By Published On: 30. Januar 2024Categories: Kommunikation

Kommunikation ist ein komplexes Phänomen, das alle menschlichen Lebensbereiche betrifft (Ripper & Ripper, 2018, S. 9). Die Art und Weise, wie wir unsere Beziehungen gestalten, trägt im Wesentlichen dazu bei, wie gut sie gelingen. Dabei existieren allgemeingültige Prinzipien als auch Unterschiede in den typisch-menschlichen Reaktionsmustern (Schulz von Thun, 2013, 10-11). Was wir tun können, um gelingende Kommunikation zu fördern und weshalb sie in Konflikten münden kann, soll nachfolgend untersucht werden. Ziel dieses Beitrags ist es, zu einem besseren Verständnis und folglich besserer Qualität zwischenmenschlicher Kommunikation beizutragen.

Was ist Kommunikation?

Watzlawick definiert Kommunikation als verbale und nonverbale Interaktion zwischen zwei Individuen. Er behauptet: Nicht zu kommunizieren, sei unmöglich (Watzlawick, Beavin & Jackson, 1993, S. 50–53). Sobald sich mindestens zwei Personen begegnen, findet Kommunikation statt. Selbst dann, wenn geschwiegen wird (Lubienetzki & Schüler-Lubienetzki, 2020a, S. 7). Doch wie geht Kommunikation vonstatten?

Das Quadrat der Nachricht: Vier Sender-Empfänger-Modell

Schulz von Thun integrierte verschiedene Kommunikationstheorien in sein Modell „Das Quadrat der Nachricht“. Er stellt das, was jemand von sich gibt bzw. was beim Anderen ankommt, in den Mittelpunkt. Zu betrachten sind also die „Signale“, die eine Person, bewusst oder unbewusst aussendet. Seinem Modell nach beinhalte jeder dieser Vorgänge immer vier Aspekte, also je vier gesendete Nachrichten, die zu vier zu empfangenden Botschaften werden. Alle vier sind ebenso wirksam wie bedeutsam. Diese sind: (Röhner & Schütz, 2020, S. 33)

  • Der Sachaspekt
  • Der Beziehungsaspekt
  • Der Selbstoffenbarungsaspekt
  • Der Appellaspekt

Hierbei ist es nicht selbstverständlich, dass das eigentlich gemeinte („Innerung“) auch korrekt durch das gesendete Signal repräsentiert wird. Ebenso verhält es sich mit der Entschlüsselung dieses Signals. Je besser es Empfangenden gelingt, die gemeinte Botschaft der Sendenden zu entschlüsseln, desto besser die Kommunikationsqualität (Röhner & Schütz, 2020, S. 32–33). Abb. 1 veranschaulicht dies und verwendet für die jeweiligen vier Seiten bildhaft Schnäbel und Ohren.

Abb.1: Kommunikationsquadrat

Quelle: (Döring, 2023, S. 174)

Beispiel einer Nachricht mit vier Aspekten

Wenn Herr Müller aus der Küche ruft: „Die Brötchen sind fertig!“, scheint die Sachebene verständlich. Der Beziehungshinweis könnte jedoch sowohl lauten: „Schaut her, wie lieb ich euch habe!“, als auch seitens des Beziehungsohres entschlüsselt werden als „Schon wieder muss ich mich um euch kümmern!“. Der Selbstoffenbarungsschnabel hätte vielleicht mitteilen wollen: „Ich bin ein guter Vater: aufopfernd und fleißig!“ Während das Selbstkundgabe-Ohr aufgrund des lauten Geklimpers die Gefühle und Motive diagnostizieren wollte und vernommen hat: „Was geht in ihm vor?  Ist er genervt oder überfordert?“ Beim Appellaspekt verhält es sich entsprechend. Könnte mit der Botschaft „Die Brötchen sind fertig“ gemeint sein: „Könnt ihr bitte zu Tisch kommen?“, kann das Appell-Ohr dieses Signal auch als Aufforderung verstanden haben, helfen zu müssen, indem die Brötchen aus dem Ofen geholt werden.

Wenn Kommunikation misslingt

Das Beispiel macht deutlich, dass neben der explizit ausgesprochenen Botschaft drei weitere implizit gemeinte Aspekte sowohl korrekt zu codieren als auch zu entschlüsseln sind. Wird das eigentlich gemeinte falsch entschlüsselt, kann von einer Störung gesprochen werden (Döring, 2023, S. 173). Schulz von Thun (2008) kategorisierte acht Kommunikationsstile, die mit bestimmten Störungstendenzen einhergehen (Lubinetzki und Schüler-Lubinetzki 2020, S.41). S. dazu Abb.2 . Jeder Mensch hat also bestimmte Tendenzen, wie er oder sie Kommunikation und demnach Beziehungen gestaltet. Dass hierbei insbesondere nonverbale Signale bedeutsam sind, scheint trivial. Es ist in der Tat das „Wie“ einer Botschaft, das die Deutung der Beziehungs- (und Appellebene) determiniert und mit Kommunikationsstörungen in Zusammenhang steht. Eine bedeutende Rolle spielen dabei visuelle, haptische, olfaktorische oder akustische Elemente (Nussbeck, 2019, S. 8).

Kommunikationsstile nach Schulz von Thun (Quelle: Lubinetzki und Schüler-Lubinetzki 2020b, S.41)

Kommunikationssignale adäquat senden

Gelingende Kommunikation dieser Beziehungs- und Appellebene, die durch nonverbale Signale repräsentiert wird, benötigt Wertschätzung, Empathie und Kongruenz (Röhner & Schütz, 2020, S. 31–37). Erst wenn Mimik, Gestik, Stimme, Nähe und Distanz zu der Haltung der kommunizierenden Person passen (kongruent sind), kann dieses „Wie“ der Nachricht richtig für die gegebene Situation gedeutet werden (Solowjew, 2021, S. 446). Da nonverbale Signale jedoch der bewussten Kontrolle meist nicht zugänglich sind (Nussbeck, 2019, S. 8), liegt die Herausforderung der Sendenden einer Nachricht darin, die eigenen Einstellungen, Motive und Emotionen wahrzunehmen und hinsichtlich der Kongruenz abzugleichen. Gelingt es schließlich, Mimik und Gestik (Ekman, 2023, S. 23), Körperhaltung (Hörnberger, 2021, S. 170) und Blickverhalten kongruent zu der gemeinten Botschaft zu gestalten (Solowjew, 2021, S. 438), wird das Signal also eindeutig repräsentiert, erhöht es die Wahrscheinlichkeit, dass Botschaftsempfangende diese auch korrekt entschlüsseln.

Kommunikationssignale adäquat entschlüsseln

Allerdings kann eine Störung auch auf Seiten der Empfangenden liegen, die Einschränkungen in der Entschlüsselungsfähigkeit aufweisen. Die bereits erwähnten Kommunikationstypen gehen mit einer überbetonten „Ohr-Einstellungen“ einher. Z.B. neigen Menschen mit einem „übergroßen Appellohr“ dazu, stets die Bedürfnisse des Gegenübers erfüllen zu wollen. Andere wiederum haben ein zu sensibel eingestelltes Beziehungsohr. Dies führt dazu, dass jede Botschaft tendenziell zu persönlich genommen wird (Pörksen & Schulz von Thun, 2016, S. 23).

Zusammenfassung und Fazit

Sobald Menschen sich begegnen, geht Kommunikation vonstatten. Die Qualität und folglich die Beziehung der Interaktionspartner hängt entscheidend davon ab, wie kongruent die Informationen in Bezug auf die vier relevanten Aspekte: Sach-, Beziehungs-, Selbstoffenbarungs- und Appellebene gesendet werden und wie adäquat dieses Signal durch die Empfangenden entschlüsselt wird. Um die Kommunikationsqualität zu verbessern bzw. Störungen möglichst zu vermeiden, können also beide Seiten dazu beitragen. Insbesondere in emotionalen Situationen ist erhöhte Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie Reflektion bedeutsam (Lubinetzki und Schüler-Lubinetzki 2020c, S.72).

  • Je früher die eigene Haltung hinsichtlich Wertschätzung, Empathie und kongruentem Kommunikationsverhalten als inadäquat wahrgenommen wird, desto eher kann es korrigiert werden.
  • Auch die Botschaftsempfangenden können zu gelingender Kommunikation beitragen, indem sie ihre „Ohren-Einstellung“ bezüglich ihrer Adäquatheit hinterfragen und eigene Annahmen mit dem Gegenüber abgleichen.
  • Hierbei kann die Offenlegung eigener Annahmen und Befürchtungen beim Gegenüber hilfreich sein. So hat diese*r die Chance, seine gesendete Nachricht dahingehend zu präzisieren.
  • Manchmal sind destruktive Kommunikationsmuster jedoch derart tief verankert, dass professionelle Unterstützung sinnvoll sein kann .

Abbildungsnachweise

Titelbild: https://pixabay.com/de/vectors/silhouette-paar-menschen-mann-frau-2480321/

Abb.1: Kommunikationsquadrat (Quelle: Döring, 2023, S. 174)

Abb.2: Acht Kommunikationsstile nach Schulz von Thun (Lubienetzki und Schüler-Lubienetzki 2020b, S. 41).

Literaturverzeichnis

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Ekman, P. (2023). Ich weiß, dass du lügst. Was Gesichter verraten (H. Mania, Übers.) (1. Auflage). Hamburg: Rowohlt E-Book.

Hörnberger, C. (2021). Nonverbale Kommunikation. In R. Heimann & J. Fritzsche (Hrsg.), Gewalt- und Krisenprävention in Beruf und Alltag (S. 163–174). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-33375-1_10

Lubienetzki, U. & Schüler-Lubienetzki, H. (2020a). Verbale und nonverbale Kommunikation. In U. Lubienetzki & H. Schüler-Lubienetzki (Hrsg.), Was wir uns wie sagen und zeigen (Psychologie für Studium und Beruf, S. 5–37). Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-61827-1_2

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Lubienetzki, Ulf; Schüler-Lubienetzki, Heidrun (2020b): Selbst- und Fremdwahrnehmung. In: Ulf Lubienetzki und Heidrun Schüler-Lubienetzki (Hg.): Was wir uns wie sagen und zeigen. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg (Psychologie für Studium und Beruf), S. 69–72.Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-61827-1_5

Nussbeck, S. (2019). Einführung in die Beratungspsychologie. Mit 7 Abbildungen, 3 Tabellem, 95 Übungsfragen und Onlineantworten (4. aktualisierte Auflage). München: Ernst Reinhardt GmbH & Co KG Verlag.

Pörksen, B. & Schulz von Thun, F. (2016). Kommunikation als Lebenskunst. Philosophie und Praxis des Miteinander-Redens (Zweite Auflage). Heidelberg: Carl-Auer Verlag GmbH.

Ripper, K. & Ripper, J. (2018). Therapie-Tools Kommunikation. Mit E-Book inside und Arbeitsmaterial (Therapie-Tools). Weinheim: Beltz. Verfügbar unter: http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:31-epflicht-1119538

Röhner, J. & Schütz, A. (2020). Klassische Kommunikationsmodelle. In J. Röhner & A. Schütz (Hrsg.), Psychologie der Kommunikation (Basiswissen Psychologie, S. 27–51). Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-61338-2_2

Schulz von Thun, F. (Hrsg.). (2013). Miteinander reden 2. Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (1. Aufl.). Reinbek: Rowohlt E-Book.

Solowjew, C. (2021). Nonverbale Kommunikation als psychologisch wirksame Dimension – wie Event-Erlebnisse verkörpert werden können. In S. Ronft (Hrsg.), Eventpsychologie (S. 435–458). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-28888-4_19

Watzlawick, P., Beavin, J. H. & Jackson, D. D. (1993). Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien (8e unveränd. Aufl.). Bern: Huber.

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