Du bist im Supermarkt, eigentlich nur für das Nötigste. Doch plötzlich erblickst du diese fantastisch aussehende Schokoladentafel an der Kasse. Bevor du es realisierst, hast du sie schon in den Wagen gelegt. Kommt dir bekannt vor? Herzlich willkommen im faszinierenden Universum der Impulskäufe! Ein Phänomen, das nicht nur Marketingexperten den Kopf zerbrechen lässt, sondern auch Neurowissenschaftler beschäftigt.
Stell dir vor, deine Entscheidung für oder gegen die Schokolade wäre wie eine Party in deinem Gehirn. Nur dass die Stimmungsmacher hier Dopamin und das vordere Großhirn sind. Gratwohl (2021) zeigt, dass beim Impulskauf das Belohnungszentrum deines Gehirns die Musik aufdreht, während das vordere Großhirn, das normalerweise für rationales Denken zuständig ist, kurz mal den Raum verlässt. Ja, richtig gelesen: Dein Gehirn sorgt dafür, dass du kurzzeitig den „Ach, was soll’s“-Button drückst.
Apropos Stimmungsmacher: Dopamin ist der Star des Abends. Dieser Neurotransmitter sorgt für das kurzfristige Glücksgefühl, das wir bei einem Impulskauf erleben. Und wer kommt auf dieser Party besonders gut an? Laut Gratwohl (2021) sind es vor allem neugierige Menschen und Kinder, die mehr Dopamin freisetzen und daher eher impulsiv kaufen.
Bevor du dich jetzt selbst zu hart kritisierst: Impulskäufe sind nicht nur eine innere Party, sondern auch ein gesellschaftliches Phänomen. Deine Umgebung spielt eine massive Rolle. Das können Rabattaktionen sein oder auch der Duft von frischem Brot, das deine Sinne in der Bäckerei verführt. Gratwohl (2021) hat’s untersucht: Es ist eine komplexe Interaktion zwischen dir, deiner Persönlichkeit und der Welt um dich herum.
Die Thematik der Impulskäufe ist so vielschichtig, dass sie sowohl für die Wissenschaft als auch für Marketingstrategen ein spannendes Betätigungsfeld bietet. In der Schweiz beispielsweise zeigen bereits rund 4,8% der Konsumenten problematische Muster in Bezug auf Impulskäufe. Das ist nicht nur für die Forschung interessant, sondern auch für die Entwicklung von Marketingstrategien, die verantwortungsbewusst und zielgerichtet sein sollten.
Impulskäufe sind ein komplexes Zusammenspiel aus Neurochemie, Persönlichkeit und externen Faktoren. Und gerade in Zeiten des Online-Shoppings wird dieses Feld noch fruchtbarer für Forschung und Praxis.
Bleib dran, denn in den nächsten Abschnitten tauchen wir tiefer in die Mechanismen des Impulskaufs ein, diskutieren Kontrollstrategien und sehen uns an, wie du die Party in deinem Gehirn so steuern kannst, dass du am Ende des Tages nicht nur glücklich, sondern auch zufrieden bist.
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Wie unser Gehirn uns zum Kaufen verleitet
Lassen wir uns jetzt tiefer in die Biologie von Impulskäufen ein. Ein Teil unseres Gehirns, genannt mesolimbisches System, nimmt hier eine Hauptrolle ein. Es ist ein zentraler Akteur in unserem Belohnungssystem und beinhaltet wichtige Strukturen wie den Nucleus accumbens und den präfrontalen Cortex. Sobald du eine verlockende Schokoladentafel siehst, wird Dopamin entlang neuronaler Bahnen in diesem System freigesetzt. Diese Aktivität versetzt dein Gehirn in einen Zustand der Hochspannung (Hamid et al., 2016).
Doch warum löst Dopamin diese Reaktion aus? Es handelt sich hierbei nicht nur um einen Neurotransmitter, sondern auch um den Dirigenten eines neurologischen Orchesters, das unser Verhalten, unsere Stimmung und Entscheidungen beeinflusst (Marder, 2012). Dopamin agiert in verschiedenen Systemen und Kontexten im Gehirn. In der mesocorticalen und nigrostriatalen Bahn, die beide wichtig für die Kontrolle unseres Verhaltens sind, fördern phasische Dopaminfreisetzungen Prozesse wie die neuronale Plastizität, die für Lern- und Gedächtnisprozesse entscheidend sind (Matsuda et al., 2006).
Nun, zurück zu unserem Impulskauf. Stell dir vor, die Schokolade schmeckt noch besser als erwartet. Dein Gehirn registriert diesen „Mehrwert“ durch ein Phänomen, das als „Belohnungsvorhersagefehler“ bekannt ist. Dies führt zu einer weiteren Dopamin-Aktivität und einem intensiven Gefühl der Zufriedenheit (Schultz, 2007).
Zusätzlich gibt es Dopaminrezeptoren, wie die D1- und D2-Rezeptoren, die die Wirkung von Dopamin modulieren (Ayano, 2016). Dies trägt zur Komplexität bei, wie Dopamin unser Verhalten beeinflusst. In der Tat ist der Impuls zum Kaufen kein einfacher Ausfall unseres besseren Urteils, sondern Teil eines hochkomplexen, adaptiven und gut regulierten Belohnungssystems (Bromberg-Martin et al., 2010).
Während Dopamin der Star des Abends in dieser inneren Party ist, wie Gratwohl (2021) es treffend beschreibt, vergessen wir nicht, dass unser vorderes Großhirn – normalerweise der Wächter unseres rationalen Denkens – kurzzeitig den Raum verlässt. Dadurch bekommt das Dopamin-System die Freiheit, uns in das faszinierende, aber manchmal problematische Terrain der Impulskäufe zu führen.
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Emotionen, Ablenkung und der Depletion-Effekt
Jetzt, wo wir das Dopamin-Orchester in unserem Kopf und die verführerischen Mechanismen der äußeren Welt betrachtet haben, stellt sich die Frage: Warum können einige Menschen dem Zauber der Impulskäufe leichter widerstehen als andere? Die Antwort könnte in der faszinierenden Landschaft der Selbstkontrolle liegen.
Beginnen wir mit der emotionalen Seite der Medaille. Unsere Gefühle sind keine passiven Zuschauer, sie sind aktive Spieler auf dem Feld der Entscheidungsfindung. Studien haben gezeigt, dass Gefühle wie Stolz oder Scham die Wahrscheinlichkeit von Impulskäufen beeinflussen können (Patrick, Chun & Mancinnis, 2009). Wenn wir glauben, dass wir uns nach einem disziplinierten Einkauf besser fühlen werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns beherrschen.
Nun zur äußeren Welt. Obwohl der Duft von frischem Brot oder das Lächeln des Verkaufspersonals unwichtig erscheinen mag, können diese äußeren Faktoren uns von unserem eigentlichen Ziel ablenken (Weichenmeier, 2017). Sogar die Bequemlichkeit moderner Zahlungsmethoden wie Kreditkarten kann zu einer falschen Wahrnehmung von Kontrolle führen (Raab, 1998).
Aber was ist mit unserer eingebauten „Belohnungsmaschinerie“, dem dopaminergen System? Es ist verlockend, sich dem Sog des Dopamins hinzugeben, das uns ein kurzfristiges Gefühl der Zufriedenheit bietet. Dieses System kann so überwältigend sein, dass es unsere Selbstkontrollmechanismen kurzzeitig außer Kraft setzt.
Ein weiteres interessantes Element ist das Phänomen der „Selbstkontroll-Erschöpfung“ oder „depletion effect“ (Baumeister, 2002). Stellen Sie sich Ihre Selbstkontrolle als eine begrenzte Ressource vor. Wenn Sie diese für andere Aktivitäten, etwa für die Arbeit oder das Fitnessstudio, verbraucht haben, könnte Ihnen die Willenskraft fehlen, um dem verführerischen Ruf des Impulskaufs zu widerstehen.
Schließlich spielt auch die persönliche Kontrollüberzeugung eine Rolle. Menschen mit einer internen Kontrollüberzeugung glauben, dass sie ihr Schicksal selbst in der Hand haben, während diejenigen mit einer externen Kontrollüberzeugung eher das Gefühl haben, von äußeren Umständen gesteuert zu werden (Rotter, 1989). Ironischerweise kann aber auch eine übermäßige Einschätzung der eigenen Kontrolle, bekannt als Kontrollillusion, zu mehr impulsivem Verhalten führen.
Zusammengefasst ist die Anfälligkeit für Impulskäufe ein komplexes Zusammenspiel von inneren und äußeren Faktoren. Es handelt sich nicht um eine einfache Schwäche oder einen Mangel an Disziplin, sondern um das Ergebnis einer Vielzahl von Einflussfaktoren – von unserer Neurochemie über unsere emotionalen Zustände bis hin zu äußeren Ablenkungen. Die gute Nachricht ist, dass dieses Wissen uns dabei helfen kann, bewusstere Entscheidungen zu treffen. Aber dazu mehr im nächsten Abschnitt.
Tipps für bewusstes Einkaufen
Natürlich ist es verlockend, dem Ruf des Süßwarenregals oder dem Charme eines Online-Angebots zu erliegen. Aber wie können wir die Erkenntnisse über Dopamin und Selbstkontrolle praktisch umsetzen, um impulsiven Kaufentscheidungen entgegenzuwirken? Es gibt einige evidenzbasierte Strategien, die uns dabei helfen können.
Beginnen wir mit der Achtsamkeit, einer Technik, die in verschiedenen Kontexten für die Förderung der Selbstkontrolle untersucht wurde (Baumeister, 2002). Wenn wir in der Lage sind, unseren mentalen Zustand im Moment bewusst wahrzunehmen, können wir die Macht des Dopamins teilweise neutralisieren. Stellen Sie sich Achtsamkeit als eine Art Frühwarnsystem vor: Es kann Sie alarmieren, wenn Ihr Gehirn im Begriff ist, einer impulsiven Entscheidung nachzugeben. Dies gibt Ihnen die Möglichkeit, innezuhalten und die langfristigen Konsequenzen Ihrer Handlungen zu überdenken.
Eine weitere effektive Methode ist die sogenannte „Cooling-Off“-Phase. Durch eine bewusste Pause vor der finalen Kaufentscheidung geben Sie Ihrem Gehirn die Gelegenheit, von dem durch Dopamin erzeugten Hochzustand herunterzukommen. Studien haben gezeigt, dass solche Auszeiten uns helfen können, die längerfristigen Auswirkungen unserer Entscheidungen besser zu evaluieren (Weichenmeier, 2017).
Musik kann ebenfalls eine Rolle spielen. Wie zuvor erwähnt, hat das äußere Umfeld, einschließlich der Musik, einen Einfluss auf unser Verhalten. Anstatt von der Musik im Geschäft abgelenkt zu werden, könnten Sie Ihre eigene, beruhigende Musik über Kopfhörer hören, um die Ablenkungen zu minimieren und Ihre Selbstkontrolle zu stärken (Patrick, Chun & Mancinnis, 2009).
Geldmanagement ist ein weiterer Schlüsselbereich. Die Verwendung von Bargeld statt einer Kreditkarte macht die finanziellen Konsequenzen unserer Entscheidungen greifbarer, was eine erhöhte Selbstkontrolle fördern kann (Raab, 1998). Das haptische Erlebnis, physisches Geld auszugeben, erzeugt oft eine stärkere emotionale Reaktion als das einfache „Swipe“ einer Karte und kann somit die Wahrscheinlichkeit eines Impulskaufs verringern.
Schließlich ist die Gamification eine interessante Option. Apps, die Belohnungssysteme anbieten, können unsere natürliche Vorliebe für Dopamin-induzierte Belohnungen auf eine weniger kostspielige Art und Weise kanalisieren (Rotter, 1989). Die „virtuellen“ Belohnungen durch das Erreichen von Zielen können genauso befriedigend sein und bieten eine Alternative zum impulsiven Kauf.
Während diese Strategien einzeln nützlich sind, wird ihre Kombination wahrscheinlich die größten Vorteile bieten, insbesondere weil Selbstkontrolle durch eine Vielzahl von internen und externen Faktoren beeinflusst wird (Weichenmeier, 2017). Und denken Sie daran: Der Schlüssel zur Verbesserung der Selbstkontrolle liegt nicht nur in der Nutzung dieser Tools, sondern auch in dem Verständnis, wie unser Gehirn — und insbesondere unser dopaminerges System — unsere Entscheidungen beeinflusst.
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Fazit
Impulskäufe sind mehr als nur ein Mangel an Willenskraft, sie sind das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von neurochemischen Prozessen, emotionalen Zuständen und äußeren Reizen. Dopamin spielt dabei eine zentrale Rolle als Neurotransmitter im Belohnungssystem unseres Gehirns. Dieses System ist anfällig für die zahlreichen Faktoren, die unser Verhalten beeinflussen, von Emotionen bis hin zu äußeren Störfaktoren wie Musik und Gerüchen in Geschäften.
Zum Glück gibt es Strategien zur Kontrolle impulsiven Kaufverhaltens, von der Achtsamkeitspraxis über Verzögerungstaktiken bis hin zu Gamification. Diese Strategien können individuell angepasst werden, um effektiv zu sein.
Es ist klar, dass weitere Forschung erforderlich ist, um die komplexen Mechanismen der Selbstkontrolle und des impulsiven Verhaltens vollständig zu verstehen. Zukünftige Studien könnten darauf abzielen, individuelle Unterschiede in der Anfälligkeit für Impulskäufe zu erforschen oder die Wirksamkeit von Kontrollstrategien in verschiedenen Kontexten zu evaluieren.
In der Zwischenzeit bietet ein besseres Verständnis der zugrunde liegenden Prozesse von Impulskäufen eine solide Grundlage für bewusstere Entscheidungen im Alltag. Selbstkontrolle ist möglich, es erfordert lediglich ein bewusstes Engagement und die richtigen Werkzeuge.
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Literaturverzeichnis
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Bildnachweis
Bild 1: https://www.pexels.com/de-de/foto/gluckliche-frau-die-online-zu-hause-einkauft-3769747/