Die traditionelle Landwirtschaft, so wie wir sie kennen, könnte es bald nicht mehr geben. Die übermäßige Abhängigkeit der Landwirtschaft von Umweltbedingungen stellt ein immenses Risiko dar. Aufgrund des Klimawandels ändern sich Niederschlagsmuster und Temperaturen und Wetterextreme werden häufiger. Die traditionelle Landwirtschaft ist für knapp 70% des weltweiten Süßwasserverbrauches verantwortlich und dass in Zeiten, wo Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Folgeprobleme durch Entwaldung und den Pestizideinsatz werden immer häufiger. (5) Die steigende Weltbevölkerung und der damit verbundene höhere Verbrauch an Nahrungsmitteln macht die Situation nur noch akuter. Es wird davon ausgegangen, dass in den nächsten 40 Jahren etwa 2,6 bis 3 Milliarden Menschen mehr ernährt werden müssen. Dies ist nicht möglich, da aktuell schon etwa 80% der bewirtschaftbaren Fläche für die Nahrungsmittelproduktion genutzt werden. Es werden circa 8.510.000 Quadratkilometer mehr Fläche benötigt, das ist etwa so groß wie Brasilien. (2) Der Trend geht hin zu einer Urbanisierung und Städte müssen für die Ernährungssicherheit ihrer Einwohner sorgen. Zahlreiche Städte sind deshalb an der Entwicklung von neuen Strategien interessiert. Der Lokale Anbau kann dazu beitragen sich auf den Klimawandel vorzubereiten und die Verfügbarkeit von frischen Produkten, Förderung der lokalen Wirtschaft und Verbesserung der Nachhaltigkeit zu ermöglichen (4)
So kann es nicht weitergehen! Es braucht neue technologische und nachhaltige Lösungen. Eine Lösung ist die Vertikale Landwirtschaft. Wie es der Name schon sagt, werden dabei Obst und Gemüse auf wenigen Quadratmetern übereinander in mehreren Etagen angebaut. Wird dabei kein Sonnenlicht verwendet, spricht man von Indoor-Farming. Es gibt schon jetzt einige Vertikale Farmen. Die größte ist derzeit in Dänemark und produziert circa 1.000 Tonnen Gemüse pro Jahr auf einer Fläche von 7.000 Quadratmetern. Dies ist mit der traditionellen Landwirtschaft nicht mal im Ansatz möglich. (1)
Technologie
Es gibt verschiedene Formen von Technologien für die Vertikale Landwirtschaft, die individuell an den Standort angepasst werden können. Häufig verwendet wird die Hydrokultur. Dabei wird keine Erde verwendet. Pflanzen werden auf Kunststoffplatten angebaut, und mit einem Gemisch aus Wasser und Nährstoffen versorgt. Bei der Aquaponik wird die Zucht von Wasserpflanzen und Fischzucht verbunden. Die Nährstoffvergabe findet ausschließlich über die Wurzeln statt und sowohl Wasser als auch Nährstoffe werden in den Kreislaufsystemen wiederverwendet. Der regulierte Anbau ermöglicht die Kontrolle über Umweltparameter wie bspw. Temperatur, Wasserversorgung und Luftfeuchtigkeit. (3)
Vorteile
– Vertikale Landwirtschaft verbraucht 70%- 90% weniger Wasser
– Es wird kein Boden oder Erde benötigt > Anbau ist unabhängig von der Bodenqualität, Es kann überall angebaut werden bspw. in nährstoffarmen und trockenen Gebieten oder in Städten lokaler Anbau > keine Transportkosten, sinkt Importkosten und erhöht das Beschäftigungsangebot
– Unabhängig von Klima > Produktionssicherheit. (5)
– ganzjährige Produktion > Lebensmittelsicherheit
– Nachhaltige Nutzung von Ressourcen wie Wasser und Mineralien (6)
– Platzsparend > eignet sich für Anbau in Städten. Singapur bspw. setzt eine Trend, wie Landwirtschaft in Megastädten umgesetzt werden kann. Der lokale Anbau in Singapur sinkt Importkosten und Importabhängigkeit. Singapur bspw. Nutzt vertikale Türme auf Hausdächern. Schulen und Fabrikgebäude eignen sich besonders gut, (7)
Nachteile
– hohe Investition > Der Aufbau Vertikaler Farmen ist sehr teuer, Investitionen in Technologie und Forschung notwendig
– Modernisierung der Infrastruktur notwendig
– hohes Technisches Wissen über Anbaumethoden erforderlich > Arbeitskräfte trainieren und umschulen
– Verfügbarkeit der Ressourcen > erfordert hohe Wasserqualität und viel Energie
– nicht alle Pflanzen sind für den vertikalen Anbau geeignet, (6)
Fazit
In einer Welt, die mit Umweltveränderungen, Wasserknappheit und der Notwendigkeit einer nachhaltigeren Nahrungsproduktion konfrontiert ist, bietet diese innovative Anbaumethode zahlreiche Vorteile. Durch den platzsparenden, ganzjährigen Anbau in mehreren Etagen können Vertikale Farmen nicht nur den steigenden Nahrungsmittelbedarf einer expandierenden Weltbevölkerung decken, sondern auch die ökologischen Auswirkungen der herkömmlichen Landwirtschaft reduzieren und unabhängig von denen produzieren. Es gibt einige Anfängliche Herausforderungen und Nachteile, die besonders die hohen Investitionskosten und das technische Wissen bzw. die Forschung betrifft. Dennoch überwiegen die Vorteile. Die Methode stellt eine realistische Möglichkeit dar globale Probleme zu lösen. Die Lebensmittelsicherheit während des Klimawandels ist definitiv die bedeutendste. Aber auch die Produktion überall auf der Welt unabhängig von Boden, Wasser oder Klima ist entscheidend für die Zukunft. Ihr Potenzial, zur Lösung drängender Umweltprobleme beizutragen und dabei eine nachhaltige und effiziente Nahrungsproduktion zu gewährleisten, macht sie zu einem Schlüsselelement in der Zukunft der Landwirtschaft.
Ausblick
In der Zukunft könnten Vertikale Farmen nicht nur eine Antwort auf die drängenden Probleme der Nahrungsmittelproduktion sein, sondern auch eine innovative Lösung für die Urbanisierung bieten. Städte könnten durch lokale und platzsparende Anbaumethoden einen Großteil ihrer Lebensmittelversorgung sicherstellen und dabei Ressourcen schonen. Die Vertikale Landwirtschaft kann eine nachhaltige und zukunftsweisende Alternative sein, die den Weg für eine ressourceneffiziente und krisenresistente Landwirtschaft ebnet.
Literaturverzeichnis
1- Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (Hrsg.). (2024). Vertical Farming – Landwirtschaft in der Senkrechten. Verfügbar unter: https://www.landwirtschaft.de/landwirtschaft-erleben/landwirtschaft-hautnah/in-der-stadt/vertical-farming-landwirtschaft-in-der-senkrechten#:~:text=Gem%C3%BCse%20und%20Obst%2C%20das%20auf,spricht%20man%20von%20Indoor%20Farming
2- Despommier, D. (2011). The vertical farm: controlled environment agriculture carried out in tall buildings would create greater food safety and security for large urban populations. Journal für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, 6(2), 233–236. https://doi.org/10.1007/s00003-010-0654-3
3- Goddek, S., Joyce, A., Kotzen, B. & Burnell, G. M. (Hrsg.). (2019). Aquaponics Food Production Systems. Cham: Springer International Publishing. https://doi.org/10.1007/978-3-030-15943-6
4- Maschokowski, G. B. L. & Kirk-Mechtel-Bonn, M. (Bundeszentrum für Ernährung, Hrsg.). (2023). Urbane Lebensmittelerzeugung. Lokale Nahrungsmittelversorgung in Toronto. Verfügbar unter: https://www.bzfe.de/nachhaltiger-konsum/staedte-essbar-machen/urbane-lebensmittelerzeugung/
5- Moghimi, F. & Asiabanpour, B. (2023). Economics of vertical farming in the competitive market. Clean Technologies and Environmental Policy, 25(6), 1837–1855. https://doi.org/10.1007/s10098-023-02473-8
6- Paucek, I., Durante, E., Pennisi, G., Quaini, S., Gianquinto, G. & Orsini, F. (2023). A methodological tool for sustainability and feasibility assessment of indoor vertical farming with artificial lighting in Africa. Scientific Reports, 13(1), 2109. https://doi.org/10.1038/s41598-023-29027-87
7- Walter Kreul, G. (Bundeszentrum für Ernährung, Hrsg.). (2020). Urban Farming in Singapur. Wenn der Kohl vom Dach kommt. Verfügbar unter: https://www.bzfe.de/nachhaltiger-konsum/staedte-essbar-machen/urban-farming-in-singapur/
Bildquellen
Titelbild von Pixabay: https://pixabay.com/photos/hydroponics-greenhouse-lettuce-4255403/
Abbildung, Vertikaler Anbau von Pixabay: https://pixabay.com/photos/coriander-hydroponic-vegetables-4255400/
Abbildung, Hydroponik von Pixabay: https://pixabay.com/photos/farm-market-hydroponic-produce-1554307/