By Published On: 24. Juli 2020Categories: Meine Hochschule und mein Studium

Gemäß Schätzungen des United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) lag die weltweite Epidemiologie 2012 bei rund 33 Millionen Opioidkonsumenten. Dies entspricht 4,04 Millionen Personen der europäischen Bevölkerung zwischen 15 und 64 Jahren. Schätzungen des European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction zufolge, ist demnach eine Prävalenz des gefährlichen Opioidkonsums von 0,4 % gegeben. Zusätzlich wurde eine sinkende Anzahl der sich selbst in Behandlung begebenden Konsumenten sowie ein steigendes Durchschnittsalter der Opioidkonsumenten ermittelt. (Häbel & Gutwinski, 2018, S. 647–648)

Ein Risiko für die hohe Anzahl an Personen mit einer Schmerzmittelabhängigkeit stellt die steigende Verordnung opioidhaltiger Analgetika dar. Während die Zahl der verabreichten Tagesdosen in Deutschland 2006 bei 318 Millionen lag, betrug sie im Jahr 2018 bereits 422 Millionen. Dies zeigte der durchgeführte Arzneiverordnungs-Report 2019. (Radtke, 2020)

Medikamentenabhängigkeit

Der ICD-10 bezeichnet ein Abhängigkeitssyndrom als Gruppe aller körperlichen Verhaltens- oder Kognitionsphänomene, bei denen die Person den Konsum bestimmter Substanzen anderen Verhaltensweisen, die früher wichtiger erschienen, den Vorrang gibt. Als Hauptmerkmal wird der übermäßige Wunsch des Medikamentenkonsums angesehen. Eine Diagnose nach dem ICD-10 wird erst gegeben, wenn die nachfolgenden Kriterien über einen Zeitraum von zwölf Monaten präsent waren. Diese Kriterien sind neben dem starken Drang des Medikamentenkonsums eine reduzierte Kontrollfähigkeit über den Substanzkonsum und körperliche Entzugssyndrome. Als weitere Punkte sind eine steigende Toleranz bezüglich der Substanzeffekte, ein eingeschränktes Verhaltensmuster im Medikamentenumgang sowie ein Fortführen der Einnahme trotz dem Wissen über die negativen Konsequenzen zu nennen. (Elsesser & Sartory, 2001, S. 4–5)

Ursachen des Missbrauchs

Die Ursachen eines Medikamentenmissbrauchs umfassen neben einer Linderung der bestehenden physischen Symptome ebenso Motive auf psychologischer Ebene. Als Hauptmotiv gilt hierbei die Abschaffung primärer negativer psychischer Probleme, wie z. B. Schmerzen, Ängste oder Depressionen. Ebenso ist die Beseitigung sekundärer psychischer Symptome ein Motiv. Dies ist der Fall, wenn zusätzlich zu einem bestehenden psychischen Problem eine Behandlung körperlicher Schmerzen erfolgt, welche sich auch stimmungsaufhellend auswirkt und aus diesem Grund weiter fortgesetzt wird. Ein weiterer Punkt bezieht sich auf die euphorisierende Wirkung opiathaltiger Analgetika. Das letzte Motiv beinhaltet zum einen eine direkte Leistungssteigerung und die indirekte Leistungssteigerung in Form von Missbrauch von Schlaf- und Beruhigungsmitteln, um sich nachts für den nächsten Tag zu regenerieren. (Glaeske & Holzbach, 2015, S. 23–24)

Hinweisende Faktoren seitens der Betroffenen

Eine Opiodabhängigkeit wird durch Hinweise seitens des Konsumenten signalisiert. Oftmals erfolgt eine Konsultierung mehrerer Ärzte gleichzeitig, um den Erwerb zentral wirksamer Medikamente zu erhöhen. Ebenso ist häufig eine Fälschung des Rezeptes oder ein Vortäuschen eines verlorenen Rezeptes zu beobachten. Mit einer zunehmenden Abhängigkeit werden die Opiate bevorzugt mittels Injektionen selbstständig verabreicht und Ratschläge seitens der Ärzte zur Reduktion der Dosis zum Schutz vor weiteren psychischen oder physischen Nebenwirkungen werden ignoriert. Als weniger deutliche Hinweise gelten neben einem vehementen Verlangen nach einer andauernden Dosiserhöhung das Verschweigen bereits auftretender psychischer Symptome sowie die zusätzliche Einnahme weiterer nicht mit dem Arzt besprochene Stimulanzien. (Soyka, 2016, S. 29)

Präventive Maßnahmen

Um einer Schmerzmittelabhängigkeit vorzubeugen, ist die Einhaltung bestimmter Präventionsmaßnahmen von Bedeutung. Ein wichtiger Punkt ist eine gesunde Lebensführung mit einer Stressvermeidung, welche eine Schmerzbereitschaft anregt. Weiters ist es wichtig, bei stärkeren Schmerzen, die über einen längeren Zeitraum bestehen, einen Arzt aufzusuchen anstelle der sofortigen Selbstbehandlung durch rezeptfreie Analgetika. Die im Anschluss vom Arzt verordneten Präparate sollten in den vorgeschriebenen Mengen eingenommen werden, um eine Überdosierung oder eine folgende Abhängigkeit zu vermeiden. Des Weiteren ist es von Vorteil, einen angemessenen Umgang mit den Schmerzen zu erlernen, denn Ängste vor einem möglichen Schmerzerleben steigern die Schmerzempfindlichkeit, welche durch Sport gesenkt werden kann, weiter. (Fritzsche, 2018, S. 110–111)

Therapie

Bei Bestehen einer Medikamentenabhängigkeit ist eine adäquate psychologische Therapie durchzuführen. Grund für die Inanspruchnahme psychotherapeutischer Hilfe ist seitens der Patienten meist nicht der Schmerzmittelabusus selbst, sondern die zugrundeliegenden psychischen bzw. psychosomatischen Beschwerden, wie beispielsweise Schmerzen, Ängste oder die damit verbundenen Schlafstörungen. Aus diesem Grund ist es Ziel der Therapie, neben der Behandlung der psychischen Beschwerden, mittels einer Psychoedukation alternative Bewältigungsstrategien zur Opioideinnahme zu vermitteln. Zentrale Ansätze der Therapie sind demnach zum einen der Entzug von den abhängigen Medikamenten und zum anderen die Vermittlung von Bewältigungsmöglichkeiten mit den Entzugssymptomen und die Behandlung des Abusus zugrundeliegenden psychischen Symptome. (Elsesser & Sartory, 2018, S. 379)

Fazit

Trotz der bestehenden Therapieangebote liegt die Abstinenzrate bei nur 50 % und ist somit gleichauf mit der Abbruchsrate von 30 – 50 %. Somit ist eine weitere Forschung im Bereich der Medikamentenabhängigkeit und des -missbrauchs notwendig. (Elsesser & Sartory, 2018, S. 388)

 

 

Literatur

Elsesser, K. & Sartory, G. (2001). Medikamentenabhängigkeit (Fortschritte der Psychotherapie, Band 12). Göttingen: Hogrefe Verlag für Psychologie.

Elsesser, K. & Sartory, G. (2018). Medikamentenabhängigkeit. In J. Margraf & S. Schneider (Hrsg.), Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 2. Psychologische Therapie bei Indikationen im Erwachsenenalter (4., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage, S. 369–389). Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg.

Fritzsche, S. (2018). Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit. In S. Fritzsche (Hrsg.), Kein Zug nach Nirgendwo. Unstillbares Verlangen ist überwindbar (10. Aufl., S. 1–147). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.

Glaeske, G. & Holzbach, R. (2015). Medikamentenabhängigkeit (Suchtmedizinische Reihe, Band 5). Hamm: DHS. Zugriff am 07.07.2020. Verfügbar unter https://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/pdf/Broschueren/Suchtmed_Reihe_5_Medikamente.pdf

Häbel, T. & Gutwinski, S. (2018). Opioide. In M. v. Heyden, H. Jungaberle & T. Majić (Hrsg.), Handbuch Psychoaktive Substanzen (SpringerLink, S. 643–657). Berlin: Springer.

Radtke, R. (2020). Verordnungen opioidhaltiger und nicht-opioidhaltiger Analgetika bis 2018. Hamburg: Statista. Zugriff am 07.07.2020. Verfügbar unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/709769/umfrage/menge-verordneter-analgetika-in-deutschland/

Soyka, M. (2016). Medikamentenabhängigkeit. Entstehungsbedingungen Klinik Therapie ; mit 14 Abbildungen und 42 Tabellen (1. Aufl.). Stuttgart: Schattauer.

 

 

Beitragsbild von Emilian Danaila auf Pixabay, https://pixabay.com/de/photos/h%C3%A4nde-man-arzneimittel-medikation-1903104/

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