Lassen Sie mich Ihnen Herrn Solomon Veniaminowitch Cherevski vorstellen. Ein berühmter Gedächtniskünstler, der sich verblüffend viele Dinge sehr schnell merken kann. Ein Teil seiner Show ist es, sich die unterschiedlichsten Begriffe von seinem Publikum zurufen zu lassen. Diese Begriffe merkt er sich und zählt jeden Begriff in der richtigen Reihenfolge auf. Doch handelt es sich nicht um 5 oder 6 Begriffe. In jeder einzelnen Show lernt er eine Liste von 100 Begriffen aus dem Publikum. Aber auch Tabellen mit 175 zufällig angeordneten Elementen, oder Reihenfolgen von Wörtern konnte er vorwärts, als auch rückwärts fehlerfrei aufsagen. Der Psychologe Lurjia beobachtete dieses Phänomen über 30 Jahre hinweg. Er stellte fest, dass Cherevski auch nach 15 Jahren noch Tabellen wiedergeben konnte ohne diese zwischenzeitlich gelernt oder gesehen zu haben. [1]
Nun zwingt sich mir die Frage auf „Wie macht er das?“ . Und vor allem: „Kann ich das auch?“ Es wäre doch toll, sich seine Einkaufsliste einfach zu merken, anstatt sich jedes Mal mühsam einen Einkaufszettel zu schreiben, sich seine Telefonnummer einprägen, oder endlich die vielen Passwörter auswendig zu wissen.
Herkunft
Die Locimethode (lateinisch locus = Ort) geht zurück bis zu den alten Griechen und Römern. Wissenschaftliche Erkenntnisse und auch lange Reden erforderten es, sich gezwungener Maßen viele Dinge zu merken, da Bücher zur damaligen Zeit sehr teuer waren. [2]
Die Methode
Die Locitechnik ist eine der effektivsten Lernmethoden, um sich verschiedenste Dinge einzuprägen. Das Grundprinzip beruht auf unserer Fähigkeit der Assoziation. Menschen können Visuelles leichter in ihrem Gedächtnis speichern und darauf zugreifen. Die Dinge, die wir auswendig lernen möchten, werden bei der Locimethode durch Bilder ersetzt. [3]
Stufe 1 – Die Route: Zuerst überlegt man sich eine Route oder einen Weg, den man anschließend bei der Anwendung abläuft. Aus diesem Grund ist es notwendig diesen Weg besonders gut zu kennen. Beispielsweise kann das der Weg zur Arbeit, zur Schule oder ein Rundgang durch seine Wohnung sein. Hat man seine Route gewählt, folgen die Routenpunkte. Welche markanten Dinge liegen auf der Route? Die Haustür, das Auto, der Bäcker, die Brücke und zum Schluss der Parkplatz der Arbeitsstelle. Die Routenpunkte lassen sich beliebig wählen und auch in ihrer Anzahl entsprechend verändern.
Stufe 2 – Die Schlüsselwörter: Die Routenpunkte werden nun mit den zu lernenden Begriffen verknüpft.
Stufe 3 – Die Story: Alleine die Verknüpfung der zu lernenden Begriffe mit den Routenpunkten reicht nicht aus. Der Trick ist die Verbindung mit einer Geschichte. [4]
Die Anwendung
Nehmen wir an, wir möchten die Bedürfnispyramide nach Maslow lernen. Es gibt fünf Begriffe, die wir in der richtigen Reihenfolge von unten nach oben wiedergeben können möchten. Folgende Begriffe sind zu lernen: Grundbedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, soziale Bedürfnisse, ich Bedürfnisse und die Selbstverwirklichung. Nun verwenden wir die bereits oben beschriebene Route zu der Arbeitsstelle und verknüpfen die Routenpunkte mit den zu lernenden Begriffen.
Die Haustür – Grundbedürfnisse
Das Auto – Sicherheitsbedürfnisse
Der Bäcker – Soziale Bedürfnisse
Die Brücke – Ich Bedürfnisse
Der Parkplatz der Arbeitsstelle – Selbstverwirklichung
Die Verknüpfungen müssen nun in eine Art Geschichte integriert werden, um einfacher auf die erforderlichen Begriffe zurückgreifen zu können. Die Story könnte folgende sein: Bevor ich zur Arbeit fahre und aus der Haustür gehe, frühstücke ich zuerst und trinke einen Kaffee. Anschließend steige ich schnell in mein Auto ein, da es draußen regnet und blitzt. Im Auto fühle ich mich sicher. Ich fahre los und komme bei dem Bäcker vorbei, bei dem ich normalerweise mit meinen Freunden zum Brunchen gehe. Kurz vor der Arbeit überquere ich noch eine große Brücke. Sie ist so hoch, dass ich mich oft wie der König der Welt fühle. Routinemäßig fahre ich auf den Parkplatz und denke mir warum ich nicht öfter an mich selbst denke und endlich meine Träume verwirkliche.
Fazit und Ausblick
Die Loci-Methode benötigt anfangs etwas Aufwand. Jedoch wird dieser sehr schnell wieder kompensiert, da die Lerngeschwindigkeit rapide ansteigt. Um an die benötigten Informationen zu gelangen, läuft man gedanklich nur seine Route ab und schon erhält man seine abgespeicherten Informationen in der richtigen Reihenfolge. Der große Vorteil der Loci-Methode ist die Unabhängigkeit der gelernten Begriffe untereinander. Selbst wenn ein Begriff nicht abzurufen ist, weil die Assoziation möglicherweise zu undeutlich war, beeinflusst dies nicht die anderen Routenpunkte und somit auch nicht die restlichen Begriffe. [5]
Natürlich kann die Loci-Methode unendlich erweitert werden und beschränkt sich nicht nur auf eine einfache Route. Vielleicht kennen Sie die TV-Serie „Sherlock“? Sherlock Holmes begibt sich in der Serie des Öfteren in seinen „Gedächtnispalast“, um an verborgene Informationen zu gelangen. Dabei ist er nicht mehr ansprechbar und wie in Trance. Doch dieses merkwürdige Verhalten hat einen einfachen Hintergrund. Der Gedächtnispalast ist sozusagen die höchste Form der Loci-Methode. Dort gibt es unzählige Gegenstände, Türen, Räume und sonstige Routenpunkte, die mit Informationen assoziiert werden können. Um an die entferntesten Informationen zu gelangen, muss in einem Gedächtnispalast natürlich ein weiter Weg zurückgelegt werden.
Um sich seinen eigenen Gedächtnispalast aufzubauen wie Sherlock Holmes, bedarf es natürlich viel Zeit und Übung. Jedoch werden Sie schnell feststellen, wie wirkungsvoll bereits eine einfache Route durch Ihre Wohnung oder der Weg zum Arbeitsplatz sein kann.
Literaturnachweis:
Lieury, A.: Ein Gedächtnis wie ein Elefant?: Tipps und Tricks gegen das Vergessen, Springer-Verlag, 2012
Keber, H.: Die Loci-Methode, 2012, URL:
http://www.genial-einfach-lernen.de/loci-methode/ (14.11.2016)
Loci-Methode, URL:
http://www.brain-fit.com/html/loci.html (14.11.2016)
Die Locitechnik, URL:
http://www.lernen-heute.de/technik_locitechnik.html (14.11.2016)
Mnemotechnik: Loci-Methode, URL:
http://www.boriskonrad.de/mnemotechnik/loci-methode/ (14.11.2016)
Fußnoten:
[1] Vgl. Lieury, A.: 2012, S. 194 [2] Vgl. http://www.brain-fit.com/html/loci.html (14.11.2016) [3] Vgl. http://www.boriskonrad.de/mnemotechnik/loci-methode/ (14.11.2016) [4] Vgl. Keber, H.: http://www.genial-einfach-lernen.de/loci-methode/ (14.11.2016) [5] Vgl. http://www.lernen-heute.de/technik_locitechnik.html (14.11.2016)
