Traumatisierte Kinder und Jugendliche stehen oft vor der Herausforderung, ihre belastenden Erfahrungen zu verarbeiten, was tiefgreifende Auswirkungen auf ihre Entwicklung und ihr Verhalten haben kann. Der Blogbeitrag untersucht, wie traumapädagogische Ansätze helfen können, Vertrauen aufzubauen und die emotionale Selbstregulation zu fördern. Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen, ihre Erfahrungen verarbeiten zu können und ihre sozialen Kompetenzen zu stärken.

Grundlagen der Traumapädagogik

Die Basis der Traumapädagogik bildet die Haltung des Pädagogen. Unter Haltung werden dabei die Werte verstanden, welche der Pädagoge für seine Arbeit als wichtig erachtet und die seine Arbeit maßgeblich beeinflussen. Hierbei geht es um die Art, wie er mit seinen Klienten kommuniziert und wie er sie selbst als Bestandteil der Lösung der Probleme erachtet. Außerdem ist es durch eine gute Haltung möglich sich von den teilweise belastenden Fällen innerhalb der Traumapädagogik abgrenzen zu können und die Distanz zu den Klienten zu wahren. Um nun auch eine Haltung annehmen zu können, welche besonders auf traumatisierte Kinder und Jugendliche ausgerichtet ist, ist es wichtig, dass die Pädagogen fachgerecht und umfangreich über das Thema „Trauma“ informiert werden, um in entsprechenden Situationen angemessen reagieren zu können.

Was ist ein Trauma?

Unter einer posttraumatischen Belastungsstörung werden ein oder mehrere belastende Ereignisse verstanden, welche auch nach einiger Zeit noch starke Beeinträchtigungen für die Betroffenen darstellen. So gehört zu der Symptomatik beispielsweise das Wiedererleben der Ereignisse durch Flashbacks oder Albträume. Aufgrund von extrem intensiven Gefühlen, welche mit den Erinnerungen verbunden sind, werden häufig Situationen, Gedanken oder auch Personen gemieden, welche die Betroffenen an das Ereignis erinnern könnten (Pausch 2017, S.7).

Dabei kann es auch Jahre später noch zu einer Reaktivierung des Traumas oder sogar einer Retraumatisierung kommen. Deshalb ist es wichtig, die Grenzen der Betroffenen nicht zu überschreiten und ihnen immer das Gefühl zu geben, Kontrolle über die Situation zu haben. Traumasensibles Arbeiten ist nicht nur im Umgang mit Kindern und Jugendlichen von großer Bedeutung, sondern auch beispielsweise im medizinischen Bereich und in Pflegeberufen. Auch hier sollten die Pflegekräfte das Verhalten ihrer Patienten immer unter der „Annahme des guten Grundes“ (Weidinger 2022, S.54) wahrnehmen und einordnen, um ihnen mit Respekt und Wertschätzung begegnen zu können (Weidinger 2022, S.52-55).

Kinder, welche bereits in früher Kindheit traumatisiert wurden, haben sich häufig ungewöhnliche Verhaltensmuster angeeignet um beispielsweise mit Triggern umgehen zu können. Diese Verhaltensweisen müssen durch die Pädagogen als erlerntes Verhalten erkannt werden, welche den Kindern in der Vergangenheit im schlimmsten Fall das Leben gerettet haben. Sie sind als Überlebensstrategien und Regulierungsversuche zu betrachten und von den Pädagogen muss erwartet werden, dass sie bereit sind das Verhalten des Kindes als begründet zu betrachten. Diese negativen Denk- oder Verhaltensmuster sind lebensgeschichtlich geprägt und in der Vergangenheit von großer Bedeutung gewesen, da viele traumatisierte junge Menschen sich deutlich häufiger in fight-flight-or-freeze Situationen befunden haben als nicht traumatisierte Kinder. Dies ist ein Mechanismus der bei extremem Stress entsteht und noch aus Zeiten der Steinzeit über geblieben ist, um das Überleben zu sichern. Der menschliche Körper gerät hierbei in einen Ausnahme-Modus bei dem zwischen Kampf, Flucht oder Einfrieren (also erstarren in der Situation) entschieden wird. Der Körper stellt hierfür die benötigten Ressourcen zur Verfügung. In solchen Situationen befinden sich die Kinder und Jugendlichen in einer Ausnahmesituation und reagieren deshalb für Außenstehende vielleicht unangemessen.

Dabei ist es wichtig, dass die Fachkräfte nicht mit den Handlungen einverstanden sein müssen, aber dennoch in der Lage sein müssen, den Kindern und Jugendlichen mit Respekt, Wertschätzung und Achtung zu begegnen und die Verhaltensweisen nicht als absichtliche Störung interpretieren dürfen. Die Kinder nutzen ihre Verhaltensweisen nicht um andere Kinder oder Erwachsene zu stören, sondern aus guten Gründen, welche in ihrer Vergangenheit liegen. Für die Kinder sind die Verhaltensweisen sinnvoll, auch wenn sie bei anderen Irritationen auslösen. Um als Institution einen sicheren Ort für die Kinder bilden zu können, ist es entscheidend, dass das Verhalten der Fachkräfte transparent und vorhersehbar ist. Aus ihrer Vergangenheit sind sie es oft gewohnt, dass sie die Handlungen und Gefühle der Erwachsenen nicht verstehen können und ihr Verhalten für sie überraschend und unvorhersehbar ist. Eine klare Kommunikation mit Transparenz und Vorhersehbarkeit der eigenen Handlungen ist entscheidend in der Traumapädagogik und gibt den Kindern Sicherheit. Dadurch wirken die Vertrauenspersonen klar und authentisch. Mit einer wertschätzenden Haltung können sie den Kindern in angespannten Situationen vermitteln, dass ihre Gefühle in Ordnung sind und gefühlt werden dürfen. Sie können die Kinder dabei unterstützen, Wege zu finden, ihren Gefühlen Raum zu geben, ohne sich oder andere zu gefährden oder sich hilflos zu fühlen. Im Alltag in Tages- und Wohngruppen ist es außerdem wichtig, den Kindern Möglichkeit zur Partizipation zu geben. Dadurch fühlen sie sich nicht nur gesehen und wertgeschätzt, sondern verlieren auch das Gefühl der Ohnmacht, welches in der Vergangenheit wahrscheinlich häufig präsent war.

Neben der Haltung der Fachkräfte, der Kommunikation und der Gestaltung der Institution ist es auch wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen gemeinsam mit den Fachkräften neue Erfahrungen sammeln können und mit ihnen auch Freude erleben. Hierbei können sie auch neue Lernerfahrungen sammeln und lernen, dass sie ein wertvoller Teil einer Gruppe sind, wertgeschätzt werden mit ihren Gefühlen und Bedürfnissen und, dass sie sich sicher fühlen können. Auf diese Weise können sie lernen, sich selbst besser zu verstehen und Selbstwirksamkeit erfahren (Staub und Seidl 2024, S.3-24).

Neben dem medizinischen Bereich wird traumasensible Pädagogik auch in Schulen von immer größerer Bedeutung, vor allem in der Integration. Im Umgang mit geflüchteten Mitschülern kommt es häufig zu einer Auseinandersetzung mit dem Thema Trauma in Schulen, Kindergärten und auch in der sozialen Arbeit. Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen können die Lehrkräfte dafür sensibilisieren, wie sie am besten mit traumatisierten Schülern umgehen können. Im Umgang mit den Kindern kann auch im Einzelsetting nach einem gemeinsamen Beziehungsaufbau das Thema Trauma kindgerecht erläutert werden. Hierfür gibt es Bücher, in denen beispielsweise das Thema mit Hilfe von Tieren kindgerecht erläutert wird (beispielsweise das „Powerbook“ von Dr. Andreas Krüger).

Fazit

Zusammenfassend kann man sagen, dass ein traumasensibler Umgang von Fachkräften in den unterschiedlichsten Bereichen von Vorteil sein kann. Dabei sind vor allem die Haltung und die persönliche Einstellung der Fachkraft wichtig. Aber auch genügend Wissen zum Thema Trauma muss in Fortbildungen vermittelt werden, um in schwierigen Situationen ruhig, klar und kompetent zu handeln. Ein zentraler Aspekt in der traumasensiblen Arbeit ist die Beziehung. Diese sollte geprägt sein von Transparenz, Wertschätzung, Respekt und Achtung. Aber auch die Institutionen können ihren Beitrag leisten, indem sie Kindern und Jugendlichen Partizipation ermöglichen und Abläufe, Strukturen und Regeln transparent mit ihnen kommunizieren. Auf diese Weise kann ein sensibler und rücksichtsvoller Umgang mit den Betroffenen entstehen und ein sicherer Ort für neue positive Erfahrungen miteinander geschaffen werden, in dem zuverlässige Bindungen ein fester Bestandteil sind. In Zukunft werden gesellschaftliche Entwicklungen eine immer größer werdende Rolle spielen. Je mehr Gewalt, Kriege, Armut und Missbrauch es in der Welt gibt, desto mehr Traumata werden entstehen. Auch das Thema der transgenerationalen Weitergabe von Traumata wird zukünftig wahrscheinlich immer weiter eine Rolle spielen. Die große Not an Psychotherapeuten wird auch hier immer präsenter im Zusammenhang mit aktuellen Weltgeschehnissen (Gahleitner 2016, S.113-114).

Literaturverzeichnis

Gahleitner, Silke Birgitta (2016): Trauma verstehen und behandeln – eine aktuelle Bestandsaufnahme aus verschiedenen Perspektiven. In: Psychotherapie Forum 21 (4), S. 113–114. DOI: 10.1007/s00729-016-0082-7

Pausch, Markus J. (2017): Trauma und Traumafolgestörung. In Medien, Management und Öffentlichkeit. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden

Staub, Tabea; Seidl, Sarah (2024): Traumapädagogik. Grundlagen und Praxiswissen zu (Kindheits-) Trauma und traumapädagogischen Standards. Berlin, Heidelberg: Springer (essentials)

Weidinger, Lisa (2022): Traumapädagogik: Die Zeit heilt (nicht) alle Wunden. In: Pflege Zeitschrift 75 (6), S. 52–55. DOI: 10.1007/s41906-022-1274-0

Titelbildquelle

Titelbild von congerdesign veröffentlicht am 26.02.2018 über https://pixabay.com/de/photos/teddy-teddyb%C3%A4r-krank-pflaster-3183563/, abgerufen am 26.01.2025

Nutzungsbedingungen unter https://pixabay.com/de/service/terms/, abgerufen am 26.01.2025

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