Auf den ersten Blick scheint die Antwort auf die Frage „Was ist Hochschulmarketing?“ einfach: Marketing für Hochschulen.
Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch recht schnell auf, dass hierbei nicht einfach die Marketingvorstellungen von kommerziellen Unternehmen auf Hochschulen übertragen werden können. Staatliche Hochschulen verfolgen für gewöhnlich keine Gewinnoptimierung und ihr Etat ist abhängig vom Finanzierungswillen des Staates. Sie müssen ein komplexeres Beziehungsnetzwerk als kommerzielle Unternehmen managen1 und ein zu hohes Marketingbudget kann negativ von diesen Beziehungen gesehen werden2. Das ist ja auch leicht verständlich, nicht wahr? Stellen Sie sich vor, Sie erfahren, dass eine Universität einen Werbespot für hunderttausend Euro gedreht hat. Wie denken Sie darüber?
Und nun stellen Sie sich vor, Sie erfahren, dass eine Automarke wieder einen Spot für hundertausend produziert hat. Fühlt sich das für Sie genauso an? Ich vermute, für die meisten Menschen lautet die Antwort „Nein“. Hochschulen und Marketing scheinen nicht so gut zusammen zu passen.
Warum betreiben Hochschulen dennoch Marketing? Weil auch sie auf Wertsteigerung für ihr Image und Reputation zielen3 und dies Auswirkungen auf ihre Finanzierung sowie Forschungsaufträge haben kann. Aufgrund der Besonderheiten des Marketings für Hochschulen etabliert sich seit einigen Jahren das sogenannte Hochschulmarketing.
In diesem Blogbeitrag wird der Begriff „Hochschulmarketing“ in die Marketinglandschaft eingeordnet und dabei kurz erläutert.
Im Allgemeinen wird Marketing verstanden als Planungs-, Koordinations- und Kontrollprozess eines Austauschs zwischen zwei Parteien, welcher der Befriedigung von Bedürfnissen dient.4 Marketing hat dabei verschiedene Erscheinungsformen, die sich aus dem Grad der Gewinnerzielung, der geografischen Ausdehnung des Marketings und den zu vermarkenden Produkten ergeben.5
Nach dem Grad der Gewinnerzielung können staatliche Hochschulen Nonprofit-Marketing betreiben, denn sie sind Nonprofit-Organisationen, da sie – wie der Name bereits sagt – ohne Gewinnorientierung arbeiten.6
Hochschulen gehören dem Dienstleistungssektor an7, da die Produkte, die sie anbieten, Merkmale von Dienstleistungen erfüllen8. Somit können Hochschulen auch Dienstleistungsmarketing betreiben.
Neben diesen beiden Erscheinungsformen des Marketings fließt eine weitere Form in das Marketing von Hochschulen hinein, welches das genannte Beziehungsgeflecht anspricht: das Relationship-Marketing. Beim Relationship-Marketing steht die Beziehung zu den sogenannten Anspruchsgruppen und nicht das Produkt im Mittelpunkt.9 Für eine Hochschule sind Anspruchsgruppen unter anderem Studierende, Behörden, Öffentlichkeit, Fördermitglieder und Alumni. Mit diesen pflegt die Hochschule komplexe Beziehungsnetzwerke.
Das Hochschulmarketing für staatliche Hochschulen umfasst somit Elemente des Nonprofit-, des Dienstleistungs- und des Relationship-Marketings. Nicht-staatliche Hochschulen arbeiten für gewöhnlich mit Gewinnorientierung und dürften somit eher zu den Profit-Organisationen zählen. Aber auch diese Hochschulen betreiben Hochschulmarketing – hier jedoch bestehend aus Dienstleistungs-, Relationship- und Profit-Marketing.
Je nach Markt, das heißt, ob eine Hochschule auf einem nationalen oder internationalem Markt ihre Produkte absetzen möchte, übt sie nationales oder internationales Marketing aus.
Möchte eine Hochschule nun Hochschulmarketing betreiben, so sollte sie einen Marketing-Management-Plan angepasst an ihre jeweilige Situation entwickeln.
Hierzu zählen10:
- eine Situationsanalyse
- mit den relevanten Informationen zum Markt,
- die Produkte, die die Hochschule auf dem Markt anbieten möchte,
- den Wettbewerbern der Hochschule
- der Zielgruppe der Produkte
- den Herausforderungen für den Markt
- die Festlegung der langfristigen Marketingziele
- die Wahl der Marketingstrategien
- die Festlegung der Marketinginstrumente und ihr Einsatz
- sowie die Kontrolle der gewählten Instrumente (Marketingcontrolling).
Dies entspricht dem Vorgehen von kommerziellen Unternehmen. Dennoch müssen die Besonderheiten von Hochschulen auch hier weiterhin beachtet werden.
Fußnoten
1Vgl. Bruhn (2005), S. 43
2Vgl. Bruhn (2005), S. 46
3Vgl. Wefers (2007), S. 48
4Vgl. Knoke et al. (2016), S. 15
5Vgl. Weis (1993), S. 25; Knoke et al. (2016), S. 18
6Vgl. Trogele (1997), S. 8; Bruhn (2005), S. 40; Brüser (2006), S. 36; Wefers (2007), S. 45
7Vgl. Brüser (2006), S. 35; Wefers (2007), S. 47
8Vgl. Brüser (2006), S. 35; Wefers (2007), S. 49–51; Knoke et al. (2016), S. 20
9Vgl. Andreasen/Kotler (2003), S. 461; Bruhn (2005), S. 44; Wefers (2007), S. 52
10Vgl. Meffert et al. (2019), S. 19-21
Literaturverzeichnis
Andreasen, A. R./Kotler, P. (2003), Strategic marketing for nonprofit organizations, 6th edition, Pearson. Upper Sadle River.
Bruhn, M. (2005), Marketing für Nonprofit-Organisationen: Grundlagen – Konzepte – Instrumente, Kohlhammer. Stuttgart.
Brüser, R. (2006), Perspektiven des Hochschulmarketings, VDM-Verlag. Saarbrücken.
Knoke, M./Kade-Lamprecht, E./Özergin, B. (2016), Strategisches Marketing, 8. Auflage, Studienbrief der SRH Fernhochschule Riedlingen. Riedlingen.
Meffert, H./Burmann, C./Kirchgeorg, M./Eisenbeiß, M. (2019), Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele, 13., überarbeitete und erweiterte Auflage, Springer. Wiesbaden.
Trogele, U. (1997), Strategisches Marketing für deutsche Universitäten, Peter Lang. Frankfurt am Main.
Wefers, U. (2007), Hochschulmarketing in Deutschland: Chancen und Herausforderungen, VDM-Verlag. Saarbrücken.
Weis, H. C. (1993), Marketing, 8. Auflage, Kiehl. Ludwigshafen Rhein.
Beitragsbild: Diana Grüger / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)