By Published On: 29. Juli 2017Categories: Gesundheit, Psychologie, Wirtschaft

Jeder kennt diese Menschen. Der Arbeitskollege, der grundsätzlich alles negativ sieht und auch die anderen Kollegen permanent mit dieser Stimmung runterzieht. Oder die Nachbarin, die ausschließlich an das Gute glaubt und negative Aspekte, ja sogar Kritik, förmlich ausblenden kann. Doch wieviel Pessimismus oder Optimismus ist überhaupt gesund? Leben die Pessimisten länger, weil sie niemals enttäuscht werden können, da Sie sowieso keinerlei positive Erwartungen haben? Oder sind es die Optimisten, die länger leben, da ein sonniges Gemüt positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat?

Was versteht man unter Pessimismus bzw. Optimismus?

Laut Duden ist der Optimismus eine „Lebensauffassung, die alles von der besten Seite betrachtet“. [1] Optimisten verfolgen demnach eine ausgesprochen fröhliche und zuversichtliche Lebensweise, getreu dem Motto „Wenn dir das Leben Zitronen gibt, mach Limonade draus“. Auf wissenschaftlicher Grundlage lassen sich Konzepte wie Internale Kontrollüberzeugung oder Selbstwirksamkeitserwartung mit dem Begriff „positives Denken“ verbinden. Optimistische Menschen gehen davon aus, den eigenen Lebensweg oder das persönliche Schicksal durch bestimmte Handlungsweisen selbst bestimmen zu können und somit eigenständig Situationen in eine positive Weise umkehren zu können. Diese Ansicht wird als internale Kontrollüberzeugung bezeichnet und wurde erstmals 1954 von dem amerikanischen Psychologen Julian Rotter untersucht. [2] Rotter stellte in seinen Untersuchungen Zusammenhänge zwischen Heilungsfortschritten einer Krankheit und der Neigung zu positiven oder negativen Ansichten der Patienten fest. Menschen mit einer internalen Kontrollüberzeugung wiesen demnach eine schnellere Genesung auf.

Pessimismus wird hingegen als „Lebensauffassung von Menschen, die alles von der schlechten Seite betrachten“ [3]  beschrieben. Die Ansicht, das die persönlichen Lebensumstände durch äußere Einflüsse und nicht durch das Selbst bestimmt werden, wird externale Kontrollüberzeugung genannt. [4]

Wissenschaftliche Ansätze zum positiven Denken

Positives Denken wurde bereits mehrfach wissenschaftlich untersucht und in diversen Ansätzen dargestellt. Dazu zählt die internale Kontrollüberzeugung, die Selbstwirksamkeitserwartung, der dispositionale Optimismus und auch der günstige Attributionsstil.

  • Internale Kontrollüberzeugung: Dieser Ansatz, nach Julian Rotter, beschreibt die innere Überzeugung eines Menschen, die eigenen Lebensumstände und Schicksale selbst beeinflussen zu können. [5] Bei Untersuchungen ergaben sich Hinweise darauf, dass Menschen mit einer höheren Internalität über eine positivere Stimmung verfügen, Stressresistenter sind und ein gesundheitsförderlicheres Verhalten zeigen als Menschen mit externalen Verhaltensmustern. [6]
  • Selbstwirksamkeitserwartung: Der Ansatz der Selbstwirksamkeitserwartung wurde in den 1970er Jahren vom kanadischen Psychologen Albert Bandura entwickelt und beschreibt die subjektive Überzeugung, eine schwierige, scheinbar unüberwindbare Situation mit eigenen Kompetenzen und Handlungsmaßnahme bewältigen zu können (z.B. Nikotinentzug). [7] Positives Denken scheint bei diesem Ansatz ausreichend zu sein, um ein gewünschtes Ziel zu erreichen.
  • dispositionaler Optimismus: Dieser Ansatz beruht auf den Untersuchungen von Scheier und Carver und wird als Persönlichkeitsmerkmal beschrieben, das sich zwischen zwei Arten von Zuversichten unterscheiden: der situationsbedingten und der bereichsspezifischen Zuversicht. [8] Der sogenannte „Life Orientation Test“ (LOT), bestehend aus einer 5-Punkte-Skala und misst, ob eine Person pessimistische oder optimistische Persönlichkeitsmerkmale aufweist. Aussagen wie „Meine Zukunft sehe ich immer optimistisch“ müssen auf der Skala von „trifft ausgesprochen zu“ bis „trifft überhaupt nicht zu“ bewertet werden. [9]
  • günstiger Attributionsstil: Der Begriff „Attribution“ beschreibt die Erklärung für das Zustandekommen von bestimmten Ereignissen. Also z.B. die eigene Antwort auf die Frage „Warum habe ich heute Kopfschmerzen?“. Für die Beantwortung der Frage wird zwischen zwei Typen unterschieden. Typ A benennt den Grund für den Kopfschmerz mit einer allgemeinen Ursache (internal), z.B. „Ich habe Kopfschmerzen, weil mein Umfeld mich krank macht“. Im Gegensatz dazu benennt Typ B einen spezifischen Grund (external), der persönlich beeinflusst werden kann, z.B. „Ich habe heute zu wenig getrunken und habe dadurch Kopfschmerzen bekommen“. Während Typ A sich mit dem beeinträchtigenden Kopfschmerz abfindet und keinen Sinn darin sieht etwas dagegen zu tun, trinkt Typ B am nächsten Tag mehr Wasser, um eine Verbesserung der Gesundheit herbeizuführen. Dieser Ansatz wurde 1991 von Seligman als „güntiger Attributionsstil“ bezeichnet. [10]

Vom positiven Denken zum gesunden Leben!?

Es ist ja schön und gut, wenn Menschen dem Leben positiv begegnen. Doch welchen Zusammenhang gibt es denn nun zwischen Optimismus und Gesundheit? Zu diesem Thema existieren bereits einige Studien und Untersuchungen, die versuchen einen Zusammenhang zwischen einem positiven Lebensstil und der Gesundheit zu belegen. Die amerikanisch Psychoimmunologin Melissa Rosenkranz von der Universität Wisconsin untersuchte die Hirnströme von 52 Personen und stellte fest, dass besonders das linke Stirnhirn bei positiv denkenden Menschen aktiv ist. Im Gegensatz dazu wird bei pessimistischen Menschen eher das rechte Präfrontalhirn aktiviert. Nachdem die 52 Probanden eine Grippeschutzimpfung erhielten, wurde nach zwei, vier und 26 Wochen die noch vorhandene Konzentration der Antikörper (sog. Titer) gemessen. Das Ergebnis war erstaunlich. Die Menschen mit der aktiveren linken Gehirnhälfte, demnach die Optimisten, hatten eine höhere Konzentration an Antikörpern im Blut, als die Pessimisten. [11] Die Schlussfolgerung: Optimisten haben ein stärkeres Immunsystem und demnach eine bessere Gesundheit, als Pessimisten.

Das Optimismus und Gesundheit korrelieren, zeigten auch diverse Längsschnittstudien (vgl. Kivimäki et.al., 2000). In Anlehnung an den Ergebnissen von Bandura und Seligman kann den optimistischen Menschen eine höhere Belastbarkeit oder bessere Stressbewältigung nachgesagt werden, wodurch der Körper und der Geist in eine Art Schutzmantel gehüllt werden, um Stresssituationen bestärkt zu begegnen.

Kritik und Fazit

Die genannten Theorien und Studien zeigen auf, dass Optimismus durchaus die Gesundheit im positiven Sinne beeinflussen kann, jedoch gibt es auch diverse kritische Stimmen, die diese „Belege“ anzweifeln. Da der Optimismus empirisch Überschneidungen zu anderen Konstrukten wie Selbstwirksamkeit oder der Kontrollüberzeugung aufzeigt, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen, durch welches Persönlichkeitskonstrukt die Gesundheit beeinflusst wurde. [12] Kritische Äußerungen gab es auch zum LOT-Test von Scheier und Carver, denn der Test beinhaltet in den Unterskalen teilweise Variablen zu Depressionen und Ängstlichkeit. Diese, mit der körperlichen und seelischen Gesundheit in Verbindung stehenden Variablen, können das Ergebnis zur Filterung von Optimisten und Pessimisten verfälschen. [13]

Grundsätzlich ist es nicht verkehrt eine positive Lebenseinstellung zu haben. Losgelöst von den zahlreichen Studien ist es wichtig, dass das eigene Wohlbefinden stimmt und nicht unnötig aus dem Gleichgewicht gebracht wird. Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass es einfacher ist mit einem „JA“ durch das Leben zu gehen und Herausforderungen positiv zu begegnen. Natürlich fällt dies nicht immer leicht. Die Aussage von Charlie Chaplin: „Jeder Tag an dem Du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag.“, bekräftigt die Schlussfolgerung das das Wohlbefinden und vielleicht auch die Gesundheit vom Optimismus profitieren kann.

 

Quellenverzeichnis

[1] Duden: http://www.duden.de/rechtschreibung/Optimismus (19.02.2017)

[2] Schütz, A./ Hoge, L.: 2007, S. 28

[3] Duden: http://www.duden.de/rechtschreibung/Pessimismus (22.02.2017)

[4] Schütz, A./ Hoge, L.: 2007, S. 28

[5] Wind, U./ Berth, H.: 2017, S. 30f.

[6] Bengel, J./ Jerusalem, M.: 2009, S. 7Bengel, J./ Jerusalem, M.: 2009, S5f.

[7] Bengel, J./ Jerusalem, M.: 2009, S. 61f.

[8] Schütz, A./ Hoge, L.: 2007, S. 29f.

[9] Life Orientation Test (deutsche Version): http://www.detect-studie.de/publikationen/Glaesmer_2008_ZfG.pdf (Anhang, S. 31)

[10] Schütz, A./ Hoge, L.: 2007, S. 31ff.

[11] Rüegg, J.C.: 2010, S 123ff.

[12] Bengel, J./ Jerusalem, M.: 2009, S. 71

[13] Schwarzer, R.: 1997, S.53f.

 

Literaturverzeichnis

Bengel, J./ Jerusalem, M.: Handbuch der Gesundheitspsychologie und Medizinischen Psychologie. Hogrefe Verlag. Göttingen. 2009

Rüegg, J.C.: Mind & Body. Wie unser Gehirn die Gesundheit beeinflusst. Schattauer. Stuttgart. 2010

Schütz, A./ Hoge, L.: Positives Denken. Vorteile-Risiken- Alternativen. Kohlhammer Verlag. Stuttgart. 2007

Schwarzer, R.: Gesundheitspsychologie. Ein Lehrbuch. Hogrefe Verlag. Göttingen. 1997

Wind, U./ Berth, H.: Outplacement. Wie Persönlichkeitsfaktoren die psychische Gesundheit beeinflussen. Springer Fachmedien. Wiesbaden. 2017

 

Internetquellenverzeichnis

Duden: http://www.duden.de/

Teile diesen Artikel