-stuhl-LvJvNPJlu9E.