bild-2

Es gibt bei jedem Menschen Tage und Wochen in denen man den Eindruck hat, dass alles schief läuft und wir ignorieren dann gerne sämtliche positiven Aspekte und möchten einfach alles hinter uns lassen. Gerade wenn man sich in solch einer herausfordernden Lebensphase befindet oder aber auch die täglichen Herausforderungen des Lebens besser verstehen möchte, kann man im Schreiben eine Art Eigentherapie entdecken, die Manchem schon große Erleichterung verschafft hat.

Wenn wir mit anderen Menschen über Erfahrungen oder belastende Ereignisse sprechen, geht es uns oftmals besser, denn uns fallen Lösungen ein und unsere Betrachtungsweise kann sich ändern.[1] Leider werden solch persönliche offene Gespräche in der heutigen Zeit immer weniger praktiziert zum einen, aus Mangel an Zeit und zum anderen aus Selbstschutz. Gefühle vor anderen  oder schwache Seiten zu zeigen, das trauen sich Menschen immer weniger. Wer will sich schon blamieren oder angreifbar machen, in einer Welt in der scheinbar nur der Perfekte bestehen und erfolgreich sein kann?[2] Manch einer wünscht sich da einen  ruhigen Ort, an dem man seinen Gedanken und Gefühlen freien Lauf lassen kann. Seit jeher kennen Menschen intuitiv die Heilkraft der Worte, denn nicht umsonst sind in stillen und schwierigen Stunden unzählige Tagebücher geschrieben worden. Man denke nur beispielhaft an die bekannten Werke wie Das Tagebuch der Anne Frank oder Franz Kafkas Briefe an den Vater.[3]

Expressives Schreiben als Selbsthilfetechnik

Expressives Schreiben (ES) hat seinen Ursprung in Amerika,  in den achtziger Jahren und geht auf die Arbeit des Psychologieprofessors Dr. James Pennebaker  zurück. Er erforschte den Zusammenhang zwischen Gesundheit und Schreiben, welche er sowohl durch seine eigenen positiven Erfahrungen mit kreativem, emotionalen Schreiben und erstmals durch eine Studie mit
50 Studenten (Pennebaker u. Beal 1986) belegte. Dies führte zu der Arbeitshypothese, dass das sich emotionale Öffnen und tiefe Gefühle und Gedanken zum Ausdruck zu bringen, bei den Menschen eine positive Auswirkung auf ihre Gesundheit hat.[4]  Zwischenzeitlich existieren zahlreiche Studien von unterschiedlichen Wissenschaftlern, mit verschiedensten Versuchsgruppen, welche diese Hypothese immer wieder bestätigt haben und die positiven Effekte des ES für körperliche und seelische Gesundheit belegen.[5] ES hat sich zwischenzeitlich als eine der am besten untersuchten Techniken zur Selbsthilfe  entwickelt.  Diese Methode hat sich bewährt, um mit Ängsten, Belastungen und persönlichen Krisen leichter umzugehen und dadurch diese Gefühle und auch sich besser verstehen zu lernen.[6]

 

Wie genau geht diese Form des Schreibens?

Beim ES handelt es sich einfach umschrieben um das Aufschreiben der eignen, tiefgreifenden persönlichen Gedanken, bei dem aber die üblichen Regeln wie Rechtschreibung, Schreibstil und Zeichensetzung gänzlich unwichtig sind.  Es geht vielmehr nur darum, all das zu notieren, was einem gerade beschäftigt. Dadurch sollen die eigenen Gedanken und Gefühle geordnet, Einsichten gewonnen, neue Zusammenhänge erkannt und Perspektiven aufgezeigt werden. Besonders hilfreich hat sich dabei erwiesen, das Erlebte in eine erzählerische Struktur in Form einer Geschichte einzubetten. Zudem ist es vorteilhaft, auch zeitweise die Blickrichtung zu ändern oder die Perspektive zu wechseln, indem man in der dritten Person schreibt. Es spielt keine Rolle, ob man mit der Hand oder auf einer Tastatur schreibt, man sollte  sich aber unbedingt die eignen Emotionen eingestehen und diese möglichst offen ausdrücken. Falls man nicht schreiben will oder kann, ist es auch möglich ein Tonträger zu besprechen. Wichtig ist es außerdem, sich selbst nicht unter Druck zu setzen oder zu beurteilen, es geht nicht darum einen Literaturpreis zu gewinnen, sondern für sich persönlich bedeutungsvolle Erkenntnisse zu erlangen. Beginnen kann man einfach indem man sich einen ruhigen Platz sucht, an welchem man an drei bis fünf aufeinander folgenden Tagen für ca. 15 Minuten über ein Thema schreibt, dass einen emotional belastet. Nach sehr einschneidenden schwerwiegenden Ereignissen empfiehlt der Begründer, James  Pennebaker, erst nach einem zeitlichen Abstand von mindestens ein bis zwei Monaten mit dem Schreiben zu beginnen und nichts zu erzwingen. Beim Auftreten von sehr starken, aufwühlenden Gefühlen empfiehlt er, in diesen Momenten dann lieber mit dem Schreiben aufzuhören und  an einem anderen Tag  weiter zu machen.

Abschließend ist anzumerken, dass das ES sehr hilfreich zur Problembewältigung ist, Stress lindert und neue Sichtweisen erschließt und für jede Person einen anderen Stellenwert darstellt  aber selbstverständliche keinen Ersatz für eine Psychotherapie darstellt.[7]

 

Weitere ausführlichere Literatur dazu:

  • James Pennebaker: Heilung durch Schreiben. Ein Arbeitsbuch zur Selbsthilfe. Huber Verlag.
  • Silke Heimes: Schreib dich gesund: Übungen für verschiedene Krankheitsbilder: Vandenhoeck & Ruprecht Verlag.

[1] Vgl. www.dasgehirn.info, (08.09.2016).

[2] Vgl. www.angst-panik-hilfe.de, (08.09.2016).

[3]Vgl. www.zeit.de, (09.09.2016).

[4] Vgl. Vopel, K.W.: 2006, S. 9.

[5] Vgl. Schubert, C.: 2011,S. 247.

[6] Vgl. www.zeit.de, (09.09.2016).

[7] Vgl. www.zeit.de, (09.09.2016).

Teile diesen Artikel