By Published On: 23. September 2019Categories: Wiki

ICD-10 Leitfaden zur Diagnostik

Die ICD-10(-GM) ist ein Leitfaden zur Diagnostik und Therapie für die gesamte medizinische Versorgung in Deutschland.[1] Dreistellige Codes bezeichnen eine Gruppe von Krankheiten, z.B. beschreiben die Codes J00 bis J99 Krankheiten des Atmungssystems.[2] Die Kategorien F00 bis F99 beziehen sich auf psychische Störungen.[3] Dabei beschreibt F0 organische, einschließlich symptomatischer, psychischer Störungen und F9 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend. Der ICD-10 Leitfaden dient der Verschlüsselung von Diagnosen und der Abrechnung im deutschen Gesundheitswesen. Dieser Artikel beschäftigt sich in einem Überblick mit einer Teilbeschreibung von F6, den Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen.

Persönlichkeitsstörungen – Definition nach ICD-10

Viele Begrifflichkeiten aus psychiatrischen Krankheitsbildern werden im täglichen Umgang benutzt, aber in einem falschen, der Unkenntnis geschuldeten Zusammenhang (…“der ist ein Psychopath“…, „sie hatte schon immer eine Paranoia gegenüber Spinnen“…, „er ist halt paranoid“). F60 (eine Unterkategorie von F6) befasst sich mit spezifischen Persönlichkeitsstörungen.[4] Sie basieren nicht auf Hirnschädigungen. Sie beeinträchtigen den Patient in seinem persönlichen und sozialen Umfeld.

Persönlichkeitsstörungen sind tiefverwurzelte Verhaltensmuster, die die Lebenssituation eines Menschen und sein Agieren im sozialen Umfeld nachhaltig beeinflussen. Sie bestehen meist seit Kindheit oder der Adoleszenz (Endphase Jugendalter).[5] Die Reaktionen sind häufig für psychisch gesunde Menschen unverständlich. Ein Arzt wird meist konsultiert durch Symptome wie Angst, Depression oder Suizidversuch.
Vor der Diagnose müssen alle möglichen physischen (körperlichen) Ursachen ausgeschlossen und das eigentliche Leiden durch eine sorgfältige Differenzialdiagnose (Ausschluss von Krankheiten, die ein ähnliches Krankheitsbild, ähnliche Symptome, aufweisen) abgegrenzt werden.

Krankheitsbilder

Es wird unterschieden zwischen folgenden Persönlichkeitsstörungen:

Paranoide Persönlichkeitsstörung
Die Symptome einer paranoiden Persönlichkeitsstörung, beschrieben in F60.0, sind übertriebene Empfindlichkeit gegenüber Kränkungen und Zurückweisung. Freundlich gemeinte Handlungen anderer können als feindlich aufgefasst werden.[6] Sie ist zu unterscheiden von der Paranoia, die in der ICD-10 unter F22.0 klassifiziert ist.

Schizoide Persönlichkeitsstörung
Die schizoide Persönlichkeitsstörung (F60.1) zeigt sich in Einzelgängertum und dem Zurückziehen des Patienten. Empfindungen von Freude und Gefühlsausdruck sind begrenzt.[7] Die schizoide Persönlichkeitsstörung ist zu unterscheiden von der Schizophrenie, die in der ICD-10 unter F20 klassifiziert ist.

Dissoziale Persönlichkeitsstörung
Die dissoziale Persönlichkeitsstörung zeigt sich an der Missachtung von sozialen Regeln und Normen, kaum oder keiner Emphatie gegenüber anderen Lebewesen und einer Neigung zu aggressivem Verhalten.[8] Dissoziale Persönlichkeiten befriedigen in erster Linie ihre eigenen Bedürfnisse.[9]

Emotional instabile Persönlichkeitsstörung
Impulsives Verhalten, auch mit Gewalt verbunden, ohne Berücksichtigung von Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Es zeigen sich wechselhafte und unvorhersehbare Stimmungen.[10]

Histrionische Persönlichkeitsstörung
Zeigt ein Patient auffälliges dramatisierendes und theatralisches Verhalten, giert nach Anerkennung und Aufmerksamkeit und hat eine geringe Toleranz gegenüber Kritik, zeigt er Symptome einer histrionischen Persönlichkeitsstörung. Sie wurde umbenannt von hysterisch nach histrionisch, da der Begriff hysterisch anderweitig verbraucht erschien. Weitere Symptome sind Kontaktfreude bei geringer Empathie. Menschen mit histrionscher Persönlichkeitsstörung können Realität und Fantasie nicht genau abgrenzen.[11]

Zwanghafte Persönlichkeitsstörung
Übertriebener Kontrollzwang, Pedanterie, Perfektionismus und Leistungsbezogenheit kennzeichnen die zwanghafte Persönlichkeitsstörung.[12]

Vermeidende Persönlichkeitsstörung
Menschen mit einer vermeidenden Persönlichkeitsstörung haben starke Angst vor Ablehnung und fühlen sich minderwertig. In sozialen Situationen sind sie angespannt, da sie die Ablehnung fürchten, dies kann zu einer Vermeidung solcher Situationen führen.[13]

Asthenische (abhängige) Persönlichkeitsstörung
Diese Menschen begeben sich in abhängige Beziehungen und überlassen Entscheidungen anderen. Sie ordnen sich unter und vermeiden Trennungen, da dies bedeuten könnte, dass sie eigenverantwortlich wären. Eigene Bedürfnisse werden zurückgestellt.[14]

Fazit

Die Kenntnis über verschiedene Persönlichkeitsstörungen gehört zum Basiswissen von Berufen mit psychologischem Hintergrund. Dazu gehört die Fähigkeit, sie zu erkennen und weitere Maßnahmen zu ergreifen, z.B. als MitarbeiterIn in einer HR Abteilung, aber auch als Vorgesetzte(r) oder Kollege. Die ICD-10 bietet einen ersten Überblick (als Einstieg) über die Symptome und Abgrenzung zu ähnlichen Krankheitsbildern.

Fußnoten

[1] Vgl. DMDI (Zugriff 21.8.19)

[2] Vgl. DMDI – Code J (Zugriff 23.8.19)

[3] Vgl. DMDI – Code F (Zugriff 23.8.19)

[4] Vgl. Müßigbrodt H. et al.: S.117

[5] Vgl. Berking M., Rief W.: S.163f.

[6] Vgl. Müßigbrodt H. et al.: S.118

[7] Vgl. Müßigbrodt H. et al.: S.118

[8] Vgl. Müßigbrodt H. et al.: S.118

[9] Vgl. Berking M., Rief W.: S.165

[10] Vgl. Berking M., Rief W.: S.165

[11] Vgl. Payk T.: S.261

[12] Vgl. Hautzinger M., Thies E.: S.135

[13] Vgl. Hautzinger M., Thies E.: S.135

[14] Vgl. Hautzinger M., Thies E.: S.135

Abbildungen

Titelbild: https://pixabay.com/de/illustrations/surreal-traum-gesicht-frau-tr%C3%A4ume-402830/

Literaturverzeichnis

Berking M., Rief W.: Klinische Psychologie und Psychotherapie, Springer Verlag, Berlin Heidelberg, 2012.

Hautzinger M., Thies E.: Klinische Psychologie, Beltz Verlag, Weinheim Basel, 2009.

Müßigbrodt H., Kleinschmidt S., Schürmann A., Freyberger H., Dilling H.: Psychische Störungen in der Praxis, 5.Auflage, Verlag Hans Huber Hogrefe AG, Bern, 2014.

Payk T.: Psychopathologie, 4. Auflage, Springer Verlag, Berlin Heidelberg, 2015.

Internetquellen

DMDI – Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information, Zugriff am 21.8.2019, verfügbar unter https://www.dimdi.de/dynamic/de/klassifikationen/icd/icd-10-gm

DMDI – Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information, Code J, Zugriff am 23.8.2019, verfügbar unter https://www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2019/chapter-x.htm

DMDI – Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information, Code F, Zugriff am 23.8.2019, verfügbar unter https://www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2019/chapter-v.htm

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