By Published On: 15. Dezember 2024Categories: Meine Hochschule und mein Studium

Mikromanagement gehört wohl zu den bekannteren Verhaltensweisen von Führungskräften, die zu beeinträchtigter Gesamtleistung eines Teams und Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern führt. Allerdings kann gerade der Manager das Phänomen leicht übersehen. Ich möchte es daher gerne analysieren: warum findet sich der Manager plötzlich in dieser unbeliebten Rolle wieder? 

Was hinter Mikromanagement steckt

Mikromanagement ist im Kern das ständige „Draufschauen“ des Teamleiters oder Managers auf die Inhalte seiner Mitarbeiter. Das gibt dem Manager die Möglichkeit bzw. das Gefühl, einen Überblick zu haben und so Probleme abzuwenden, die sonst bei unzureichender Aufgabenbearbeitung entstehen können. Unzureichend könnte bedeuten, Aufgaben werden zu langsam, unvollständig oder inkorrekt ausgeführt, etwa weil der Mitarbeiter neu ist oder aus irgendeinem Grund ein „Underperformer“ ist, oder weil die Aufgaben an sich ein erhöhtes Risiko aufweisen (Collins & Collins, 2002). Aber dann ist das häufige Draufschauen doch ein sehr verständliches und natürliches Verhalten, oder nicht?

Wie Mikromanagement unbewusst zum Alltag wird

Tatsächlich kann das Kontrollverhalten auch nützlich sein, doch ein Manager hat natürlich nur begrenzt Zeit und muss sich auch anderen Tätigkeiten widmen. Nun versetzen wir uns in einen neuen Mitarbeiter, der von einem solchen Manager betreut wird. Der neue Mitarbeiter wird sich zunächst vielleicht über die enge Betreuung freuen. Spätestens jedoch, wenn die Aufgabe mehr Komplexität aufweist und der Manager nicht mehr in der Tiefe durchblicken kann, wird es schwierig.

Ohne Kontrolle steigt die Unsicherheit

Der Manager verliert ohne Draufschauen das Kontrollgefühl über den Pfad zu den gewünschten Ergebnissen und will komplexere Aufgaben daher gar nicht erst delegieren (White, 2010). Gleichzeitig merkt der neue Mitarbeiter, dass ihm die enge Betreuung bislang nicht erlaubt hat, den Sinn der Verbesserungsvorschläge einzuordnen. Prioritäten waren immer implizit Kopf des Managers und wurden nicht explizit mitvermittelt. Es entsteht beim Mitarbeiter das Gefühl, auf das schnelle Feedback angewiesen zu sein und es mangelt an Ressourcen, selbstständig gute Arbeit abzulegen.

In fact, due to too much close supervision, there is fear that is instilled in the workers to the extent that they begin to retrain themselves from action that might cause disagreements with their team leader. In the process, workers become so frustrating due to the fact that the leader has to approve even minute details before it can be executed.

Samakao & Mulenga, 2003

Der Mitarbeiter kann so zum Mikromanager seiner eigenen Arbeit werden, jedoch ohne die nötige Klarheit. Er wird dadurch zum Perfektionisten, der Schwierigkeiten hat, seine Arbeitspakete abzuschließen.

Welchen Schaden Mikromanagement anrichtet

Durch die beschriebene Dynamik entsteht eine Art Feedbackschleife zwischen Underperforming und ständiger Kontrolle. Der entstehende Schaden lässt sich auf menschlicher Ebene und auf Organisations- oder Leistungsebene beschreiben. Auf menschlicher Ebene besteht Unsicherheit, Unzufriedenheit, Demotivation, schlechte Laune, verminderte Kreativität und Ineffizienz. Hier übernimmt zugleich die Leistungsebene, denn letztlich verringert Ineffizienz die Leistung und dadurch das Gesamtergebnis auf Organisationsebene. Auch der Absenteismus nimmt zu, da Krankmeldungen der Mitarbeiter häufiger werden (Samakao & Mulenga, 2023).

Angst vor Fehlern als Ursache

Die Ursache ist klar: der Manager hat seine eigentliche Aufgabe nicht getan, und überkompensiert die Defizite durch Kontrolle. Und die Ursache dafür ist Angst.

„Micromanagers often experience unknown fears, insecurities and pressure from the inside themselves. This forces them to exercise excessive absolute powers, stern controls.“

– (Samakao & Mulenga, 2023)

Daher muss man sich die Frage stellen, woher kommt Angst vor Fehlern am Arbeitsplatz überhaupt? Neben persönlichen Gründen ist speziell der Begriff „Fehlerkultur“ wichtig, denn wie Bans-Akutey (2020)
 schreibt:

„Micromanagement is felt only when managers find themselves at the receiving end or when they are being micromanaged.“

– (Bans-Aktuey, 2020)

Wenn der Vorgesetzte des Managers ebenfalls Mikromanagement betreibt, durchdringt diese Kultur auch die unteren Ebenen des Unternehmens: Teamleader reagieren schlecht auf Fehler und so dürfen natürlich auch seine Teammitglieder keine Fehler machen, und so weiter.

Heilung durch ein besseres Rollenverständnis

Das Gegenteil zu tun, also vom Mikromanagement zum gar-nicht-einmischen, führt auch zur Verunsicherung, da die Arbeit nicht durch Wegweisung unterstützt wird. Einen Mitarbeiter mit unzureichenden Anweisungen auf eine Aufgabe loszulassen, zählt als einer der häufigsten Fehler beim Delegieren (Duehring, 2001). Ein Manager muss deshalb den Mittelweg finden, wenn er Aufgaben delegiert: einerseits Klarheit über die Erwartungshaltung schaffen, andererseits Freiraum lassen. Für den akuten Mikromanager ist es hier besonders wichtig, Mut zu zeigen, die Dinge anders anzugehen, entgegen Angst und Gewohnheit.

„Proper delegation of tasks may be the primary key to combating micromanaging behaviour.“

Samakao & Mulenga, 2023

Der Manager muss die Rahmenbedingungen und Anforderungen für einen erfolgreichen Zielzustand beschreiben. Die Umsetzung kann der Kreativität des Mitarbeiters überlassen werden, abhängig vom Maß der Autonomie, die der Mitarbeiter erhalten kann. Rahmenbedingungen wie Zeit und Budget sowie Anforderungen müssen klar delegiert werden. Die Aufgabe muss zudem zum Teammitglied passen und klar kommuniziert werden (Serrat, 2017). Das Einlernen neuer Mitarbeiter muss neben fachlichen Qualifikationen zudem auch daraus bestehen, sie so zu coachen, dass sie selbst Abwägen können, ob die Anforderungen und Rahmenbedingungen haltbar sind.

Gute Führung jenseits von Mikromanagement

Eine gute Führungskraft hat Mut zur Delegation der Aufgaben und damit Zeit für strategische Planung, Verändern und Verbessern der Prozesse zugunsten der Mitarbeiter und zum Besprechen mit Mitarbeitern, was sie brauchen, und sie zu coachen. Außerdem kann ein guter Manager dazu beitragen, die Teamkultur zu fördern, durch Konfliktmanagement, Schulungen oder Aktivitäten, die das Vertrauen untereinander stärken. Man spricht von dienender Führung, also überspitzt davon, dass der Manager seinem Team so gut dient, dass er sich selbst überflüssig macht.

Fazit

Mikromanagement ist eine verbreitete, aber problematische Verhaltensweise von Führungskräften, die negative Folgen hinsichtlich Leistung und Zufriedenheit hat. Das Verhalten resultiert aus Angst vor Fehlern und dem daraus entstehenden Bedürfnis nach Kontrolle. Um das Verhalten zu überwinden, müssen Manager prüfen, ob sie mehr Mut aufbringen können, zu delegieren und einen dienenden Führungsstil zu nutzen. Auf Organisationsebene muss außerdem die Fehlerkultur verbessert werden, damit Angst nicht der dominierende Faktor der Führungskultur bleibt.

Abbildungsverzeichnis

Titelbild: eigene Grafik, erstellt mit ChatGPT

Literaturverzeichnis

Bans-Akutey, A. (2020). Differentiating Micromanagement from Effective Management: A Manager’s Guide. Global Scientific Journals, 8(11), S. 827-833.

Collins, S. K., & Collins, K. S. (2002). Micromanagement–a costly management style. Radiol Manage, 24(6), S. 32-35.

Duehring, G. L. (2001). Delegation: developing the habit. Radiol. Manage, 23(4), S. 16-20, 22, 24.

Samakao, M., & Mulenga, R. (2023). Understanding the Counterproductive Effects of Micromanagement in Leadership Using the Lenses of Subordinate’s Employees. International Journal of Research and Innovation in Social Science (IJRISS), S. 2100-2109.

Serrat, O. (2017). The Travails of Micromanagement. In O. Serrat, Knowledge Solutions (S. 473-479). Singapore: Springer.

White, R. D. (2010). The Micromanagement Disease: Symptoms, Diagnosis, and Cure. Public Personnel Management, 39(1), S. 71-76.

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