Die Philosophie ist eine der ältesten Wissenschaften der Welt. In ihren verschiedenen Teilgebieten versucht sie die Erkenntnis der Menschheit zu begründen, Logik hinter Argumenten zu ergründen oder die Frage nach (ethisch) korrektem Handeln zu beantworten. Aus ihr haben sich über die Jahrhunderte hinweg verschiedene Wissenschaften herausgebildet – eine ist die Psychologie, die das Erleben und Verhalten des Menschen beschreibt. Doch wie genau hängen beide Wissenschaften zusammen?
Was ist Philosophie?
Philosophie bedeutet übersetzt „Liebe zur Weisheit“ und versucht, die Welt und vor allem die menschliche Existenz zu ergründen und zu verstehen. Philosophie kann daher als die Gesamtsumme des sich immer weiter aufsummierenden und wiederverwendbaren Philosophierens der Menschheit bezeichnet werden (Cox & Palézieux, 2015, S. 21). Da Philosophen nach Definitionen suchen, ist auch eine Definition von Philosophie nicht eindeutig und wird von verschiedenen Philosophen unterschiedlich definiert (Cox & Palézieux, 2015, S. 24). Philosophie setzt sich als Wissenschaft aus verschiedenen Kernbereichen zusammen, wie der Logik (Wie kann ich folgerichtig denken?), der Ethik (Wie kann ich richtig Handeln?) und der Metaphysik (Was ist die Wirklichkeit und was ist der erste Grund des Seins?). Hinzukommen Erkenntnistheorie und Wissenschaftstheorie (Cox & Palézieux, 2015, S. 5).
Die Erkenntnistheorie, oder auch Epistemologie, beschäftigt sich mit den Fragen der Erkenntnis und des Wissens. Was ist Wissen und wie erhalte ich Wissen? (Leerhoff & Rehkämpfer, 2010, S. 79). Auf diese Fragen geben unterschiedliche Strömungen unterschiedliche Antworten. Eine der bedeutendsten erkenntnistheoretischen Strömungen ist der Empirismus. Der Empirismus vertritt die Auffassung, dass das Wissen über die Welt über die Sinne gewonnen werden. Methoden der Erkenntnisgewinnung sind das Experiment und die Beobachtung (Leerhoff & Rehkämpfer, 2010, S. 83).
Was ist Psychologie?
Psychologie ist die Wissenschaft des Erlebens und Verhaltens von menschlichen Wesen. Psycholog:innen versuchen dabei beispielsweise die Frage nach der Beschaffenheit des menschlichen Wesens zu ergründen und verwenden dazu wissenschaftliche Methoden, um ebendiese kognitiven Prozesse des individuellen Wesens (ausgedrückt im Verhalten) zu ergründen. Letztlich sind Psycholog:innen Wissenschaftler:innen, die sich wissenschaftlicher Methoden zur Beantwortung der Frage und Analyse objektiv erhobener Daten bedienen. Ziel der Psychologie bzw. der psychologischen Forschung ist es, Verhalten zu beschreiben, dieses zu erklären und vorherzusagen und letztlich zu beeinflussen. Die Beschreibung geschieht durch das Erheben von (objektiven) Daten, beispielsweise durch Tests oder Verhaltensbeobachtungen. Durch die Erklärung wollen Psycholog:innen klären, wie Verhalten funktioniert. Um Zusammenhänge (Korrelationen oder Kausalitäten) zwischen zwei oder mehr Variablen aufzudecken, bedienen sich Psycholog:innen empirischen Auswertungsverfahren, mit Hilfe derer die Auftretenswahrscheinlichkeit eines bestimmten Verhaltens grob vorhergesagt werden kann. Letztlich nehmen Psycholog:innen Einfluss auf das, was geschieht. Dazu entwerfen sie Interventionen und führen sie durch (Dörfler et al., 2018, S. 2-7).
Zu den Gebieten, die die Psychologie umfasst, gehören beispielsweise die Sozialpsychologie (Wie werden Gedanken, Wärmemengen, Motive und Verhaltensweisen durch die Interaktion zwischen Menschen beeinflusst?), die Entwicklungspsychologie (Wie verändert sich der Mensch in körperlicher, geistiger, sozialer Hinsicht über die Lebensspanne hinweg?), die Allgemeine Psychologie (beschäftigt sich mit vielen Teilbereichen, wie der Wahrnehmung, der Motivation, dem Bewusstsein, Emotionen, Problemlösen, der Volition oder dem Gedächtnis), die Persönlichkeitspsychologie (Wie können Persönlichkeit und ihre Entwicklung empirisch beschreiben und vorhergesagt werden?) oder die Klinische Psychologie (Welche biologische, kognitiven sozialen, emotionalen, entwicklungs- und verhaltensbezogenen Grundlagen liegen psychischen Störungen zu Grunde?) (Dörfler et al., 2018, S. V).
Wie hängen die beiden zusammen?
Beide Wissenschaften haben viele Überschneidungspunkte – daher werden hier nur zwei genauer thematisiert.
Die mittelalterliche Philosophie und die der frühen Neuzeit stützten ihre Erkenntnisgewinnung empiristisch auf die Sinne. Sie beschäftigte sich mit der Frage, wie die Welt in unseren Kopf gelangt – eine Frage, mit der sich unter anderem die Wahrnehmungspsychologie beschäftigt. Sie beschreibt, wie die Aufnahme und Weiterleitungen von Reizen geschieht und wie sie in unserem Gehirn verarbeitet werden. Zusätzlich beschreibt sie psychologische Prozesse, die im Folgenden Ablaufen (Erkennung von Objekten, Erinnern, Kontextabhängigkeit etc.) (Dörfler et al., 2018, S. 176-177). Dass Erkenntnisse durch die Sinne gewonnen werden, gilt heute als nicht mehr bestreitbar. Das war in der Philosophie des Mittelalters nicht immer der Fall. So versuchte Descartes die Existenz durch das Denken zu begründen („Ich denke also bin ich“) und lehnte eine Erkenntnis durch die Sinne allein ab (Sinnestäuschungsargument – die Sinne können uns täuschen, siehe optische Täuschungen) (Gabriel, 2008, S. 20). Daher fokussieren sich die aktuellen philosophischen Diskussionen im Bereich der Erkenntnistheorie auf die Frage nach Geltung wahrheitsfähiger Aussagen und allem, was dazu gehört zum Beispiel, was überhaupt Wahrheit ist oder wie Aussagen logisch aufgebaut sind.
Die Psychologie und die Philosophie sind somit korrelativ verbunden, da die Philosophie die theoretische Grundlage für jene Erkenntnisvorgänge liefert, die die Psychologie in ihren Teilbereichen aufgreift. Das Erkennen weist einige Gemeinsamkeiten mit dem Lernen auf, das im Bereich der Pädagogischen aber auch der Allgemeinen Psychologie von Lehr-Lerntheorien beschrieben wird. So können durch den Erwerb von Wissen mehr Dinge der Umwelt erkannt und aus verschiedenen Perspektiven wahrgenommen werden. Lernen und Erkennen bilden dabei eine untrennbare Einheit: Ohne Wahrnehmung kann kein Lernen stattfinden, denn erst durch die wahrgenommenen Informationen kann ein Lernprozess initiiert werden. Da der Mensch jedoch ein Wesen ist, dass auf Lernen ausgerichtet ist, findet auch zwangsläufig ein Erkennen und somit auch ein Wahrnehmen der Welt statt (Dörfler et al., 2018, S. 214; Nungäßer, 2017, S. 27, 155).
Fazit
Die Philosophie ist eine alte Wissenschaft, aus der sich über die Jahrhunderte viele Wissenschaften herausgebildet haben. Eine davon ist die Psychologie, die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Menschen, die sich wiederum in viele Teilgebiete gliedert. Beide Wissenschaften, die Philosophie und Psychologie, sind auch heute noch verbunden.
Die Philosophie ist übersetzt die „Liebe zur Weisheit“ und stellt sich Fragen nach dem ethisch korrekten Handeln, der Gültigkeit logischer Schlüsse oder der Geltung von Erkenntnissen. Früher fokussierte sich die Erkenntnistheorie zusätzlich auf die Entstehung von Erkenntnissen und Wissen. Die Gewinnung von Erkenntnissen durch unsere Sinne (Empirismus) war eine der damaligen Strömungen. Heute wird die Erkenntnisgewinnung durch die Sinne nicht mehr abgestritten und wird hauptsächlich von der Psychologie (und auch auf materieller Ebene von der Biologie) beschrieben. Zusätzlich beschreibt die Psychologie noch weitere Prozesse, die bei der Wahrnehmung und dem Erkennen miteinfließen. Eine weitere Überschneidung zwischen beiden Disziplin besteht beim Themengebiet Lernen. Lernen setzt nämlich Erkennen voraus – ohne Erkenntnis werden keine Lehr-Lern-Prozesse initiiert.
Literatur
Bild: mysticartdesign, pixabay.com (https://pixabay.com/de/photos/bibliothek-himmel-v%C3%B6gel-mystisch-425730/)
Cox, Gary W.; Palézieux, Nikolaus de (2015): Wie werde ich Philosoph? Oder Wie man fast sicher sein kann, dass fast nichts sicher ist. Darmstadt: Theiss.
Dörfler, Tobias; Roos, Jeanette; Gerrig, Richard J. (Hg.) (2018): Psychologie. Unter Mitarbeit von Andreas Klatt. 21., aktualisierte und erweiterte Auflage. Hallbergmoos/Germany: Pearson (ps psychologie).
Gabriel, Gottfried (2008): Grundprobleme der Erkenntnistheorie. Von Descartes zu Wittgenstein. 3., durchges. Aufl. Paderborn: Schöningh (UTB, 1743).
Leerhoff, Holger; Rehkämpfer, Klaus (2010): Einführung in die Analytische Philosophie. Darmstadt: WBG – Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Online verfügbar unter http://gbv.eblib.com/patron/FullRecord.aspx?p=922290.
Nungäßer, Ralf-Peter (2017): Pädagogische Konzepte und Interventionen. Studienbrief. SRH – Fernhochschule, Riedlingen.