Eine posttraumatische Belastungsstörung ist eine psychische Erkrankung, die als Folge auf ein traumatisches Erlebnis auftreten kann. Am ehesten ist die Krankheit unter Soldaten verbreitet, die aus dem Krieg zurückkehren. Auslöser können aber auch anderen Ursachen zugrunde liegen, bspw. Vergewaltigungen, generelle Gewalterfahrungen, eine Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit, Naturgewalten etc. Auch wenn man selbst nicht unmittelbar in ein traumatisches Geschehen involviert war, kann man jedoch als Zeuge unter PTBS leiden (Maercker, 2018, S. 111).
Viele Menschen, die einem Trauma ausgesetzt waren, leiden erst gar nicht unter PTBS, andere nur ein paar Wochen oder Monate, andere aber auch Jahre oder ihr Leben lang (Fischer & Riedesser, 2009, S. 351). Forscher am Max-Planck-Institut gingen der Frage nach, warum viele Gewaltopfer psychisch krank wurden und andere wiederum gesund blieben und ob der massive psychische Stress auch wirklich die Ursache für die Erkrankung ist. Zunächst wurde das Erbgut von 2000 Probanden verglichen. Unterschiede wurden im Stresssteuergen festgestellt, welches bestimmt, wie gut oder schlecht der Organismus auf Stress reagieren kann. Die Forscher erkannten, dass alle Erkrankten bestimme Mutationen, also eine spezielle Variante in diesem Stresssteuergen aufweisen. Doch nicht nur die Genvariante löst PTBS aus, sondern dass diese mit Stress und/oder Trauma interagieren muss und es zu zusätzlichen Veränderungen in der DNA führt, die schlussendlich zur Erkrankung leiten. Zusätzlich manipuliert und verändert massiv erlebter Stress das Steuergen und führt zur Abspaltung von Methylgruppen in der DNA. Erst diese Veränderung führt zur PTBS. Dr. Thorsten Klengel: „Die Abspaltung der Methylgruppen führt bei Betroffenen zu einer sehr starken Aktivierbarkeit des Genes und das hat zur Folge, dass diese Menschen selbst bei kleineren Stressoren sehr stark mit dem Stresshormonhaushalt ins Ungleichgewicht geraten, was dann die Ursache für eine psychische Erkrankung bzw. für die posttraumatische Belastungsstörung ist“ (Quarks, 2019). Ein weiteres Experiment an den Nervenzellen ergab, dass der Einfluss von Stress auf die DNA nur im Kindesalter eine Rolle spielt. Also tritt PTBS vermehrt bei Menschen auf, die im Kindesalter schon einmal einer traumatischen oder extrem stressigen Situation ausgesetzt waren (Quarks, 2019).
Der Körper ist während einer traumatischen Situation in einem extremen Stresszustand, welcher nach einer gewissen Zeit wieder runterfährt. „Allerdings bei Personen, die eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln, hält dieser Stresszustand dauerhaft an. Das heißt, die Person ist ständig in Wachsamkeit, Alarmbereitschaft, in körperlicher Übererregung, in erhöhter Schreckhaftigkeit etc., weil der Körper denkt, die Bedrohung könnte jeden Moment wieder kommen“ (Quarks, 2019). Hält dieser traumatische Stress über einen längeren Zeitraum an, könnten die Betroffenen zusätzlich eine Autoimmunerkrankung entwickeln und sind generell anfälliger für Krankheiten (Quarks, 2019).
Die PTBS tritt in der Regel innerhalb eines halben Jahres nach dem traumatischen Ereignis auf und geht mit unterschiedlichen psychischen und psychosomatischen Symptomen einher. Zu den am häufigsten verbreitetsten Grundsymptomen zählen unwillkürliche Erinnerungen und das Wiedererleben des Traumas (Flashback), Vermeidung, Verdrängung, Vergessen des Geschehens, Nervosität, Angst, Wut und Reizbarkeit. Auch Symptome wie Dissoziation (Bewegungsverlust), Schlafstörungen, Trauer oder Depressionen etc. können zusätzlich erscheinen. Das Auftreten und die Ausprägung von jedem Symptom ist sehr individuell, je nachdem wie stark die traumatische Situation von den Betroffenen erlebt wurde (Maecker, 2013, S. 280 – 282).
Eine Exsoldatin berichtet, dass sie den Sport fast eingestellt hat, weil sie durch Depressionen usw. einfach keine Motivation und Kraft hatte, sich zu bewegen. Durch das Zurückfinden in den Sport hat es sie so gepusht, dass sie wieder unglaublich motiviert ist und dass sie seit Feststellung der Krankheit den Blick zum ersten mal wieder nach vorne gerichtet hat. Wobei sie weiß, dass die Krankheit vielleicht nie mehr ganz weggehen wird oder es eventuell nie mehr wieder so sein wird wie vor dem Einsatz, aber so wie es jetzt ist, ist es auch okay (NDR Doku, 2018). Eine andere berichtet, dass sie seit ihrem Trauma – einem Tsunami – Jahre danach immer noch Probleme hat, das Geräusch eines Lkws zu hören. Dieses Geräusch erinnert sie daran, wie das Wasser auf sie zu gerauscht kam (Quarks, 2019). Franzy wiederum leidet noch so stark an den Folgen ihres Traumas, dass sie regelrecht wegdriftet. Deswegen hat sie einen Hund ständig als Begleiter an ihrer Seite. Er zeigt ihr, wann sie ihre Medikamente einnehmen muss und leitet sie zur nächsten Sitzgelegenheit, falls sie kurz vor dem Zusammenbruch steht. Sie selbst sagt, dass ein Tag, ohne mit dem Rettungswagen abgeholt zu werden, ein guter Tag für sie ist (reporter, 2020).
Für die Überwindung von PTBS ist die frühzeitige und umfassende Behandlung durch einen Psychiater unerlässlich. In der Regel kann die Behandlung ambulant erfolgen. Leidet der Betroffenen zusätzlich unter depressiven Symptomen, weist akute psychotische Störungen und/oder eine Suizidgefahr auf, ist ein Klinikaufenthalt erforderlich (IQWIG, 2018).
Fazit:
Nicht jeder Mensch entwickelt infolge eines traumatischen Ereignisses eine psychische Erkrankung. PTBS ist eine anerkannte psychische Erkrankung, die als ernst zu nehmen gilt. Diese Krankheit kann auch massiv den Alltag beeinträchtigen, wenn kleine Dinge wie Einkaufen gehen oder Straßenbahn fahren, schon als Herausforderung gelten. Das ist eine sehr individuelle Krankheit, bei der sich die Symptome auch sehr unterschiedlich äußern. Deswegen sollte auch kein Betroffener als „Jammerlappen“ angesehen werden oder Sprüche wie „ach hab dich nicht so“ zugeworfen werden. Auch wenn die Heilungschancen gutstehen, ist eine vollständige Heilung nicht selbstverständlich und kostet viel Anstrengung und Überwindung.
Literatur
Fischer, G., Riedesser, P. (2009). Lehrbuch der Psychotraumatologie (4. Aufl.). Stuttgart: Springer.
IQWIG. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (2018). Psychotherapie und ergänzende Behandlung bei einer posttraumatischen Belastungsstörung. Zugriff am 09.06.2021. Verfügbar unter https://www.gesundheitsinformation.de/psychotherapie-und-ergaenzende-behandlungen-bei-einer-posttraumatischen-belastungsstoerung.html.
Maecker, A. (2013). Posttraumatische Belastungsstörung (4. Aufl.). Berlin: Springer.
NDR Doku (2018). Soldaten mit PTBS – Therapie gegen das Trauma. Zugriff am 09.06.2020. Verfügbar unter https://www.youtube.com/watch?v=A9uwTc3c6eA.
Quarks (2019). Posttraumatische Belastungsstörung – Schrecken ohne Ende? |Quarks|. Zugriff am 09.06.2021. Verfügbar unter https://www.youtube.com/watch?v=QcVf04gx9V8.
Reporter (2020). PTBS: So krass verändert ein Trauma Franzys Leben | reporter. Zugriff am 09.06.2021. Verfügbar unter https://www.youtube.com/watch?v=WayryKjGRKg.
Beitragsbild von Quince Creative auf pixabay am 16.08.2021, von https://pixabay.com/de/illustrations/gehirn-kette-die-gesundheit-idee-3446493/.