Im Jahre 2017 erschien die Serie „La Casa de papel“, im deutschen „Haus des Geldes“. In der mittlerweile von Netflix produzierte Serie geht es um Aussätzige und Kriminelle aus allen Teilen der Welt, die beschließen die spanische Banknotendruckerei bzw. die spanische Zentralbank zu überfallen. Unter den Decknamen von großen internationalen Städten finden neben dem großen Clou gegen die Staatsgewalt, auch sehr viele zwischenmenschliche Handlungen eine entscheidende Rolle (Schlüter, 2020). So verliebt sich im Laufe der Serie eine Geisel in Ihren Geiselnehmer und wird in Staffel drei ebenfalls Teil des kriminellen Teams und erhält den Decknamen „Stockholm“. Spätestens nach dem die Netflix-Serie „Haus des Geldes“ zum globalen Serienhit wurde, sollte der Begriff Stockholm-Syndrom der Mehrheit geläufig sein (Stockholm, o.J.). Dieser Artikel soll die Geschichte und den Hintergrund des Stockholm-Syndroms näher beleuchten und einen Abriss über dieses seltene psychiatrische Syndrom geben.
Definition und Ausflug in die Geschichte
„Das Stockholm-Syndrom ist ein psychologisches Phänomen, bei dem das Opfer im Rahmen einer Entführung oder Geiselnahme Sympathie gegenüber dem Täter entwickelt. Die gleichnamige Hauptstadt von Schweden war Namens Geber für dieses Syndrom. Das psychologische Phänomen konnte man im Jahr 1973 erstmalig beobachten. Bei einem Banküberfall hielt der Bankräuber Jan Erik Olsson und ein Freund von ihm, vier Bankangestellte über mehrere Tage fest. Die Opfer entwickelten Sympathie gegenüber den Geiselnehmern. Sie glaubten, dass Sie die Räuber nicht töten wollten und eigentlich gute Menschen seien, deren Lebensumstände sie dazu gezwungen haben, diese Tat auszuüben. Die eigentlichen Schuldigen wären die Polizisten gewesen, die zwar Fluchtwagen etc. gestellt haben, aber die Polizei-Blockade nicht aufgehoben hatten. Die Geiseln weigerten sich nach dem Zugriff mit der Polizei mitzugehen, sagten im späteren Prozess nicht gegen die Geiselnehmer aus und sie sammelten sogar Geld für die Verteidigung dieser. Die Geiseln besuchten die Bankräuber ebenfalls im Gefängnis und trafen sich auch Jahre später mit ihnen (Stockholm Syndrom, o.J.).
Ursachen und Hintergrund des Stockholm Syndroms
Jetzt fragt man sich wie man Sympathie oder gar Liebe entwickeln kann für jemanden der einem mit der Beendigung seines Lebens droht. Zuallererst ist es wichtig zu verstehen, dass es sich beim Stockholm-Syndrom nicht um ein Syndrom im eigentlichen Sinne handelt, sondern dies viel mehr eine Verhaltensanpassung an eine Ausnahmesituation ist.
Die Ausnahmesituation für das Opfer resultiert aus der Todesangst und vollkommenen Isolierung von der Außenwelt. Es entsteht ein starker Überlebensinstinkt und eine erzwungene Abhängigkeit vom Täter. Die Opfer stehen unter einer extremen psychischen Belastung, da sie die Kontrolle über Ihr eigenes Leben verlieren und der Täter sie jeden Moment töten könnte (Stockholm Syndrom, o.J.).
Die aus dieser Ausnahmesituation entstehende Verhaltensanpassungen haben mehrere Ausprägungen. Hierbei resultiert aus der Isolation und dem einzig bestehenden Kontakt, und zwar der zum Täter, eine andere verzerrte Wahrnehmung der Wirklichkeit. Durch den Kontrollverlust ihres eigenen Lebens, empfinden Opfer, die am Stockholm-Syndrom leiden, Sympathie für Täter. In erster Linie stellt dies ein Schutzmechanismus dar. Um die eigenen Überlebenschancen zu steigern, verhält sich das Opfer folgsam und versucht sich mit dem Täter zu identifizieren. Schon kleine Freundlichkeiten, wie beispielsweise die Bereitstellung von Verpflegung werden als äußerst positiv vom Opfer wahrgenommen (Sajetzki, 2018). Je nach Verhalten der Täter kann einer Geisel auch glaubhaft vermittelt werden, dass die Täter nicht vor haben Gewalt anzuwenden. Als für sie wichtigstes Druckmittel werden sie ihnen nichts tun, es sei denn die Behörden zwingen sie dazu. Opfer entwickeln also Verständnis für die Forderungen und projizieren den Kontrollverlust auf Behörden, wie bspw. die Polizei. Sie haben das Leben von den Opfern in der Hand, würden sie den Aufforderungen nachkommen, würden sie die Täter freilassen. Daraus entsteht eine Abneigung oder sogar ein Feindbild gegenüber den Behörden.
Exkurs
Das Stockholm-Syndrom ist nicht das einzige psychologische Phänomen, welches bei einer Geiselnahme auftreten kann. Das vermeintlich unbekanntere Phänomen nennt sich „Lima-Syndrom“. Das Lima-Syndrom ist das Gegenstück des Stockholm-Syndrom. Hierbei entwickelt der Täter eine Sympathie zu seiner Geisel. Dieses Phänomen konnte erstmalig 1996 in Lima beobachtet werden (Correll, 2012).
Literaturverzeichnis
Schlüter, Jan (2020): Wie «Haus des Geldes» bei Netflix zum globalen Serienhit wurde. Online verfügbar unter https://www.quotenmeter.de/n/117362/wie-haus-des-geldes-bei-netflix-zum-globalen-serienhit-wurde, zuletzt aktualisiert am 07.04.2020, zuletzt geprüft am 02.11.2022.
Stockholm (o.J.). Online verfügbar unter https://haus-des-geldes.fandom.com/wiki/Stockholm, zuletzt geprüft am 02.11.2022.
Stockholm Syndrom (o.J.). Online verfügbar unter https://studyflix.de/biologie/stockholm-syndrom-2335, zuletzt geprüft am 02.22.2022.
Correll, Christoph (2012): Seltene und ungewöhnliche psychiatrische Syndrome. Online verfügbar unter https://deutsch.medscape.com/artikel/4900035#13, zuletzt aktualisiert am 27.07.2012, zuletzt geprüft am 02.11.2022.
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