Nach dem Abitur bin ich 2018 nach Washington DC gezogen. Ich wollte die Zeit nutzen, meinen „Blick über den Tellerrand“ zu erweitern, meine Sprachfähigkeit in Englisch zu optimieren und Impulse für meine berufliche Orientierung zu erhalten. Nach einer einjährigen Sprachausbildung entschied ich mich, Psychologie zu studieren. Ein Präsenzstudium der Psychologie war mir jedoch weder in den USA noch in Deutschland möglich. In diesem Beitrag möchte ich mit Blick auf die USA und Deutschland die mir zunächst schlecht erscheinenden Rahmenbedingungen für mein Psychologiestudium kurz erläutern und meinen persönlichen Weg zum Aufbau eines dualen Fernstudiums aufzeigen.
Erste Hürde: Hohe Studiengebühren in den USA
In den USA liegen die Studiengebühren pro Jahr zwischen 20.000 – 30.000 US-Dollar, wobei diese auch deutlich teurer sein können.[1] Ein Bachelorabsolvent startet „im Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ bereits hochverschuldet in sein Berufsleben, außer er hat eines der begehrten Stipendien erhalten. Viele nutzen den Weg über einen ersten Abschluss an einem sog. Community College, um nach zwei oder vier Jahren dann an eine Universität zu wechseln. Während das Studium an einem staatlichen Community College durchschnittlich 5.000 US-Dollar im Jahr kostet, zahlen Studenten von außerhalb ca. 8.500 US-Dollar.[2] Studiengebühren sind in den USA ein starkes Politikum, da vor dem Hintergrund steigender Gebühren ein Studium zu einem Luxusgut wird, das sich nur sozial Privilegierte leisten können. Eltern fangen bereits bei der Geburt der Kinder an, für eine Ausbildung an privaten Einrichtungen zu sparen.[3] Die Regierung Biden erließ im August 2022 per Dekret ehemaligen Studenten 10.000 US-Dollar Studiengebühren, sofern diese weniger als 125.000 US-Dollar jährlich verdienen. Besonders Bedürftigen, die an dem sog. Pell-Grant-Programm teilnehmen, wurden 20.000 US-Dollar erlassen. Universitäten besetzen in den USA ein Ausbildungsmonopol. Eine Wahl zwischen Berufsausbildung oder Studium gibt es nicht, sondern nur zwischen ungelernt oder Hochschulabschluss.[4] Auch wenn ich unweit der American University lebte, war mir ein Psychologiestudium dort nicht möglich.
Zweite Hürde: Numerus Clausus in Deutschland
In Deutschland sind es nicht die Studiengebühren, sondern vor allem der hohe Numerus Clausus, der ein Präsenzstudium der Psychologie erschwert. Das Studienfach gehört zu den Fächern, die mit einem sehr hohen Numerus Clausus belegt sind, z. B. zwischen 1,0 an der FU in Berlin bis 1,5 in Kiel oder Jena. Dabei gehört das Studienfach zu den beliebtesten in Deutschland und liegt nach Betriebswirtschaftslehre, Informatik und Rechtswissenschaften auf Platz 4 mit aktuell ca. 110.900 Studierenden.[5] Die Zahl der Studierenden betrug bereits im Wintersemester 2019/2020 rund 91.000 Personen, ein Anstieg um 28 % im Vergleich zum Wintersemester 2015/2016, wo die Zahl 71.000 betrug. Frauen sind besonders präsent im Studium: von den 91.000 Studierenden waren drei von vier Frauen.[6]
Auch ich schrieb mich 2019 als Psychologiestudentin ein, allerdings nutzte ich die Freiheiten eines Fernstudiums an der SRH Heidelberg. Dies ermöglichte mir in den USA weiterleben und arbeiten zu können, sowie mit einem zweier Abitursdurchschnitt meinen beruflichen Interessen nachzugehen. Standortfreiheit und NC-Unabhängigkeit wurden im Weiteren durch eine dritte entscheidende Variable ergänzt, die parallele Aufnahme einer Ausbildung.
Meine Lösung: Duales Fernstudium durch parallele Hundetrainerausbildung
In den USA arbeitete ich drei Jahre in einer Hundeschule in Washington DC. Der Besitzer der Schule sprach mich aufgrund des Psychologiestudiums und meines besonderen Umgangs mit den Hunden an. Er erklärte, dass er die Kombination von Psychologie und einer ausgeprägten Kommunikation mit Hunden für besonders wertvoll im Umgang mit der Schulung von Hundebesitzern und für das Training von Hunden findet. Das deutsche duale Ausbildungssystem, praktisch in einem Betrieb zu arbeiten und gleichzeitig in der Berufsschule begleitend zu lernen, ist ein Exportschlager aus Deutschland. Diese Ausbildungsform wird in den USA von deutschen Firmen in Kooperation mit amerikanischen Colleges etabliert und vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräftemangels sowohl von demokratischen als auch republikanischen Regierungen unterstützt.[7]
Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Hürden kreierte ich für mich in den USA eine duales Studium auf Basis meines Fernstudiums und einer praktischen Ausbildung. Nach meiner Rückkehr aus den USA 2022 setzte ich dieses Modell fort und begann an der IHK in Potsdam eine Ausbildung zur Hundeerzieherin und Verhaltensberaterin. Der Berufswunsch, Tiere in die therapeutische Arbeit miteinzubeziehen, verfestigte sich.
Fazit
Das Konzept eines Fernstudiums an der SRH ermöglicht mir, drei wesentliche Faktoren zu vereinen: Ich kann meine beruflichen Interessen trotz einer hohen NC-Hürde umsetzen. Die Standortfreiheit bot mir die Möglichkeit einer Kontinuität des Studierens zwischen USA und Deutschland. Und die parallele Aufnahme einer Ausbildung, die durch die Flexibilität des Studiums ermöglicht wird, schärft meine berufliche Ausrichtung für eine tiergestützte therapeutische Arbeit. Dies alles gelingt mir nicht in einer Regelstudienzeit von 6 Semestern. Aber auch in dieser Hinsicht kommt mir das Modell der SRH entgegen, für die Regelstudienzeit zu zahlen und weitere Semester kostenfrei dranhängen zu können.
[1] Vgl. College Contact(2023): Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten USA. Zugriff am 01.12.2023. https://www.college-contact.com/usa.
[2] Vgl. Consultus(2023): Kurz erklärt: Was sind Community Colleges?. Zugriff am 01.12.2023. https://consultus.org/was-sind-community-colleges/.
[3] Vgl. Landwehr (2020): Ungleichheit in den USA. Die Alltagsorgen der Durchschnitts-Amerikaner. Zugriff am 01.12.2023. https://www.deutschlandfunk.de/ungleichheit-in-den-usa-die-alltagssorgen-der-durchschnitts-100.html.
[4] Vgl. Soll (2022): Joe Biden erlässt Studienschulden und Republikaner rasten aus. Zugriff am 01.12.2023. https://www.fr.de/meinung/kolumnen/usa-joe-biden-studienschulden-demokraten-republikaner-midterm-wahlen-mitch-mcconnell-donald-trump-91751848.html.
[5] Vgl. Statista (2024):Die beliebtesten Studienfächer in Deutschland nach Anzahl der Studierenden im Wintersemester 2022/2023. Zugriff am 03.01.2024. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/2140/umfrage/anzahl-der-deutschen-studenten-nach-studienfach/.
[6] Vgl. Statistisches Bundesamt(2021): Zahl der Psychotherapeutinnen und -therapeuten von 2015 bis 2019 um 19 % gestiegen. Zugriff am 02.01.2024. https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/03/PD21_N022_23.html.
[7] Vgl. Göbel (2024): Guter Start in die Karriere. „Earn while you learn“: Fünf Fakten zum Erfolg des deutschen Modells der dualen Berufsausbildung in den USA. Zugriff am 02.02.2024. https://www.deutschland.de/de/topic/wirtschaft/deutsche-duale-berufsausbildung-als-vorbild-fuer-die-usa.