By Published On: 27. Juli 2023Categories: Management, Psychologie, Wirtschaft

Die Vereinbarkeit von Beruf und Leben stärken

Um Fachkräfte im Unternehmen zu halten und auch für neue Fachkräfte relevant zu sein, ist eine individuelle lebensphasenorientierte Personalpolitik zielführend. Damit können Arbeitgebende zeigen, dass ihnen das Wohlergehen ihrer Mitarbeitenden wichtig ist und sie an deren Verbleib im Unternehmen interessiert sind.

Ein lebensphasenorientiertes Personalmanagement orientiert sich an den Lebensphasen der Mitarbeitenden und deren Vereinbarung mit der Arbeit und nicht umgekehrt. Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden werden berücksichtigt. Entsprechende personalpolitische Maßnahmen begleiten die verschiedenen Lebensphasen, egal ob es sich um die Familienplanung, das Homeoffice, flexible Arbeitszeiten, Sabbatical oder die Pflege naher Angehöriger handelt (Bankl, 2021, S. 374–375).

Ziele lebensphasenorientierter Personalarbeit sind u.a.:

– der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit über gesamte Berufsdauer (auch bei späterem Renteneinritt)

– die Arbeitgeberattraktivität für bestehende und neue Mitarbeitende deutlich steigern

– Vereinbarung von Lebensphasen und Arbeit, bei hoher Mitarbeiterzufriedenheit und Produktivität (Bankl, 2021, S. 376).

Personalpolitik: komplementär, bedarfsgerecht oder lebensphasenorientiert

Unternehmen können ihre Personalpolitik demografiefest gestalten, also dafür sorgen dass sie trotz des demografischen Wandels ausreichend Arbeitskräfte mit den benötigten Qualifikationen zur Verfügung haben. Dafür müssen sie die Mitarbeitenden in den Mittelpunkt stellen und dafür sorgen, dass diese die nötigen Qualifikationen haben.

Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaft wird in Unternehmen, die eine mitarbeiterorientierte Personalpolitik anwenden, eine von 3 Stufen der demografiefesten Personalpolitik angewendet. Auf der ersten Stufe werden dabei sich ergänzende, also komplementäre, Maßnahmen, je nach einem der operativen 8 Handlungsfelder (Blazek et al. 2011) für die Unterstützung der Mitarbeitenden in allen Lebensphasen genutzt. Stufe 2 erweitert die komplementären Maßnahmen um eine bedarfsgerechte Personalpolitik, die sich auch am Bedarf der Mitarbeitenden orientiert, mittels „Planungs- und Erhebungsinstrumenten“. Stufe 3 ist die lebensphasenorientierte Personalpolitik, bei welcher sich die Personalpolitik an den jeweiligen Lebensphasen der Mitarbeitenden orientiert. In dieser Stufe sind klar formulierte personalpolitische Ziele verknüpft mit Analysen (Hammermann, A. & Stettes, O., 2014, S. 10–11).

Abbildung: demografiefeste Personalpolitik
Abbildung: demografiefeste Personalpolitik (eigene Darstellung eigene Darstellung nach Hammermann & Stettes, 2014)

Lebensphasenorientierte Personalpolitik bei der Bundesagentur für Arbeit

Die Bundesagentur für Arbeit verfolgt bereits seit 2007 eine neue Personalpolitik, um „den demografischen Wandel zu steuern“. Zentrale Punkte sind dabei die Anerkennung der Vielfalt der Menschen, sowie eine an Lebensphasen orientierte Personalpolitik. Diese umfasst 4 Lebensphasen, von denen Phase 2 und 3 die aktiv arbeitenden Mitarbeitenden umfassen:

1. Phase 1: Schule/ Berufsausbildung/ Studium

2. Phase: Berufseinstieg/ Familienplanung/ Elternschaft/ Karrierebeginn

3. Phase: Karrierefortsetzung/ berufliche Entwicklung/ Rückkehr in Beruf/ Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger

4. Phase: aktiver Ruhestand

In der 2. und 3. Lebensphase bietet die BA gezielt Maßnahmen zur Vereinbarkeit des eigenen Lebensabschnitts mit der Arbeit und auch Maßnahmen zur Vorbereitung auf Abschnitte wie das temporäre oder finale Ausscheiden aus dem Beruf an. Ziel ist immer die Beschäftigungsfähigkeit und Motivation sowie Arbeitszufriedenheit zu erhalten und zu fördern. Diese Maßnahmen umfassen u.a. flexible Arbeitszeitmodelle, mobile Arbeitsformen und Langzeitkonten (Bundesagentur für Arbeit Geschäftsbereich Personal/ Organisationsentwicklung, 2010, S. 5–7).

Konsequenzen aus Fach- und Arbeitskräftemangel

Fachkräfte in den von Engpässen betroffenen Berufen zu finden und zu halten, bedarf teils großer Anstrengungen und bedeutet viel Wissen, wo diese Fachkräfte zu finden sind und wie diese für das eigenen Unternehmen gewonnen werden können. Der zeitliche Arbeitsaufwand kann dabei enorm sein. Ein Weg dem zu begegnen, ist es sich auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden in den einzelnen Lebensphasen zu konzentrieren und Maßnahmen zu definieren, wie diese in Einklang gebracht werden können mit deren Arbeit. Wenn dies gelingt, steigert das nicht nur die Mitarbeitendenzufriedenheit, sondern auch die Arbeitgeberattraktivität.

Gerade in den besonders betroffenen Bereichen, in denen bereits ein starker Fachkräftemangel herrscht, wie beispielsweise in der Pflege oder dem Bildungsbereich, müssen die verbleibenden Fachkräfte die Arbeit der fehlenden Fachkräfte ausgleichen, was zu Stress und einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes sowie der Arbeitsmotivation führen kann. Genau diese Mitarbeitenden müssen gesund und motiviert im Unternehmen gehalten werden, um keine Verschärfung der Lage zu riskieren.  Auch wenn aus Sicht der Führungsebene eine Zähne-zusammenbeißen-und-durchhalten-bis-es-besser-wird Mentalität sinnvoller erscheint, so ist es wichtig zu verstehen, dass das nicht der Weg sein kann. Die Bedürfnisse der verbleibenden Fachkräfte müssen in der gegenwärtigen Lage, in der der Fachkräftemangel sich demografiebedingt verstärken wird, ernst genommen und entsprechend der Lebensphasen  personalpolitische Maßnahmen definiert und eingesetzt werden.

Auch die Personalentwicklung muss sich anpassen und nicht ein Entwicklungsprogramm für alle, sondern ein individualisiertes Personalentwicklungsprogramm anbieten, das sowohl Berufs- als auch Lebensphasen berücksichtigt und den Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit über die gesamte Berufsdauer anstrebt.

Fazit – Ja zur lebensphasenorientierten Personalpolitik!

Das Konzept der lebensphasenorientierten Personalpolitik ist in der gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation, in welcher zunehmend gut ausgebildete Arbeitskräfte in Rente gehen und nicht ausreichend neue Arbeitskräfte nachrücken, fast alternativlos für Unternehmen. Um die qualifizierten Arbeitskräfte im Unternehmen zu halten und auch deren Beschäftigungsfähigkeit beizubehalten oder zu verbessern, ist eine lebensphasenorientierte Personalpolitik unumgänglich. Der Arbeitgebermarkt hat sich in einen Arbeitnehmermarkt gewandelt. Gut ausgebildete Arbeitnehmer suchen sich ihre Arbeit u.a. nach Sinn, Vereinbarkeit mit dem Leben und Gehalt aus. Sie sind auch schneller bereit den Beruf zu wechseln. Arbeitgeber:innen müssen darauf mit guten Konzepten und einer deutlich mitarbeiterorientierten Personalpolitik mit Lebensphasenorientierung reagieren.

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Foto von TheStandingDesk auf Unsplash

Literaturverzeichnis

Bankl, M. (2021). Lebensphasenorientierte Personalarbeit – ein nachhaltiger Ansatz. In B. Rosenberger (Hrsg.), Modernes Personalmanagement (S. 373–382). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-34876-2_33

Blazek, Z., Flüter-Hoffmann, Ch., Kössler, S., Ottmann, J., 2011, Personalkompass. Demografiemanagement mit Lebenszyklusorientierung, Köln

Bundesagentur für Arbeit Geschäftsbereich Personal/ Organisationsentwicklung. (2010). Gemeinsam stark, innovativ und fit für die Zukunft: Diversity Management in der BA. www.arbeitsagentur.de

Hammermann, A. & Stettes, O. (2014). Lebensphasenorientierte Personalpolitik. Theoretisches Konzept und empirische Evidenz – Studie, S. 1–54.

Stock-Homburg, R. & Groß, M. (2019). Personalmanagement. Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26081-

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