By Published On: 25. März 2021Categories: Meine Hochschule und mein Studium

„Ach, das kann ich doch noch morgen machen…“. Das ist ein Satz, den man hauptsächlich von Student:innen hört und der als der typische Satz von Prokrastination gilt. Gerade im Fernstudium scheint dieses Phänomen aufgrund des mangelnden Drucks von außen und dem hohen Grad an Selbststeuerung gehäuft aufzutreten. Aber was genau ist Prokrastination und was kann man gegen Prokrastination tun?

Was ist Prokrastination?

Unter Prokrastination wird extremes Aufschieben verstanden – daher wundert es kaum, dass Prokrastination auch Aufschieberitis genannt wird. Ursprünglich kommt der Begriff aus dem Lateinischen („procrastinatio“ = Aufschub, Vertagung und „crastinum“ = morgiger Tag). Auch wenn Prokrastination oftmals als Studentensyndrom abgetan wird, handelt es sich um eine pathologische Störung, die durch ein Unterbrechen von Aufgaben oder ein Verschieben des Beginns von Aufgaben gekennzeichnet ist. Die Betroffenen verspüren dabei einen Leidensdruck. Besonders tritt dieses Phänomen bei Berufsgruppen auf, die selbstbestimmt arbeiten, wie beispielsweise Student:innen, Lehrer:innen, Journalist:innen oder Jurist:innen. Das Gegenteil von Prokrastination ist Präkrastination – das Verlagen unangenehme Aufgaben sofort zu erledigen, auch wenn es keine Vorteile bringt (Künzel, 2014).

Abbildung 1: Ablauf von Prokrastination (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Leach (2005, S.71))

Prokrastination ist durch eine anfängliche Begeisterung zu Beginn der Aufgabe gekennzeichnet. Danach schwindet die Arbeitsmotivation, bis sie kurz vor dem Endtermin wieder ansteigt. Begleitet wird dieser Prozess von Gedanken wie „Oh, jetzt wird es knapp!“ oder „Mist, noch 3 Tage bis zur Abgabe“. Zusätzlich zur Arbeitsmotivation steigt der von den Betroffenen empfundene Druck. Zuletzt wird die Arbeit zum pünktlich Endtermin oder mit leichter Verspätung abgegeben. Zusammenfassend wird in den ersten 2/3 der  Zeit nur 1/3 der Arbeit erledigt, während im letzten Drittel die restlichen 2/3 der Arbeit erledigt werden (Leach, 2005, S. 71).

Pathologisches Aufschieben ist jedoch vom alltäglichen Trödeln oder Aufschieben unangenehmer Aufgaben zu unterscheiden. Während es normal ist in einem gewissen Rahmen unbeliebte Aufgaben zu verschieben, ist Prokrastination dadurch gekennzeichnet, dass die anstehenden Aufgaben trotz vorhandener zeitlicher Möglichkeiten oder vorhandener Fähigkeiten bis zuletzt aufgeschoben werden. Der Grund ist nicht Faulheit, sondern ein ernsthaftes Problem der Selbststeuerung (Höcker, Engberding, & Rist, 2013).

Was kann ich gegen Prokrastination tun?

Versuche es mit Teamwork!

Du kannst dich mit anderen Student:innen zusammenschließen, anstatt die Arbeit allein zu erledigen. An der SRH gibt es dafür mehr als eine WhatsApp-Gruppe und ein Team bei Microsoft Teams. Wenn ihr euch zu Lerngruppen zusammengeschlossen habt, könnt ihr euch (digital) treffen und über eure Fortschritte austauschen. Wenn du Tipps brauchst oder Fragen hast, kannst du dich dort an andere Student:innen wenden.

Übe dich in Zeitmanagement

Plane nicht nur deinen Tag, sondern auch deine gesamte Woche. Lege Lernzeiten fest, aber auch Zeiten, in denen du Zeit für dich hast und mit gutem Gewissen nichts tun kannst. Erstelle dir aber auch einen genauen Klausurplan: Wie kannst du dir einen gesamten Stoff für 4 oder 6 Wochen Lernzeit aufteilen? Wie viel musst du dann pro Tag und pro Woche lernen, um am Ende den Klausurstoff sicher zu beherrschen?

Dasselbe funktioniert auch mit Hausarbeiten oder schriftlichen Abgaben: Wie viele Seiten musst du pro Tag oder pro Woche schreiben, damit du an Tag X fertig bist? Zu einem guten Lernplan gehören aber auch Pausen. Die Lernintervalle sollten nicht länger als 60-90 Minuten sein, da danach die Konzentration sinkt.

Gerade weil wir an der SRH kein Zeitlimit für die Abgabe von Hausarbeiten und anderen schriftlichen Ausarbeitungen haben, ist die Gefahr sehr hoch, die Abgabe vor sich herzuschieben. Mir hilft hierfür ein Semesterplan, in dem ich mir die Bearbeitung von Modulen und das Schreiben von schriftlichen Aufgaben notiere und einplane.

Mache dir einen festen Tagesplan

Neben einem festen Lernplan kann es helfen, wenn du dir einen festen Tagesplan erstellst. Wann machst du was am Tag? Wann gehst du arbeiten, einkaufen oder treibst Sport?

Versuche deine Lernzeiten so einzuplanen, dass du immer zur selben Tageszeit lernst (wenn das in deinen Tagesplan passt), sodass du eine Lernroutine entwickeln kannst. Deine Lernzeiten sollten außerdem in der Tageszeit liegen, zu der du dich am besten konzentrieren kannst.

Vergiss bei deinem Tagesplan regelmäßige Zubettgeh- und Aufstehzeiten nicht, denn wenn du nicht genug schläfst oder deine Schlafenszeiten stark variierst, wirkt sich das auf deine Motivation und deine Konzentration aus (Dörfler et al., 2018, S. 192).  

Beseitige alle Ablenkungen

Bevor du mit dem Lernen anfängst, lege dein Handy weg, besorge dir Kopfhörer und sag Mitwohner:innen / Familie, dass du jetzt lernst und ungestört sein willst. Wenn es noch etwas zu erledigen gibt, mache es vor oder nach der Lernzeit – nicht mal eben zwischendurch. Achte vor dem Lernen darauf, dass alles an deinem Schreibtisch steht, was du brauchst (z.B. deine Unterlagen, Wasser, Bücher, ein kleiner Snack etc.) und du deine Lernphase nicht unterbrechen musst, um etwas zu holen.

Erledige die unangenehmen Aufgaben zuerst

Fange mit dem Unangenehmen an, dann kannst du dich auf die angenehmen und interessanten Themen freuen. Vielleicht liegt dir aber auch die Sandwich-Methode: fange mit etwas Positivem und Interessantem an, mache in der Mitte etwas Negatives und zum Schluss wieder etwas Positives!

Belohne dich!

Belohne dich und nimm deine Erfolge bewusst wahr. Hast du dich heute an deinen Lernplan gehalten? Hast du alles geschafft? Hast du dich nicht ablenken lassen? Hast du überhaupt erst angefangen? Das alles ist SUPER! Du darfst stolz auf dich sein und dich dafür belohnen.

Fazit

Prokrastination ist kein Studentenphänomen, denn es kommt in allen Schichten und in allen Berufen vor. Vor allem tritt es jedoch in Berufen auf, die ein hohes Maß an selbstbestimmten Arbeiten fordern. Charakteristisch ist, dass 1/3 der Arbeit in 2/3 der Zeit erledigt werden, sodass gerade im Hinblick auf den Abgabetermin jede Menge Zeitdruck bei dem Betroffenen entsteht. Das führt nicht selten zu einem subjektiven Leidensdruck, wenn die Betroffenen in kurzer Zeit viel Stoff auswendig lernen müssen oder innerhalb weniger Tage oder Stunden ganze Projekte fertigstellen müssen. Denn hinter der Aufschieberitis steckt oftmals mehr als einfaches Trödeln – nämlich ein Problem in der Selbststeuerung. Mit einem guten Zeitmanagement kann jedoch dem Aufschieben gezielt entgegengewirkt werden.

Literatur

Bild: silviarita, pixybay.com (https://pixabay.com/de/photos/b%C3%BCcher-frau-m%C3%A4dchen-jugendliche-4118058/)

Dörfler, Tobias; Roos, Jeanette; Gerrig, Richard J. (Hg.) (2018): Psychologie. Unter Mitarbeit von Andreas Klatt. 21., aktualisierte und erweiterte Auflage. Hallbergmoos/Germany: Pearson (ps psychologie).

Höcker, A.; Engberding, M.; Rist, F. (2013): Prokrastination: Ein Manual zur Behandlung des pathologischen Aufschiebens. Göttingen: Hoegrefe.

Künzel, J. (2014): Präkrastination: Der Zwang zum Soforterledigen. Online verfügbar unter https://web.archive.org/web/20160412210958/https://www.psychologie-heute.de/news/gesundheit-psyche/detailansicht/news/praekrastination_der_zwang_zum_soforterledigen/, zuletzt aktualisiert am 05.06.2014, zuletzt geprüft am 24.03.2021.

Leach, Lawrence P. (2005): Critical chain project management. 2nd ed. Boston: Artech House (Artech House effective project management library). Online verfügbar unter http://site.ebrary.com/lib/academiccompletetitles/home.action.

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