By Published On: 18. Januar 2024Categories: Digitalisierung, Pädagogik

Für 84% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland gehört das Internet zum Alltag. 2022 verbrachten Kinder und Jugendliche im Durchschnitt täglich 204 Minuten online, 22% der Kinder zwischen sechs und neun Jahren, verbrachten täglich mehr als eine Stunde in sozialen Netzwerken (Lohmeier, 2023). Die Nutzung des Internets gehört bei Kindern und Jugendlichen zum Alltag, wie Freunde zu treffen (Bieri, 2020).  Soziale Netzwerke sind heutzutage für Kinder und Jugendliche, aber auch für Erwachsene nicht mehr wegzudenken. Für die Kinder und Jugendlichen in Deutschland ist in allen Altersgruppen Youtube das meistgenutzte Netzwerk, dicht gefolgt von Tiktok und Instagram. Das Senden von Nachrichten ist die beliebteste Beschäftigung, die zweithäufigste Aktivität Videos oder Filmen schauen (Lohmeier, 2023). Doch welche Gefahren birgt die tägliche Nutzung der sozialen Medien? Welche Auswirkungen könnte sie auf das Leben der Kinder und Jugendlichen haben? Diese Fragen möchte ich in diesem Beitrag näher erläutern.

Zu den Sozialen Medien gehören Plattformen, wie Instagram, Snapchat, Tiktok, Facebook und ähnliche. Auf diesen Plattformen findet ein reger Austausch untereinander statt und Teilnehmer können Bilder und Videos posten und die Beiträge anderer liken und kommentieren. Während sich Kinder und Jugendliche in der Entwicklung befinden, nehmen unterschiedliche Dinge Einfluss auf deren körperliche und kognitive Entwicklung. Sie orientieren sich an Werten und Normen der Gesellschaft. So werden Kinder und Jugendliche von unterschiedlichsten Einflüssen geprägt und geformt. Heutzutage kommen die Sozialen Medien als zusätzlicher Einflussfaktor hinzu. Dort werden Umgangs- und Verhaltensformen dargestellt, die Kindern und Jugendlichen als Inspiration für ihre Identitätsentwicklung dienen können (Bieri, 2020).

Social Media und psychische Gesundheit

Laut dem AOK-Bundesverband (2021), wurde in mehreren Studien bewiesen, dass ein Zusammenhang zwischen der Intensität der Nutzung der Sozialen Medien und dem Auftreten von Depressionen besteht. Hier ist unter anderem einer Studie der Universitäten Pittsburgh und Arkansas genannt. In dieser wurden 1.289 Studierende zwischen 18 und 30 über sechs Monate beobachtet. Es gaben anfangs 990 Teilnehmer an, nicht an Depressionen zu leiden. Nach den sechs Monaten konnten bei 95 der 990 Teilnehmer depressive Symptome festgestellt werden. Die Ergebnisse legen nahe, dass diese depressiven Symptome mit der Nutzung der sozialen Medien zusammen hängen könnten. Das Viertel der Probanden, mit der meisten Mediennutzung zu Studienbeginn hatte im Vergleich zum Viertel mit der geringsten Nutzung ein 2,8-fach erhöhtes Risiko eine Depression zu entwickeln (AOK-Bundesverband, 2021).

Sozialer Vergleich

Hinzu kommen weitere negative Effekte, wie der soziale Vergleich untereinander. 40% der Teilnehmer einer Befragung des AOK-Bundesverbandes (2023) gaben an, den Druck zu verspüren, durch die auf Social Media präsenten „Influencer*innen“ schöner, erfolgreicher und besser werden zu müssen. Da es so viele vermeintlich perfekte Persönlichkeiten in den sozialen Medien gibt, wird das Selbstbild der Kinder und Jugendlichen verzerrt und in Frage gestellt, da sie sich ständig mit den idealisierten Wunschbildern vergleichen. Laut der Befragung trifft dies besonders auf 14- bis 15-jährige Personen zu. Sie lassen sich stark von ihren Idealen beeinflussen. Den Jugendlichen wurde in der Befragung ein attraktives Modell gezeigt und daraufhin gaben lediglich 16% der Befragten an, sich selbst als attraktiv einzustufen. Eine weitere Befragung offenbarte, dass fast alle (97%) ihre Fotos, die sie in die sozialen Medien stellen wollen, bearbeiten. Fast jeder dritte verwendet „Beauty-Filter“, um die Gesichtshaut und die Form des Gesichtes zu optimieren. Da die Kinder und Jugendlichen täglich mit bearbeiteten, retuschierten Fotos konfrontiert werden, nehmen sie sich weniger schön und erfolgreich wahr (AOK- Bundesverband, 2023).

Dr. Carola Reimann, die Geschäftsführerin des AOK- Bundesverbandes fordert rechtliche Regelungen, um die Kennzeichnungspflicht für retuschierte Werbebilder und die Verwendung von Beauty-Filtern verpflichtend einzuführen (Reimann, 2023). Reimann sagte außerdem: „Es geht nicht darum, soziale Netzwerke zu verteufeln, sondern darum, einen entsprechenden Umgang damit zu finden und die Verbindung zur Realität nicht zu verlieren. Jugendlichen muss klar sein, dass das, was sie auf Social Media sehen, nicht die Realität ist“ (Reimann, 2023).

Hinzu kommt der Vergleich der materiellen Besitztümer, des Erfolgs und eines vermeintlich perfekten Lebens. Meistens zeigen Influencer*innen einen materialistischen Lebensstil mit luxuriösen Reisen, teurer Mode und Kosmetik. Einem perfekten Lifestyle. Der Vergleich mit solchen Menschen löst bei vielen Selbstzweifel aus (Werg & Cerny, 2019). Das beeinflusst wiederum das Konsumverhalten der Kinder und Jugendlichen. Laut Werg & Cerny (2020), gibt die Hälfte der Befragten 14- bis 19-Jährigen einer Studie an, in den letzten zwölf Monaten ein Produkt gekauft oder eine Dienstleistung in Anspruch genommen zu haben, weil ein Influencer dafür Werbung gemacht hatte.

Social Media bietet auch Vorteile:

Allerdings bietet die Nutzung von Social Media Plattformen auch Vorteile. Dazu gehören zum Beispiel die Persönlichkeits- und Identitätsentwicklung. Kinder und Jugendliche können sich in der digitalen Welt ortsungebunden entfalten, ausprobieren und entwickeln. Heute entspricht die digitale Welt einer Peer Group. Sie können sich ortsgebunden verwirklichen, wenn sie sich in ihrer Umgebung nicht wohlfühlen. Die digitale Welt bietet die Chance durch eine höhere Reichweite mehr Rückmeldung zu bekommen (Jarosz, 2020).

Was wir mitnehmen können

Kinder und Jugendliche verbringen täglich Zeit in den sozialen Medien und werden dort mit vermeintlich perfektem Aussehen, Körpern und makellosen Lebensstilen konfrontiert. Die übermäßige Nutzung von Social Media und der tägliche Vergleich sowie das starke Bearbeiten und Filtern der eigenen Bilder führt zu einer negativen Beeinflussung des Selbstbildes, des Selbstwertgefühls und zu einer Verzerrung der wahrgenommen Realität. Dadurch können Depressionen und andere Erkrankungen ausgelöst werden. Andererseits bieten die sozialen Medien auch Vorteile. Kinder können ihre Identität entwickeln und sich unabhängig von ihrem Standort entfalten. Die Gefahren der sozialen Medien könnten minimiert werden, wenn Kinder und Jugendliche dabei unterstützt würden, die Inhalte auf sozialen Medien kritisch zu hinterfragen und das Selbstbewusstsein und ihr positives Selbstbild zu stärken. Lassen Sie uns gemeinsam einen positiven Einfluss auf den Umgang unserer Kinder und Jugendlichen mit sozialen Medien ausüben. Durch offene Kommunikation, Bildung, Zeitmanagement und Vorbild sein können Eltern und Lehrende sicherstellen, dass Kinder die digitale Welt verantwortungsbewusst und gesund nutzen. Die Verantwortlichen können ihre Kinder ermutigen, eine gesunde Balance zwischen Online- und Offline-Welt zu schaffen und ihnen in dieser Hinsicht als Vorbild zur Seite stehen.

Quellenverzeichnis

AOK- Bundesverband. (2023). AOK-Umfrage: Social Media verzerrt Selbstbild junger Menschen.

Bieri, V. (2020). Jugend, Medien und Deliquenz. Der Einfluss neuer Medien auf die Straffälligkeit von Jugendlichen. Olten: Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW.

Bitkom. (9. Juni, 2022). Anteil der befragten Kinder und Jugendlichen, die folgende soziale Netzwerke nutzen, nach Altersgruppen in Deutschland 2021 [Graph]. In Statista. Zugriff am 18. Oktober 2023, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/298176/umfrage/umfrage-zur-nutzung-sozialer-netzwerke-durch-kinder-und-jugendliche/

Jarosz, D. (2020). Wie soziale Medien das Selbstbild Jugendlicher beeinflussen. Verfügbar unter: https://www.apomio.de/blog/artikel/wie-soziale-medien-das-selbstbild-jugendlicher-beeinflussen. Letzter Zugriff: 10.11.2023

Werg, J, & Cerny,L. (2020). Der Einfluss von sozialen Medien und Influencer/innen am Beispiel einer Wettbewerbskonzeption. Ökologisches Wirtschaften, 2 (35).

Bildnachweis:

Foto von Ron Lach von Pexels: https://www.pexels.com/de-de/foto/surfen-internet-sitzung-gerate-9785024/

Teile diesen Artikel