By Published On: 25. April 2025Categories: Digitalisierung, Inklusion

Die tägliche Internetnutzung in Deutschland beträgt laut ARD/ ZDF Medienstudie von 2024 fünf Stunden und 22 Minuten. Rund 95% der deutschsprachigen Bevölkerung nutz das Internet zumindest selten, die tägliche Nutzung wurde anhand der Studie im Erhebungsjahr mit 79% belegt (in Statista: ARD & ZDF 17. September 2024). Durch die stetig zunehmende Digitalisierung und Globalisierung stellt das Internet und die sozialen Medien einen immensen Aspekt der Teilhabe dar (Zepperitz, 2023, S. 55).

Internetnutzung – Fakten

Die UN-Behindertenrechtkonvention fordert in ihrer Umsetzung gleichberechtigte Teilhabe für Menschen mit Beeinträchtigungen, in allen Lebensbereichen. Diese Gleichberechtigung schließt auch das Recht auf Zugang zu Technologien, Informationen, Politik, Kommunikationsmöglichkeiten und die vollständige Teilhabe am kulturellen und öffentlichen Leben ein (Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, 2017). Die Nutzung der sozialen Medien wie WhatsApp, Facebook, Instagram oder Twitter, etc. spielt eine bedeutende Rolle in den Lebenswelten, egal ob Beruf, Hobby oder Freizeit, in Partnerschaften und beim Shoppen. Der Anteil der Personen in Deutschland, die das Internet zur Teilnahme an sozialen Netzwerken genutzt haben, lag im Jahr 2024 bei 58 Prozent (Eurostat, 17. Dezember 2024). Laut der ARD/ZDF-Onlinestudie 2024 war Instagram unter den 14- bis 29-Jährigen das meistgenutzte soziale Netzwerk in Deutschland. Nach dieser Umfrage nutzten 82 Prozent der Befragten dieser Altersgruppe die App.

Internet und Teilhabe, gesetzliche Regelung und damit läuft’s?

Zugang und Barrierefreiheit für die Internetnutzung wird von Rechtswegen gefordert und die Entwicklung überprüft. Ab Mitte 2025 gilt für Websites und Apps eine gesetzliche Pflicht zur Barrierefreiheit. Diese regelt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) (Aktion Mensch o. J.). Wie gestaltet sich aber die Teilhabe für Menschen mit Beeinträchtigung in der Intelligenzentwicklung? Die Teilhabe an barrierefreien Zugängen ist ein Novum, welches hart erkämpft wurde und die Durchsetzung zwar zögerlich, dennoch stetig stattfindet. Das große World Wide Web, unbegrenzt chatten und posten, einkaufen und streamen, etc. Ein großer Gewinn für viele, für die Gleichberechtigung auf jeden Fall. Doch wie sieht es da mit Aufklärung aus? Wer erklärt diese plötzlich uneingeschränkte und beeindruckende Welt den Menschen, die in ihrer Intelligenz- und oft auch Emotionsentwicklung abweichend der Norm sind? Menschen, die Handys, KI, Fernseher, und weitere elektronische Endgeräte technisch bedienen, Inhalte aber nicht überprüfen können? Neben den vielen Vorteilen der digitalen Welt dürfen die Gefahren nicht ignoriert werden. Spam und Fishing, Schadprogramme, Preisgabe persönlicher Daten, teure Downloads und Cyber-Mobbing seinen als Beispiele genannt (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik o. J.).

Soziale Medienkompetenz als Novum, in einer digitalen Welt

Um einen möglichst sicheren Umgang mit der digitalen Welt erleben zu können, sollte neu gedacht werden. Besonders Menschen mit Störung in der Intelligenzentwicklung, die in Einrichtungen leben und strukturbedingt wenig Möglichkeiten haben, Erfahrungen zu sammeln, können durch strukturierte Internetgruppen Medienkompetenz erlangen. Eine mögliche Gruppe nach Lioba Grünfelder (in: Zepperitz, 2023, S. 57-65) sollte vier bis sechs Personen groß, die Altersstruktur zwischen 18-35 Jahren und sprachlicher Austausch möglich sein. Die Teilnehmenden sollten Interesse am Thema zeigen und sich mindestens auf dem Stand SEED-Phase 4 befinden. Das Angebot stellt sich Lioba Grünfelder in sieben Modulen vor, welche: Einstieg, Kommunikation, Beziehungen, Datenschutz, Unterhaltung, Informationsbeschaffung und Sexualität im Internet, beinhalten. Übergeordnete Ziele des Angebots sind unter anderem: Gefühle kennen und benennen, Situationen einfach und mit Unterstützung reflektieren und nachbesprechen, eigene Interessen und Bedürfnisse kennen und darstellen, Abgrenzung und persönliche Räume kennenlernen, Sicherheit im Umgang mit dem Internet und in sozialen Medien erlangen (Grünfelder, in: Zepperitz, S. 2023, S. 57-65).

Fazit

Ein großer Schritt in die richtige Richtung, Bedingungen schaffen, damit alle teilhaben können. Für viele Menschen mit Beeinträchtigungen wird sich meines Erachtens nach die Lebensqualität verbessern und mehr Selbstbestimmung und auch Selbstwirksamkeit eine positive Wirkung haben. Die unendlichen Möglichkeiten des WWW bringen viele Erleichterungen und werden durch fortschreitende Technologien sicher noch viele Barrieren abbauen. Sei es, das weitere Apps zur Unterstützung entwickelt werden, Formulare und Anträge von unterschiedlichsten Orten aus bearbeitet werden können, Vorlese- und Diktierfunktionen das Leben erleichtern oder auch Sprach- oder bspw. Augengesteuerte Hilfsmittel vermehrt Einsatz finden.

Der Umstand, das mit Umsetzung der Forderungen der UN-BRK und dem Einzug des Internets quasi doppelt eine „neue“ Welt entstanden ist, überfordert besonders in den Bereichen von Menschen mit Intelligenzminderung. Weder die Betreuenden noch die Assistenznehmer sind derzeit annähernd geschult, den sicheren Umgang mit den digitalen Medien zu gestalten. Auch wenn die Betreuten auf Erfahrungswerte, was die Bedienung elektrischer und digitaler Medien betrifft, zurückgreifen können, fehlt ihnen Erfahrung im Umgang mit Chats, Posts, Datenschutz, etc. Nicht selten erleben Betreuende herausfordernde Situationen aufgrund fehlinterpretierter Sprach- oder Emoji -Nachrichten, Bestellvorgänge, die nicht gegenfinanziert sind, oder Erhalt unerwünschter Nachrichten, nur um einige zu nennen. Die Assistenzleister zeigen sich mit der Situation oftmals überfordert und sind auch zeitlich nicht in der Lage, intensive Aufklärungsgespräche zu führen. Fehlende Aufklärung könnte nach meiner Meinung durch extern installierte Gruppenangebote (wie oben beschrieben) stattfinden und einen großen Anteil zur teilhabebereichernden Nutzung der digitalen Welt für Menschen mit Assistenzbedarf beitragen.

Literaturnachweis

Aktion Mensch. Barrierefreie Website: Pflichten und Fristen. Zugriff am: 31.03.2025, unter: https://www.aktion-mensch.de/inklusion/barrierefreiheit/barrierefreie-website/gesetzliche-pflichten

ARD& ZDF , 17. September 2024. Anteil der Internetnutzer in Deutschland in den Jahren 1997 bis 2024 in Statista, Zugriff am 31.03.2025 unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/36009/umfrage/anteil-der-internetnutzer-in-deutschland-seit-1997/

Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen. (November 2018). Die UN-Behindertenrechtskonvention, Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Berlin

Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Zugriff am 31.03.2025, unter: https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/Verbraucherinnen-und-Verbraucher/Informationen-und-Empfehlungen/Cyber-Sicherheitsempfehlungen/Kinderschutz-im-Internet/Risiken-und-Schutzmassnahmen-fuer-Kinder-im-Internet/risiken-und-schutzmassnahmen-fuer-kinder-im-internet_node.html.

Eurostat, 17. Dezember 2024. Anteil der Personen in Deutschland die das Internet zur Teilnahme an sozialen Netzwerken genutzt haben, in den Jahren 2013 bis 2024. In: Statista, Zugriff am 31.03.2025 unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/533203/umfrage/anteil-der-nutzer-von-social-networks-in-deutschland/

Grünfelder, L. (2022). Soziales Kompetenztraining im Internet und in sozialen Medien. In: Zepperitz, S., Was braucht der Mensch? Entwicklungsgerechtes Arbeiten in Pädagogik und Therapie bei Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen,Göttingen, Hofgrefe Verlag

Titelbildquelle:

Titel: Bild von Joao Queiroz, Netzwerke-Technologie, veröffentlicht 09. August 2022, Zugriff am: 01.04.2025, unter: https://pixabay.com/de/photos/netzwerke-technologie-app-instagram-7369731

Nutzungsbedingungen: https://pixabay.com/de/service/license-summary/

Teile diesen Artikel