Kreativität, ein abstrakter Begriff, doch was genau bedeutet und umfasst er?
„Wow ist das kreativ!“ ein Satz, der in den unterschiedlichsten Situationen auftauchen kann. Ob bei der Bastelstunde, im Kunstmuseum, bei der Herstellung von Autos oder im betrieblichen Alltag, Kreativität umgibt uns in vielen Bereichen, die weit über das rein Visuelle hinaus gehen. Doch wieso ist das so und was genau beschreibt die Kreativität eigentlich?
Eines ist klar: Kreativität ist vielseitig, darum lässt sie sich nur schwer definieren. Zunächst soll sie in Bezug auf Intelligenz näher erläutert werden. Hier wird Kreativität als das Lösen von Problemen verstanden für die es mehr als eine richtige Lösung gibt (Maltby, Day, Macaskill, 2011, S. 745). Zur Bewältigung einer komplexen Aufgabenstellung mit mehreren möglichen Lösungsvarianten ist divergentes Denken hilfreich. Darunter versteht man, offen, unsystematisch und spielerisch an Themen heranzugehen und gewohnte Denkmuster zu verlassen. Ideenreichtum Improvisationstalent und Sensitivität für Probleme gehören ebenso dazu wie die Fähigkeit, verschiedene und ungewöhnliche Perspektiven einzunehmen. Menschen, die darin hohe Ausprägungen zeigen, können laut dieser Definition also als kreativ bezeichnet werden. Um ihr kreatives Potenzial zu nutzen und Neues und Innovatives zu erschaffen, müssen sie jedoch. verschiedene Phasen der Problemlösung durchlaufen (Haselhoff, O.W., 1971, S: 89- 90):
Problematisierung
Hier wird das Problem als solches erkannt und mit all seinen Aspekten genau analysiert. Nebenbei erfolgt eine Bestandsaufnahme des eigenen Wissens und der Erfahrungen.
Exploration
Das Problem wird aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Gleichzeitig wird das eigene Wissen umstrukturiert und umorganisiert, um verschiedene Betrachtungsweisen zu erstellen.
Inkubation
In der Inkubationszeit wird das Problem nicht mehr aktiv beachtet, da auf den inneren „Reifeprozess“ für das Finden von Lösungen vertraut wird.
Heuristische Regression
Nachdem das Problem einige Zeit durch die Reifephase gelaufen ist, geschehen in dieser Phase spontane Einfälle zu Lösungsmöglichkeiten (heureka!). Mit diesen „rohen“ Möglichkeiten wird nun experimentiert, indem sie verändert, ergänzt, akzeptiert oder auch verworfen werden.
Elaboration
Die in der heuristischen Regressionsphase gefundenen Lösungsmöglichkeiten werden nun systematisch ausgearbeitet, so dass sie sich kommunizieren lassen und auch für andere nachvollziehbar sind.
Und in welcher Phase wird die letztendliche Lösung ausgewählt?
Diffusion
In der letzten Phase wird die Lösungsmöglichkeit angewandt und ausgebreitet, um das Problem zu lösen.
Das Endprodukt der kreativen Lösungsfindung durchläuft also einen bestimmten Prozess. Ist Kreativität jedoch nur einigen wenigen vorbehalten oder lässt sie sich erlernen?
Die Antwort auf diese Frage ist schwer zu finden, da Kreativität ein sehr komplexes Konstrukt darstellt. Menschen, die als sehr kreativ bezeichnet werden, weisen laut Csikszentmihalyi ganz bestimmte Eigenschaften auf. So vereinen Kreative besonders gegensätzliche Eigenschaften, wie Intraversion und Extraversion oder sie sind besonders phantasievoll aber zugleich auch realistisch. Die Eigenschaften können sie je nach Situation nutzen und anpassen (Csikszentmihalyi, M., 2015, S. 88 f). Csikszentmihalyi geht davon aus, dass es sich bei Kreativität sowohl um eine genetische Prädisposition handelt als auch um eine Neugierde und Offenheit für Erfahrungen. Erweitert sich der Wissensstand in einem bestimmten Gebiet, so erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, etwas Neues und Innovatives zu erschaffen.
Sicherlich spielt eine biologische Disposition wie beispielsweise eine hohen Wahrnehmung für Farben eine Rolle, wenn es um die Kreativität geht. Jedoch haben sich auch Techniken und Rahmenbedingungen bewährt, die das kreative Denken fördern.
So regen laut Amabile (1996) ein positives und innovatives Umfeld, Freiraum und Entscheidungsfreiheit sowie Bestärkung der Ideen und ausreichend zur Verfügung stehende Ressourcen das kreative Denken an. Auch eine komplexe und herausfordernde Aufgabe kann die Kreativität fördern.
Sternberg und Lubart entwickelten ebenfalls ein Konzept zur Kreativitätsförderung. Folgende Kriterien sollten demnach gegeben sein, um den kreativen Output zu erhöhen:
- Eine hohe intrinsische Motivation für den jeweiligen Kreativitätsbereich
- Vorgegebene Regeln, die den Kreativitätsfluss einschränken, können gegebenenfalls missachtet werden, jedoch sollte ein hohes Maß an Selbstdisziplin gegeben sein
- Überzeugung für die eigene kreative Tätigkeit und die Ausblendung von Kritik und Abwertung
- Schaffung eines kreativen Umfelds, dies können sowohl Personen als auch Gegenstände sein
- Divergentes Denken
- Ein hoher Wissensstand über den Fachbereich
- Eine strenge Verpflichtung der kreativen Unternehmung gegenüber
(Sternberg, R., Lubart, T.,1995, S. 363f)
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass es sich bei Kreativität, egal ob schöpferisch oder problemlösend, um die Schaffung von Neuem handelt, bei der die genetische Komponente, ein breit gefächertes Wissen, persönliche Kompetenzen und äußere Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle spielen.
Literaturnachweise
Amabile, T. M. (1996). Creativity in context: Update to „The Social Psychology of Creativity.“ Westview Press.
Csikszentmihalyi, M. (2015). Flow und Kreativität. 2. Auflage.Klett-Cotta. Stuttgart
Maltby, J., Day, L., Macaskill, A. (2011). Differentielle Psychologie, Persönlichkeit und Intelligenz. 2. Auflage, Pearson Studium
Haselhoff, O. W. (1971). Forschung und Information. Schriftenreihe. Berlin
Sternberg RJ, Lubart TI (1995). Defying the crowd: Cultivating creativity in a culture of conformity. Free Press, New York
Internetquellen
The blue diamond gallery (2021). Verfügbar unter: https://www.thebluediamondgallery.com/handwriting/images/creativity.jpg abgerufen: 01.06.2021