Quantencomputing ist eine Technologie, die das Potenzial hat, die Landschaft der Datenverarbeitung zu verändern. Mit der Fähigkeit, Probleme zu lösen, die für klassische Computer unerreichbar sind, ist Quantencomputing im Begriff, bedeutende Veränderungen für viele Bereiche wie Kryptographie, Materialwissenschaften, Pharmazie und KI herbeizuführen. Dieser Artikel soll einen kurzen Überblick über die Technologie und die aktuellen Entwicklungen geben.
Inhaltsverzeichnis
- Grundlagen des Quantencomputings
- Aktuelle Entwicklungen im Quantencomputing
- Anwendungen von Quantencomputern
- Zusammenfassung
1. Grundlagen des Quantencomputings
Im Kern beruht die Technologie des Quantencomputings auf den Prinzipien der Quantenmechanik. Dies ist eine Theorie, die das Verhalten von Materie und Energie auf den kleinsten Ebenen (Atomen und subatomaren Teilchen) beschreibt. Anders als klassische Computer, die Informationen in binären Zuständen (0 oder 1) verarbeiten, nutzen Quantencomputer Quantenbits beziehungsweise Qubits. Diese können nicht nur in Zuständen von 0 oder 1 existieren, sondern auch in Überlagerungen dieser Zustände, was eine exponentiell höhere Informationsdichte ermöglicht (Just, 2020, S. 1-4). Ein Schlüsselelement des Quantencomputings ist die Quantenverschränkung, ein Phänomen, bei dem Teilchen in einem Zustand miteinander verbunden sind, sodass der Zustand eines Teilchens sofort den Zustand eines anderen beeinflussen kann, unabhängig von der Distanz zwischen ihnen. Diese Eigenschaft erlaubt es Quantencomputern, komplexe Berechnungen deutlich schneller durchzuführen als klassische Rechner (Just, 2020, S. 21-29).
Die Potenziale des Quantencomputings sind vielfältig. In der Kryptografie etwa könnte es bestehende Sicherheitsstandards herausfordern, gleichzeitig aber auch völlig neue Formen der Verschlüsselung ermöglichen. In der Materialwissenschaft könnten Quantencomputer komplexe molekulare Strukturen simulieren und so zur Entwicklung neuer Materialien und Medikamente beitragen. Auch in der Optimierung von betriebswirtschaftliche Prozessen wie der Logistik, etwa bei der Lösung komplexer Verkehrs-, Lieferketten- oder Planungsprobleme, kann das Quantencomputing Durchbrüche bringen (Just, 2020, S. 105-109).
2. Aktuelle Entwicklungen im Quantencomputing
Quantencomputing ist ein Feld, welches sich in der Entwicklungsphase befindet und aktuelle Fortschritte daher stets neu betrachtet werden müssen.
Das Interesse an der Technologie und dessen Fortschritt ist bei vielen Individuen und Organisationen sehr hoch. Daraus entsteht ein großes wirtschaftliches Potenzial, mit einer erwarteten Wertschöpfung von bis zu 1,3 Billionen US-Dollar bis 2035 in Branchen wie Automobil, Chemie, Finanzen und Biowissenschaften. Die weltweiten Investitionen zeigen dabei eine starke regionale Verteilung, mit signifikanten Beiträgen aus der EU, den USA und besonders China mit 15,3 Milliarden US-Dollar Investitionen. Trotz Rekordinvestitionen von 2,35 Milliarden US-Dollar in Quantum Start-ups im Jahr 2022, gibt es einen Rückgang der Gründungen neuer Unternehmen in dem Bereich. Zudem entsteht eine wachsende Talentlücke, obwohl die Zahl der Master-Studiengänge mit Bezug zu Quantentechnologien weltweit auf 50 verdoppelt wurde (McKinsey & Company, 2023).
Zu den führenden Institutionen in der Entwicklung gehören unter anderem IBM, Stanford University, California Institute of Technology, University of Tokyo, und University of Science and Technology of China. Dabei übernimmt IBM eine besondere Rolle. Nachdem 1990 der erste Quantencomputer mit wenigen Qubits entwickelt worden ist, hat IBM 2021 in Deutschland den ersten Quantencomputer mit über 1000 Qubits in Betrieb genommen. Zudem haben sie wesentlich an der Distribution und Entwicklung der Technologie teil (Swayne, 2022).
Die Entwicklungen im Bereich der Quantenhardware haben insgesamt erhebliche Fortschritte gemacht. Es gibt bereits Fortschritte bei der Nutzung von Quantencomputertechnologie mit kommerziellen Anwendungen. Unternehmen forschen an Lösungen mit Quantenhardware für Branchen wie Cybersicherheit, Materialien und Pharmazeutika, Banken und Finanzen sowie fortgeschrittene Fertigungstechnologien (Bova et al., 2021). Es gibt eine öffentliche Verfügbarkeit von Quantencomputern über Cloud-Dienste und mehrere Open-Source-Softwareumgebungen für das Schreiben von Quantenprogrammen (Byrd & Ding, 2023). So sind Quantencomputer inzwischen nicht mehr nur theoretische Konzepte oder Werkzeuge für Physiker, sondern werden zunehmend für eine breitere Palette an Nutzenden zugänglich.
IBM hat jüngst den Quantum Heron Prozessor und das Quantum System Two vorgestellt. Der Quantum Heron bietet eine signifikante Fehlerreduktion, während das System Two eine neue Ära des quantenzentrierten Supercomputings einläuten soll. Diese Entwicklungen sind Teil einer erweiterten Roadmap, die bis 2033 reicht und die Leistung von Quantencomputern weiter verbessern soll. IBM hat auch Qiskit 1.0 und generative KI-Modelle für die Optimierung von Quantencode eingeführt, um die Programmierung zu erleichtern. Diese Innovationen werden durch Partnerschaften mit führenden Forschungsinstitutionen unterstützt und zielen darauf ab, Quantencomputing als Werkzeug für die wissenschaftliche Forschung zu nutzen und die Anwendungen weiter zu verbreiten (IBM Deutschland GmbH, 2023).
Trotz Fortschritten bei der Entwicklung von Quantennetzen und dem Konzept eines Quanteninternets, bleiben mit der Quantentechnik zusammenhängende Herausforderungen wie Quanten-Dekohärenz, Fehlerkorrektur und dem Fehlen eines effizienten Quanten-Random-Access-Memory bestehen. Insgesamt ist das Feld also vielversprechend, steht jedoch vor bedeutenden technischen Hürden. (Hechler et al., 2023, S. 310-315)
3. Anwendungen von Quantencomputern
Seit der Entwicklung des ersten Quantencomputers gibt es wie im vorherigen Kapitel gezeigt schnelle Entwicklungen und ein Potential für viele Branchen. Dennoch ist der Quantencomputer noch nicht ganz in der breiten Masse angekommen, daher sind die Anwendungsfelder noch nicht weit gefächert. Die Technologie findet so aktuell hauptsächlich in der Forschung statt (sowohl bei wissenschaftlichen Institutionen als auch Unternehmen). Wie bereits erwähnt ist Quantencomputing dennoch in einigen kommerziellen Feldern in Benutzung:
Es gibt zum Beispiel bereits Anwendungsbereiche von Quantencomputing in der KI. Diese reichen von Optimierungsproblemen und Molekularsimulationen bis hin zu maschinellem Lernen (Hechler et al., 2023, S. 310-315). Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Integration von Quantencomputing mit Künstlicher Intelligenz (KI) und Hochleistungsrechnern (HPC), welche zu schnelleren, intelligenteren Entscheidungen führen könnte. Auch als kommerzieller Cloud-Service wird Quantencomputing nach und nach verfügbar, z.B. bei Amazon AWS (Schonschek, 2023).
Die Zukunft von Quantencomputing ist, trotz einiger Skepsis bezüglich der technischen Herausforderungen, vielversprechend. Es wird erwartet, dass Quantencomputer, innerhalb der nächsten 5 bis 10 Jahre für den Mainstream bereit sein könnten. Zukünftig könnten hybride Hardware-Architekturen, in denen Quantenchips als Spezialakzeleratoren dienen, eine Schlüsselrolle spielen. Quantencomputing erfordert aber weiterhin umfassende Forschung und Entwicklung (Hechler et al., 2023, S. 315-317).
4. Zusammenfassung
Quantencomputertechnologie befindet sich auf einem rasanten Entwicklungskurs und zeigt bedeutendes wirtschaftliches Potenzial in Branchen wie Automobil, Chemie, Finanzen und Biowissenschaften. Es gibt hohe Investitionen weltweit, insbesondere von der EU, den USA und China. IBM hat 2021 einen beachtlichen Meilenstein mit dem Betrieb eines Quantencomputers mit über 1000 Qubits erreicht.
Die Fortschritte in der Quantenhardware eröffnen zunehmend kommerzielle Anwendungen wobei die Zugänglichkeit durch Cloud-Dienste und Open-Source-Software für Quantenprogrammierung verbessert wird. Trotz technischer Herausforderungen erweitert sich das Anwendungsspektrum, ist aktuell aber noch sehr begrenzt. Die Herausforderungen für die Zukunft liegen in der Überwindung von Problemen sowohl auf der Hardware- als auch auf der Softwareseite. Die Aussicht auf hybride Hardware-Architekturen, bei denen Quantenchips als spezialisierte Beschleuniger dienen, zeigt einen vielversprechenden Weg nach vorn.
Bildverzeichnis
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Literaturverzeichnis
Bova, F., Goldfarb, A., & Melko, R. G. (2021). Commercial applications of quantum computing. EPJ Quantum Technology, 8(1), 2. https://doi.org/10.1140/epjqt/s40507-021-00091-1
Byrd, G. T., & Ding, Y. (2023). Quantum Computing: Progress and Innovation. Computer, 56(1), 20-29. https://doi.org/10.1109/MC.2022.3217021
Hechler, E., Oberhofer, M., & Schaeck, T. (2023). KI und Quantencomputing. In E. Hechler, M. Oberhofer, & T. Schaeck (Eds.), Einsatz von KI im Unternehmen : IT-Ansätze für Design, DevOps, Governance, Change Management, Blockchain und Quantencomputing (pp. 299-320). Apress. https://doi.org/10.1007/978-1-4842-9566-3_12
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Schonschek, O. (2023). Report: Quantencomputing verlässt die Labore. Zugriff am 23.03.2024 von https://www.silicon.de/41711020/report-quantencomputing-verlaesst-die-labore
Swayne, M. (2022). Top 18 Institutions Leading Quantum Computing Research In 2024. Resonance Alliance Inc. Zugriff am 23.03.2024 von https://thequantuminsider.com/2022/05/16/quantum-research/