Der Bau von Stadien stellt in vielerlei Hinsicht eine enorme Herausforderung dar, insbesondere im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Angesichts des globalen Klimawandels und der steigenden Anforderungen an ressourcenschonendes Bauen rückt das Thema Nachhaltigkeit im Bauwesen, und somit auch im Stadionbau, zunehmend in den Fokus. Nachhaltigkeit im Bauwesen umfasst unter anderem die Energieeffizienz und Klimaneutralität, die Ressourcenschonung und Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen (BMWSB, 2024). Dieser Blogbeitrag untersucht die Bedeutung der Nachhaltigkeit im Stadionbau, stellt einige erfolgreiche Beispiele vor und beleuchtet die Herausforderungen, denen sich Planer und Architekten gegenübersehen.
Nachhaltigkeit im Stadionbau: Ein Überblick
Nachhaltigkeit im Bauwesen wird heute oft durch den „Lebenszyklusansatz“ bestimmt, bei dem die ökologischen Auswirkungen eines Gebäudes über dessen gesamten Lebenszyklus hinweg bewertet werden – von der Rohstoffgewinnung über den Bau bis hin zur Nutzung und schließlich dem Rückbau des Gebäudes. Auf diesem Ansatz basierend wurde auch in Deutschland das ,,wissenschaftlich fundierte und ganzheitliche Bewertungsverfahren des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (BNB)“ entwickelt (BMWSB, 2024). Bezogen auf den Stadionbau bedeutet dies, dass Materialien und Bauweisen so ausgewählt werden müssen, dass die Umweltauswirkungen minimiert werden. Dies betrifft unter anderem den Energieverbrauch, den CO₂-Ausstoß sowie die Nutzung von Ressourcen. Die Wahl von Baustoffen spielt hierbei eine zentrale Rolle. So sollten recycelbare und lokale Materialien bevorzugt werden, um Transportwege zu minimieren und die lokale Wirtschaft zu stärken. Ein weiteres Element der Nachhaltigkeit ist der Energieverbrauch. Moderne Stadien sollten so konzipiert sein, dass sie einen möglichst geringen Energiebedarf haben und idealerweise selbst Energie produzieren können. Dies kann durch den Einsatz von Solaranlagen oder anderen erneuerbaren Energien erreicht werden (Ritter & Bauknecht, 2021, S. 30 f.). Zudem sollten Konzepte wie Regenwassernutzung und nachhaltige Abfallwirtschaft integriert werden, um die Umweltbelastung weiter zu reduzieren. Diese Punkte werden anhand der folgenden Erfolgsbeispiele verdeutlicht.
Erfolgreiche Beispiele nachhaltiger Stadionarchitektur
Ein Vorreiter in Sachen nachhaltiger Stadionbau ist das Mercedes-Benz Stadium in Atlanta, USA. Das Stadion, das 2017 eröffnet wurde, erhielt als erstes Profistadion weltweit die LEED-Platinum-Zertifizierung (Leadership in Energy and Environmental Design) – die höchste Stufe des renommierten Zertifizierungssystems. Dies ist insbesondere auf die energieeffiziente Bauweise und die Integration erneuerbarer Energien zurückzuführen. Das Stadion verfügt über 4.000 Solarpaneele, die genügend Strom produzieren, um 9 Heimspiele der Atlanta Falcons Spiele pro Jahr vollständig mit erneuerbarer Energie zu versorgen (Mercedes-Benz-Stadium, 2017).
Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel ist das Tottenham Hotspur Stadium in London. Dieses Stadion integriert nicht nur fortschrittliche Technologien zur Minimierung des Energieverbrauchs, sondern wurde auch so konzipiert, dass es sich harmonisch in die bestehende urbane Umgebung einfügt. Das Stadion nutzt hochmoderne Wärmerückgewinnungssysteme und LED-Beleuchtung, um den Energieverbrauch zu senken, und arbeitet mit einem nachhaltigen Wassermanagementsystem, das Regenwasser für die Bewässerung der Spielfläche sammelt und wiederverwendet (Tottenham Hotspur, 2019).
Herausforderungen und Barrieren
Beim nachhaltigen Bau von Stadien gibt es verschiedene Herausforderungen, die aus den unterschiedlichen Interessen der Beteiligten resultieren (BMWSB, 2024). Für die Bauherren stehen zunächst die Kosten im Vordergrund, da sie den Bau günstig realisieren wollen. Später rücken aber auch die Ausgaben für den Betrieb und die Instandhaltung in den Fokus. Für die Nutzer des Stadions sind hingegen der Komfort, die Funktionalität sowie die Infrastruktur bezogen auf die gute Erreichbarkeit entscheidend. Auf gesellschaftlicher Ebene liegt der Schwerpunkt auf der Schonung von Ressourcen und der Minimierung negativer Umweltauswirkungen. Diese verschiedenen Bedürfnisse müssen miteinander in Einklang gebracht werden, was den Bauprozess komplexer macht.
Nachhaltigkeit in bestehenden Stadien
Neben dem Bau neuer nachhaltiger Stadien spielt auch die Nachrüstung bestehender Sportstätten eine zentrale Rolle. In vielen Fällen kann die Renovierung bestehender Strukturen kostengünstiger und umweltfreundlicher sein als der Neubau. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Johan Cruijff ArenA in Amsterdam, welche durch den Einsatz moderner Technologien umfassend modernisiert wurde. Die Arena nutzt inzwischen ein hochmodernes Energiemanagementsystem und ca. 4200 Solarpanels, um den CO₂-Ausstoß zu reduzieren. Gleichzeitig wurde das Stadion mit einem System zur Speicherung von Regenwasser ausgestattet, das zur Kühlung und Bewässerung verwendet wird (Johan Cruijff ArenA, 2017).
Die Modernisierung bestehender Stadien bietet den Vorteil, dass sie weniger Ressourcen erfordert als ein Neubau und zugleich den Bestand an historisch bedeutsamen Stadien erhält. Allerdings ist die Umrüstung auf nachhaltige Technologien oft mit hohen Investitionskosten verbunden und kann strukturelle Einschränkungen mit sich bringen, insbesondere bei älteren Gebäuden.
Fazit und Ausblick
Die Nachhaltigkeit im Stadionbau ist eine der größten Herausforderungen, vor der das moderne Bauwesen steht. Die Beispiele aus Atlanta, London und Amsterdam zeigen, dass nachhaltige Lösungen im Stadionbau möglich sind, jedoch erhebliche Investitionen und technisches Know-how erfordern. Es ist unerlässlich, dass Architekten, Ingenieure und Bauherren gemeinsam daran arbeiten, innovative Lösungen zu finden, die sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch tragfähig sind.
Es kann festgehalten werden, dass Nachhaltigkeit im Stadionbau mehr ist als nur eine technische Herausforderung. Es handelt sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nur durch die Zusammenarbeit aller Beteiligten gelöst werden kann. Die Zukunft des Stadionbaus wird von der Fähigkeit abhängen, ökologische und ökonomische Interessen in Einklang zu bringen, um nachhaltige, ressourcenschonende Sportstätten zu schaffen, die nicht nur die aktuellen, sondern auch die zukünftigen Anforderungen erfüllen.
Literaturverzeichnis
Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (2024). Nachhaltiges Bauen. Verfügbar unter: BMWSB – Nachhaltiges Bauen (bund.de) . Abgerufen am 02.09.2024.
Johan Cruijff ArenA (2024). Sustainability. Verfügbar unter: https://www.johancruijffarena.nl/en/making-an-impact-togehther/duurzaamheid/ Abgerufen am 01.09.2024.
Mercedes-Benz-Stadium (2017). Mercedes-Benz Stadium Becomes First Professional Sports Stadium to Receive LEED Platinum Certification. Verfügbar unter: https://www.mercedesbenzstadium.com/news/mercedes-benz-stadium-becomes-first-professional-sports-stadium-to-receive-leed-platinum-certification Abgerufen am 01.09.2024.
Ritter, D. & Bauknecht, D. (2021). Wirtschaftlichkeit von Photovoltaik-Dachanlagen: Eine differenzierte Betrachtung von Volleinspeise- und Eigenverbrauchsanlagen. Umweltbundesamt; Climate Change 66/2021. Tottenham Hotspur (2024). Passionate About Our Planet. Verfügbar unter: https://www.tottenhamhotspur.com/the-stadium/passionate-about-our-planet/ Abgerufen am 02.09.2024.
Abbildungsverzeichnis
Titelbildquelle: Bild von Gerd Altmann (2018) auf Pixabay; Verfügbar unter: https://pixabay.com/de/photos/nachhaltigkeit-energie-globus-3300869/ . Abgerufen am 03.09.2024.