Definition des Begriffs
Reaktanz ist ein psychologischer Erregungs-und Motivatioszustand, der als Reaktion auf eine wahrgenommene Freiheitseinschränkung einer Person eintritt. Diese versucht durch Handeln (subjektiv, direkt, indirekt) ihre wahrgenommene Verhaltensfreiheit weiter aufrecht zu erhalten oder wieder herzustellen.
Die Reaktanz Theorie
J.W. Brehm formulierte 1966 die Theorie der psychologischen Reaktanz. Anhand der Theorie, lässt sich das Verhalten von Personen, deren subjektive Freiheit eingeengt oder genommen wird vorhersagen und erklären. Mit Freiheit ist in diesem Zusammenhang insbesondere Verhaltens- und Entscheidungsfreiheit zu verstehen. Es reicht hierbei aus, wenn diesbezüglich wahrgenommene Alternativen einer Person bedroht, eingeengt oder versperrt werden, um nach Brehm reaktantes Verhalten auszulösen.
Voraussetzungen für die Entstehung von Reaktanz
Bedingungen unter denen psychologische Reaktanz auftritt sind:
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Die Person ist überzeugt, über bestimmte Freiheitsspielräume zu verfügen,
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Sie hält die Freiheitsspielräume für wichtig,
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Die Person nimmt eine Einengung, Bedrohung oder gar Elimination der Freiheitsspielräume wahr.
Die Möglichkeiten der Freiheitseinengung können unterschieden werden in:
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Soziale Einflussnahme (Kommunikation),
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Gegebenheiten der Umwelt, ohne direktes Einwirken von Personen, Barrieren,
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Persönliche Freiheitseinschränkung, getroffene Entscheidung für eine Sache und gegen die Alternative.
Reaktanzstärke und Reaktanzeffekte
Die Stärke der Reaktanz
hat mehrere Einflussfaktoren. Zum einen, wie wichtig der wahrgenommene Freiheitsspielraum für die Person ist und wie notwendig, um bestimmte Bedürfnisse zu befriedigen. Zum anderen wird die Einengung verstärkt, wenn die Person antizipiert, in ähnlichen Situationen wie der aktuell bestehenden, ebenso eine Einschränkung der Verhaltens- oder Entscheidungsmöglichkeiten zu erfahren. Das heißt, sie erwartet, dass sich die Einschränkung auch auf andere zukünftige Alternativen oder Situationen überträgt, diese also auch bedroht sein könnten. Auf diese Weise wirkt die momentane Einschränkung der Freiheit stärker als sie es bei einer einmaligen, mit klarem Ausmaß ersichtlichen Situation täte. Des Weiteren ist für die Ausprägung der Reaktanz relevant, wie sachlich kompetent sich die beeinflusste Person selbst einschätzt. Je mehr Kompetenz sie sich selbst zuschreibt, desto empfindlicher reagiert sie auf Einflussnahme und Einschränkung von Alternativen. Je ähnlicher jedoch die Alternativen der Person erscheinen, desto weniger empfindliche Reaktionen treten auf. Bei Alternativen, die sich sehr ähneln (subjektives Empfinden der Person), werden die freiheitseinschränkenden Versuche als Entscheidungshilfen angenommen.
Die Reaktanzmotivation
ist immer darauf gerichtet, die entstandene Freiheitseinengung zu lösen und weitere Bedrohungen zu verhindern. Die Freiheit also aufrechtzuerhalten oder wieder zurück zu erlangen. Wird zum Beispiel die Wahlfreiheit einer Person zwischen zwei Produkten zu wählen dahingehend eingeengt, dass ihr jemand sagt sie solle Produkt 1 nicht kaufen, kann die Person ihre Freiheit wieder herstellen in dem sie Produkt 1 kauft. Ist Produkt 1 jedoch ausverkauft und wird nicht mehr hergestellt, so ist es nicht möglich die Freiheit wieder herzustellen. Wichtig zu wissen ist, dass wir Motive nicht direkt beobachten können, sondern deren Folgen für uns „sichtbar“ werden. Wenn allerdings kein Effekt beobachtbar ist, dann heißt das nicht, dass es keinen gibt. Die Effekte können auch zu einem späteren Zeitpunkt auftauchen, als die psychologische Reaktanz ursprünglich ausgelöst wurde. Reaktanzeffekte können sich als Attraktivitätsänderung von Alternativen zeigen oder als indirekte Freiheitswiederherstellung. Letzte kann sich ausdrücken, in dem die Person:
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Sich in einem dem bedrohten Verhalten ähnlichen Verhalten engagiert,
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eine andere Person dazu bringt das bedrohte Verhalten zu zeigen,
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sich gegenüber der Person, die als Ursache für die Bedrohung gilt, aggressives Verhalten zeigt.
Nach Brehm werden die Reaktionen in zwei Kategorien geteilt:
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subjektive Effekte: also solche, die im Verhalten nicht direkt sichtbar werden, wie Umstrukturierungen im Denken.
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Verhaltenseffekte: solche, die als direkte Aktionen sichtbar werden, wie Aggressionen gegen die Quelle der Einengung oder Flucht aus der Situation.
Schema zur Darstellung des Reaktanzabbaus
Fazit
Zusammenfassend gesehen ist die psychologische Reaktanz mehr als eine interessante Theorie in der Psychologie. Wir begegnen Reaktanz täglich und das in unterschiedlichsten Ausprägungen und Situationen. Einige Beispiele:
Wir sehen also, das egal ob im Berufs-oder Privatleben, bei der Umsetzung neuer Konzepte im Unternehmen oder in der Kindererziehung zu Hause, in Therapie oder bei der Vorhersage von Geschehnissen oder Reaktionen, in Beratung oder Einführung neuer Produkte oder Sortimente – Reaktanz ist stets präsent. Darum zu wissen kann einen geeigneteren Umgang miteinander fördern.