By Published On: 16. Juni 2023Categories: Gesundheit, Psychologie

Das Leben ist gefüllt von beruflichen und privaten Terminen, Meetings, Zusatzaufgaben, familiäre Verpflichtungen und steigendem Zeitdruck. Werden diese Belastungen zum Dauerzustand, bringen sie die seelische Gesundheit aus dem Gleichgewicht und der Körper reagiert mit Stresssymptomen wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, schlechter Stimmung als auch Schlafstörung. Das effektive Anwenden von Psychohygiene kann dazu beitragen, schon vorab die Stressbelastung zu reduzieren als auch bei auftretenden Stresssymptomen diese zu lindern. Was man unter Psychohygiene versteht, was sie bewirkt und wie sie im Alltag angewendet werden kann, wird im folgenden Beitrag dargestellt.

Was ist Psychohygiene?

Wissenschaftlich betrachtet gehört die Psychohygiene in das Aufgabengebiet der angewandten Psychologie und beschäftigt sich mit der Erhaltung der seelischen und geistigen Gesundheit. Sie setzt sich aus den beiden griechischen Wörtern für „Psycho“ (Seele) und „Hygiene“ (griech. hygieiná gesunde Lebensweise, Gesundheit) zusammen. Ursprünglich stammt das Wort Psychohygiene von dem US-amerikanischen Begriff „mental hygiene“ ab. In Deutschland wurde die Bezeichnung Psychohygiene erstmals im Jahr 1900 von dem deutschen Psychiater Robert Sommer angewendet (Deutsches Institut für Psychohygiene, o.J.). In dieser ursprünglichen Definition von Psychohygiene wurden Aufgaben um die seelische Gesunderhaltung und dem Vorbeugen von „Geistes- und Gemütskrankheiten“ formuliert. Neben der Überwachung dieser Krankheiten, gehört auch das Aufklären über die Entstehung und Bewältigung dieser in das Aufgabenfeld der Psychohygiene (Wirtz, 2017, S. 1351). Ein weiterer Aspekt liegt in der Vorbeugung von seelischen Belastungen und dem Ausbruch psychischer Störungen, um mögliche Sekundärfolgen gering zu halten. Der Grundgedanke ist, sich mittels bestimmter Methoden wie Entspannungstechniken oder ein effektives Stressmanagement gegen die täglichen negativen Einflüsse und Erlebnisse im beruflichen als auch privaten Bereich zu wehren und auftretende Stressbelastungen zu reduzieren (F. A. Brockhaus GmbH, 2009, S. 468).

Seelische Gesundheit als Ziel

In den letzten Jahren sind die Arbeitsunfähigkeitstage auf Grund unzureichender psychischer Gesundheit statistisch gesehen immer weiter angestiegen (DAK, 2022). Die Psychohygiene ist in diesem Bereich ein wichtiger Gesundheitsfaktor und hat zum Ziel durch gezielte Versorgungskonzepte und individuelle Angebote dieser Entwicklung entgegenzuwirken (Deutsches Institut für Psychohygiene, o.J.). Unter Psychohygiene werden alle Maßnahmen des psychischen Gesundheitsschutzes verstanden. Diese können sowohl zur Erhaltung als auch zum Erlangen von psychischer Gesundheit eingesetzt werden. Ebenfalls ist es möglich bereits vorliegende Erkrankungen durch Gegenmaßnahmen der Psychohygiene in ihrem Fortschreiten zu stoppen als auch die Symptome zu verringern. Belastungen durch Alltagsstress wie Angst, Sorgen und negativen Emotionen können durch Maßnahmen der Psychohygiene verarbeitet werden. Akute Probleme werden überwunden und langfristig gesehen dient die Anwendung von Psychohygiene als Schutzfaktor, um zukünftige Belastungen und stressauslösende Situationen mit mehr Stärke entgegenzuwirken (Ölsböck, 2019, S. 40–42). Oftmals wird Psychohygiene mit Selbstfürsorge gleichgesetzt, denn im Grunde ist die Psychohygiene auch ein Sorgen um das eigene Selbst. Durch eine wertschätzende und reflektierende Haltung sich selbst gegenüber wird der Blick zu sich gerichtet, um Belastungen zu erkennen und rechtzeitig einen Gegenpol zum Stress in Alltag und Beruf zu schaffen und einer frühzeitigen Erschöpfung vorzubeugen. Man trägt selbst Sorge für die eigenen Bedürfnisse, wie Lebensfreude, das Ausleben von Genuss und Glücksmomenten als auch das Einhalten von ausreichender Erholungszeit (Rehahn-Sommer, 2015, S. 213).

Anwendungsbereiche von Psychohygiene

Psychohygiene wirkt unterstützend, um ein stabiles seelisches Wohlbefinden zu erlangen und zukünftigen Belastungen gestärkt entgegenzutreten. Da die Stressbelastungen in allen Lebensbereichen auftreten finden die Maßnahmen der Psychohygiene auch kontextübergreifend im Privatleben und der Freizeit als auch im Bereich der Arbeit statt. Ein Hauptaugenmerk liegt im zwischenmenschlichen Austausch um Gefühle wie Wut, Trauer, Ärger und Frust zu verarbeiten. Die Umsetzung der Maßnahmen ist je nach Kontext unterschiedlich. Im privaten Bereich werden eher ausgleichende Maßnahmen wie Sport, Aktivitäten und Hobbys angewendet. Im beruflichen Kontext liegt der Schwerpunkt auf der kommunikativen Ebene zwischen und mit den Kollegen und Vorgesetzten. Gerade in Berufsfeldern der sozialen Arbeit und bei Fachkräften im psychosozialen Bereich findet Psychohygiene vermehrt Anwendung (Ölsböck, 2019, S. 40–43).

Strategien und Methoden

Voraussetzung für eine erfolgreiche Psychohygiene ist das Einbeziehen der physischen und psychischen Belastungsfaktoren bei der Wahl der Methode. Die Strategien und Maßnahmen der Psychohygiene sind dabei vielfältig und unterscheiden sich je Kontext und persönlicher Präferenz. Folgende Strategien kommen unter anderem bei der Psychohygiene zum Einsatz:

  • Entspannungs- und Aktivierungsverfahren wie Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training, Atemübungen als auch Yoga
  • Kreative Methoden wie eigenen künstlerischen Tätigkeiten nachgehen, das Betrachten von Kunst, das Hören von Musik bzw. das eigene Musizieren oder Singen als auch das Verfassen oder Lesen von Texten
  • Selbstbelohnung nach erbrachter Leistung durch das Ausüben von Hobbies, Durchführen von Ausflügen, das Treffen von Freunden oder der Genuss von gutem Essen
  • Mentale Strategien zur Stärkung der emotionalen Belastbarkeit auf organisationaler als auch auf individueller Ebene

(Deutsches Institut für Psychohygiene, o.J.)

Bei Fachkräften aus dem sozialen Sektor kommen durch die berufsbedingten und oft belastenden Eindrücke vermehrt qualifizierte Methoden wie Einzel- als auch Teamsupervisionen als zusätzliche Maßnahme der Psychohygiene zum Einsatz um belastende Erfahrungen aufzuarbeiten (Huch, 2013, S. 207).

Fazit

Psychohygiene zielt auf die seelische Gesundheit ab und beinhaltet sämtliche Methoden zum Erhalt der psychischen Gesundheit. Sie sollte als Maßnahme der Selbstfürsorge geschätzt und regelmäßig in das Alltagsgeschehen eingebunden werden. Es empfiehlt sich verschiedene Methoden auszuprobieren, um dann für sich persönlich die individuell passende Strategie zu finden, um Stress abzubauen und seelischen Wohlbefinden zu erlangen. Ein Tipp ist es, die Maßnahmen in die eigenen Tagesroutinen einzubauen. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese am Morgen, am Tag oder am Abend durchgeführt werden. Regelmäßig angewendet unterstützt die Psychohygiene Krisen und Konflikte gelassener zu meistern und man wird zum erfolgreichen Stressmanager seiner Selbst.

Literaturverzeichnis

DAK. (2022). Entwicklung der Arbeitsunfähigkeitsfälle aufgrund psychischer Diagnosen in Deutschland in den Jahren 1997 bis 2021 (AU-Fälle pro 100 VJ). Verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/253975/umfrage/au-faelle-aufgrund-psychischer-diagnosen-in-deutschland/

Deutsches Institut für Psychohygiene. (o.J.). Geschichtlicher Hintergrund der Psychohygiene. Verfügbar unter: https://deutsches-institut-fuer-psychohygiene.de/resilienz-berlin-deutsches-institut-fuer-psychohygiene/

Der Brockhaus Psychologie. Fühlen, Denken und Verhalten verstehen. (2009) (/Brockhaus-Sachlexika], 2., vollst. überarb. Aufl.). Mannheim: Brockhaus.

Huch, R. (2013). Mensch Körper Krankheit (123Library, 6th ed (Online-Ausg.)). London: Elsevier Health Sciences Germany. Verfügbar unter: https://www.123library.org/ebook/id/140470/

Ölsböck, N. (2019). Meine Kleine Seelenwerkstatt. 50 Hilfreiche Tools Für Gelassenheit und Lebensfreude. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin / Heidelberg. Verfügbar unter: https://ebookcentral.proquest.com/lib/kxp/detail.action?docID=5847410

Rehahn-Sommer, S. (2015). Verhaltenstherapeutische Praxis in Fallbeispielen. Leben statt Überleben und andere Geschichten (SpringerLink Bücher). Berlin, Heidelberg: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-642-55078-2

Wirtz, M. A. (Hrsg.). (2017). Dorsch – Lexikon der Psychologie (18., überarbeitete Auflage). Bern: Hogrefe.

Bildquelle

Storyset. (o. J.). Mental health concept illustration. Verfügbar unter: https://www.freepik.com/free-vector/mental-health-concept-illustration_8961373.htm#page=3&query=mental%20health&position=32&from_view=search&track=robertav1_2_sidr

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