By Published On: 17. Februar 2025Categories: Digitalisierung, Inklusion, Technologie

Die Arbeitslosenzahlen von Menschen mit Behinderung sind in den letzten beiden Jahren wieder gestiegen (Bundesagentur für Arbeit, 2024). Neue digitale Technologien, wie Künstliche Intelligenz, mobile Endgeräte und Roboter können bei einer dauerhaften Integration auf den Arbeitsmarkt unterstützen. Sie helfen den Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen die Herausforderungen der Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu meistern. Hierfür haben sich unterschiedliche Lösungen als vielversprechend herausgestellt, mit denen die Teilhabe am Arbeitsleben signifikant erhöht werden kann. Einige Beispiele werden hier vorgestellt.

 „In leichter Sprache heißt Digitalisierung ‘etwas am Computer oder Handy machen’“ (Heyde, 2024). Dies spiegelt sehr häufig die Ansicht der Menschen mit Behinderung wider. Sie teilen in Gesprächen mit, dass sie gerne eine Arbeit hätten, bei der sie etwas am Computer machen. Sie schließen dazu das gesamte Feld der Digitalisierung, wie Künstliche Intelligenz, Roboter und appbasierte Anwendungen, mit ein. Aus diesem Grund ist es für diese Menschen wichtig, dass die Techniken in erster Linie sie unterstützt und nicht ausschließlich Produktionszwecken dient. Durch die Anpassung der Assistenzsysteme auf die Personen kann sich diese auf die Produktion auswirken. Es gilt zu bedenken, dass die Bereitschaft, mit der neuen Technik zu arbeiten, bei dem Menschen mit Behinderung unterschiedlich ist. Allgemein können Personen, die sich gerne mit Technik beschäftigen, schneller dafür begeistert werden. Dennoch gibt es daneben die Menschen, die Angst vor Überforderung dadurch haben. Digitalisierung muss nicht immer die große Sache sein. Es ist wichtig, dass es zu der entsprechenden Person passt. Dabei können kleine Lösungen hilfreich sein (Heyde, 2024). Zu diesen Ansätzen können die Unterstützungen durch Apps auf Handy oder Tablet gerechnet werden.

App Anwendungen

Eine dieser Anwendungen ist zum Beispiel die „InA.Coach-App“. Die App hält eine Struktur vor, mit der Arbeitsabläufe digital abgebildet werden können. Sie kann durch Abfragen und Bestätigungsaufforderungen den Ablauf begleiten. Dafür werden Fotos, Videos und Texte erstellt, die dann den Ablauf beschreiben, erklären und zeigen. Die Darstellung erfolgt Schritt für Schritt, wodurch die Fehlerwahrscheinlichkeit reduziert werden kann. Die Nutzung der App erfolgt auf mobilen Endgeräten wie Handy oder Tablet, die für die Arbeit zur Verfügung gestellt werden müssen (BOS Connect GmbH, o. J.). Eine weitere Unterstützungsmöglichkeit sind Lichtsignale, die den Ablauf beschreiben.

Unterstützung durch Lichtsignale

Bei der Kommissionierung von Artikeln wird häufig die Technik „Pick-by-Light“ eingesetzt. Die optischen Signale helfen bei der richtigen Entnahme der Produkte. Dabei wird der entsprechende Gegenstand angestrahlt und somit schnell aufgefunden. Die erfolgte Entnahme wird meist durch einen Knopfdruck bestätigt. Für Menschen mit Hör- und Verständigungsprobleme ist hilfreich, dass durch die Lichtsignale keine Sprachbarrieren bestehen. Das Anstrahlen der relevanten Informationen hilft Menschen mit Lern- oder Konzentrationseinschränkungen sich zu fokussieren. Die klaren visuellen Anweisungen führen zu einer geringeren Fehlerrate. Ebenso können durch die intuitive Bedienung neue Mitarbeiter einfacher  eingearbeitet werden (TUP – Redaktion, 2023). Ein Wechsel zwischen unterschiedlichen Arbeiten ist durch die Unterstützung der Lichtsteuerung einfacher möglich, da die Schritte genau angezeigt werden.

Cobots als Unterstützer

Eine weitere Unterstützung kann durch kollaborative Roboter sogenannte Cobots erfolgen. Hierdurch ist für Menschen mit körperlichen Einschränkungen eine eigenständige Ausführung von komplexen Arbeitsaufträgen möglich (Bundesministerium für Bildung und Forschung, o. J.). Die Roboter unterstützen Beschäftigte bei Montage, Verpackung, Fertigung und Qualitätsprüfung von Produkten. Dabei unterstützen sie diese in ihren physischen Begrenzungen und übernehmen oder ergänzen Bewegungsabläufe. Die Cobots können die Teile anreichen oder deren einbauen übernehmen. Dafür wird überprüft, ob die Arbeit in der Interaktion von Mensch und Roboter, erledigt werden kann. Dies hängt von vielen Faktoren ab wie Zeit, Beschaffenheit der Bauteile, Komplexität und Sicherheit (Niedziella, Blum, Weidemann, Hüsing & Stollenwerk, 2022, S. 1–8). Bei herkömmlichen Industrierobotern kommen trennende Schutzeinrichtungen zum Einsatz. Dies ist bei den Cobots nicht der Fall, wegen der Interaktion mit dem Mensch. Für die Sicherheit haben die Roboter Sensoren. Wenn diese ein ungewöhnliches Verhalten feststellen, wird die Ausführung unterbrochen (Bundesministerium für Bildung und Forschung, o. J.). Diese Sensoren, die in die Roboterarme eingebaut sind, können auch eine fehlerhafte Ausführung feststellen und eine entsprechende Rückmeldung auslösen. Jedoch ist zu beachten, dass mit dieser Technik nie eine Massenproduktion erfolgen wird (Windhausen, 2019). Wie zu sehen ist, gibt es bereits Ansätze für den Einsatz digitaler Techniken für Menschen mit Behinderungen, die vielversprechend sind.

Fazit

Der Einsatz von digitalen Assistenzsystemen wird sich weiter entwickeln. Hierdurch werden bessere Anpassungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung entstehen. Von Vorteil ist es, wenn sich Einrichtungen für Menschen mit Behinderung bei der Weiterentwicklung beteiligen. Bisher haben die Werkstätten für behinderte Menschen hauptsächlich Mitarbeiter mit handwerklichen und pädagogischen Ausbildungen. Für die digitale Entwicklung wird Personal benötigt, das offen dafür ist und idealerweise bereits Erfahrungen in diesem Bereich hat. Einfach zu bedienende und zu programmierende Lösungen werden schneller und flächendeckender eingesetzt. Die langfristigen Auswirkungen für die Menschen muss bei dieser Technik im Auge behalten werden, dabei nicht nur die Produktivität, sondern auch die Faktoren wie Arbeitszufriedenheit und Selbstwirksamkeit. Der Einsatz von digitalen Assistenzsystemen im Arbeitsumfeld von Menschen mit Behinderungen markiert einen wichtigen Schritt zu einer inklusiveren Arbeitswelt. Es werden Barrieren abgebaut und eine geleichberechtigte Teilhabe ermöglicht. Es werden weiterhin Herausforderungen im ethischen, sozialen und wirtschaftlichen Bereich bestehen. Diese müssen sorgfältig abgewogen werden. Jedoch bleibt bei alldem zu hoffen, einen Zugang zur Arbeitswelt zu schaffen, der für alle Menschen offensteht.

Literaturverzeichnis

BOS Connect GmbH. (o. J.). InA.Coach. Die digitale Aufgaben-Assistenz, Zugriff 07.12.2024. Verfügbar unter: https://ina.coach/

Bundesagentur für Arbeit. (2024). Schwerbehinderte Menschen, Zugriff 08.12.2024. Verfügbar unter: https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Navigation/Statistiken/Interaktive-Statistiken/Schwerbehinderte/Schwerbehinderte-Nav.html;jsessionid=CC48EAF147A8CD40584DCD28B062882B?DR_Gebietsstruktur%3Dd%26Gebiete_Region%3DDeutschland%26DR_Region%3Dd%26DR_Region_d%3Dd%26mapHadSelection%3Dfalse

Bundesministerium für Bildung und Forschung. (o. J.). Barrierefreie Technologien für inklusive Arbeitswelten. Zukunft der Wertschöpfung, Zugriff 08.12.2024. Verfügbar unter: https://www.zukunft-der-wertschoepfung.de/projektnews/barrierefreie-technologien-fuer-inklusive-arbeitswelten/

Heyde, G. (2024). Digitale Lösungen bieten WfbM enorme Chancen, Zugriff 07.12.2024. Verfügbar unter: https://www.53grad-nord.com/klarer-kurs/artikel/digitale-loesungen-bieten-wfbm-enorme-chancen

Niedziella, T., Blum, E., Weidemann, C., Hüsing, E. & Stollenwerk, N. (2022). Leitfaden zur Umsetzung eines Mensch-Roboter-Arbeitsplatzes für Menschen mit Behinderung, Zugriff 07.12.2024. Verfügbar unter: https://www.nextgeneration-mrk.de/export/sites/nextgeneration-mrk/.content/.galleries/downloads/NEXT_Leitfaden_Homepage.pdf

TUP – Redaktion. (2023). Pick-by-Light, Zugriff 08.12.2024. Verfügbar unter: https://logistikknowhow.com/bestandsverwaltung/pick-by-light/

Windhausen, E. (2019). Wie Roboter Menschen mit Behinderung bei der Arbeit unterstützen können. Inklusives Arbeitsleben, Zugriff 08.12.2024. Verfügbar unter: https://www.inklusives-arbeitsleben.lwl.org/ibg-roboter_interview_frank-schrapper/

Titelbildquelle

Titelbild „Person, Die Schwarzes Und Silbernes Handwerkzeug Hält“ von cottonbro studio veröffentlicht am 11.12.2020 über https://www.pexels.com/de-de/foto/person-die-schwarzes-und-silbernes-handwerkzeug-halt-6153343/, abgerufen 16.02.2025

Nutzungsbedingungen unter https://www.pexels.com/de-de/lizenz/, abgerufen am 16.02.2025

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