Die Digitalisierung wurde neben der Nachhaltigkeit im Rahmen des Wettbewerbs des Investors` Darling 2024, einer gemeinsamen Initiative der HHL Leipzig Graduate School of Management, des Bankhaus Berenberg und des manager magazins, als zentraler Trend und Schlüsselfaktor der Finanzberichterstattung aufgezeigt. Dabei bietet die Digitalisierung sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Die Vorstellungen der Interessengruppen und die Informationsbedürfnisse und Kanäle, über die insbesondere jüngere Investoren ihre Informationen beziehen, verändern sich. Außerdem besitzen nicht mehr nur die Unternehmen die Hoheit über Informationen, sondern auch Finfluencerinnen und Finfluencer in sozialen Medien spielen eine bedeutende Rolle. Diese Entwicklungen fordern Unternehmen heraus, ein umfangreiches Konzept für die Finanzmarktkommunikation aufzuziehen.[1] Dieser Beitrag zeigt auf, wie Unternehmen dem veränderten Medien- und Informationsverhalten der Zielgruppen gerecht werden können und welche digitalen Investor Relations-Instrumente (IR-Instrumente) sich dafür eignen.
Grundlagen und Digitalisierung der Investor Relations
Investor Relations (IR) umfasst die Planung, Organisation, Umsetzung und Kontrolle aller Maßnahmen der Kommunikation, die zu einer Reduktion der Informationsdefizite und einer Vertrauensstärkung bei den aktuellen und potenziellen Kapitalgebern führen können.[2] Mit Streuer lässt sich auch noch die Kommunikation mit relevanten Meinungsbildern wie z.B. Ratingagenturen oder Analysten hinzunehmen.[3] Bei den Kommunikationsformen kann zwischen gesetzlich verpflichtenden und freiwilligen differenziert werden, die sowohl persönlich als auch unpersönlich sein können.[4] Die folgende Tabelle zeigt die klassischen Instrumente des Investor Relations.[5]
Pflicht | Freiwillig | |
Unpersönlich | Ad-hoc-Publizität Geschäftsbericht Zwischenbericht | Aktionärsbriefe Unternehmensbroschüren Investoren-Handbuch |
Persönlich | Hauptversammlung | Roadshows Analystenkonferenzen One-on-ones Meetings Aktionärs-Hotlines |
Tabelle 1: Klassische Instrumente der Investor Relations (Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Steiner/ Hesselmann, 2001, S.104)
Unter Digitalisierung der Investor Relations wird die Verwendung digitaler Technologien für die Kommunikation und Information verstanden, um Informationen bereitzustellen, Sichtbarkeit am Kapitalmarkt zu erzeugen und die Beziehungen zu aktuellen und potenziellen Kapitalgebern sowie Intermediären zu pflegen.[6] Doch mit welchen digitalen Instrumenten der externen Kommunikation kann dies gelingen?
Einsatz von digitalen IR-Instrumenten als Antwort auf zunehmend digital versierte Zielgruppen
Die herkömmlichen IR-Maßnahmen werden neu geordnet und erweitert.[7] Video-Calls werden bei Conference Calls eingesetzt. Ebenfalls fanden durch die Corona-Pandemie bedingt erstmals digitale Hauptversammlungen statt und Roadshows wurden digital abgehalten.[8] Der digitale Werkzeugkasten im Bereich Investor Relations ist umfangreich. Drei zentrale externe Instrumente werden im Folgenden näher beleuchtet.[9]
- IR-Website: Sie bietet eine Möglichkeit, eine große Anzahl und gleichzeitig eine hohe Qualität an Daten und Informationen bereitzustellen, die weit über die der vordigitale IR hinausragen. Sie fasst alle relevanten Angebote für den Kapitalmarkt zusammen. So können angefangen von verpflichtenden Ad-hoc-Mitteilungen über Informationen zur Equity Story oder Kennzahlen auch der Finanzkalender mit Terminen zu beispielsweise Roadshows, aber auch Inhalte über die Corporate Governance eingesehen werden.[10] Laut der AFCA 2024 Studie sollten die IR-Websites durch Chatfunktionen, FAQs und auch IR-Newsletter optimiert und die Transparenz von Prognosen erhöht werden.[11]
- Digitale Geschäftsberichte: Dieser bietet Raum für Transparenz und die Positionierung des Unternehmens.[12] Das PDF-Format ist laut der Studie RP‘23 (Report-Perspektiven 2023) Standard, nur noch jedes 10. Unternehmen bot in der Studie die Bestellung einer Print-Version an. Durch Verlinkungen und Verweise sowie durch vereinfachte Bildschirmlesbarkeit soll das Nutzungserlebnis optimiert werden.[13] Wird er in Form von HTML umgesetzt, können zahlreiche zusätzliche Funktionen wie interaktive Abbildungen implementiert werden.[14] Im Rahmen der AFCA 2024 Studie kam heraus, dass hier Storytelling und ein einleuchtendes Motto helfen können, um die Präsentation der Inhalte zu verbessern.[15]
- Social Media: Im Rahmen des Begriffs IR 2.0 kommt Social Media als digitales Instrument auf, wobei dieses noch sehr zurückhaltend verwendet wird. Durch den Einsatz kann die Reichweite gesteigert und dem veränderten Verhalten der Kommunikation insbesondere der jüngeren Zielgruppen Rechnung getragen werden. Es bieten sich Möglichkeiten, vor allem private Aktionäre direkt anzusprechen.[16] Beim Einsatz von Social Media in der IR spielen die Plattformen X (ehemals Twitter) und LinkedIn eine Rolle.[17] Daraus und aus der aktuellen AFCA 2024 Studie lässt sich die Handlungsempfehlung ableiten, dass im Bereich Social Media eine IR-spezifische LinkedIn-Präsenz eingerichtet werden soll. Als Trend für die Zukunft können laut dieser Studie Kooperationen mit Finfluencerinnen und Finfluencern sowie Videos von CEOs hervorgehoben werden.[18]
Fazit
Die Digitalisierung dringt so gut wie in alle Lebensbereiche vor und auch die Finanzmarktkommunikation bleibt davon nicht unberührt. Spätestens mit der Corona-Pandemie wurde klar, dass digitale Investor Relations keine Option, sondern eine Notwendigkeit ist. Das veränderte Informations- und Mediennutzungsverhalten der vor allem jungen Stakeholder zwingt die IR-Abteilungen in den Unternehmen sich digital fit zu machen. Wie das möglich ist? Hier können die im Artikel aufgezeigten digitalen IR-Instrumente einen guten Ausgangspunkt bieten. Denn diese veränderten Rahmenbedingungen bieten nicht nur Gefahren, sondern auch zahlreiche neue Chancen. Diejenigen, die ihre Tools in der Kommunikation weiterentwickeln, ergänzen und substituieren, werden weiterhin ihrer Aufgabe des Informierens und des Erzeugens von Sichtbarkeit und der Beziehungspflege nachkommen können und vielleicht sogar auf ein neues Level heben. Und wer weiß, vielleicht sehen wir auch bei Ihrem Unternehmen bald eine Kooperation mit einer Finfluencerin oder einem Finfluencer.
Fußnoten
[1] Vgl. Idw (2024)
[2] Vgl. Becker/ Peppmeier (2022), S.8
[3] Vgl. Streuer (2004), S.6
[4] Vgl. Becker/ Peppmeier (2022), S.8
[5] Vgl. Steiner/ Hesselmann (2001), S.104
[6] Vgl. Hoffmann (2022), S.335
[7] Vgl. Hoffmann (2022), S.345
[8] Vgl. Hoffmann (2022), S.340 und Steinbach (2022)
[9] Vgl. Hoffmann (2022), S.337-340
[10] Vgl. Hoffmann (2022), S.337
[11] Vgl. Austrian Digital Communication Award 2024 (2024), S.4
[12] Vgl. Hoffmann (2022), S.338
[13] Vgl. RP’23 (2023), S.6, 9 & 11
[14] Vgl. ORP’22 (2022), S.6, 11 & 15
[15] Vgl. Austrian Digital Communication Award 2024 (2024), S.4
[16] Vgl. Zerfaß/ Köhler (2017), S.186 & 188 und Hoffmann (2022), S.342
[17] Vgl. Hoffmann (2022), S.338
[18] Vgl. Austrian Digital Communication Award 2024 (2024), S.4
Abkürzungsverzeichnis
IR = Investor Relations
Literaturverzeichnis:
Austrian Digital Communication Award 2024 (2024), Eine Analyse der digitalen Kommunikation von ATX Prime Unternehmen, https://kapitalmarkt-forschung.info/wp-content/uploads/2024/10/Upload_Praesentation_AFCA_2024_Veroeffentlichung.pdf, abgerufen am 11.02.2024.
Becker, H. P./ Peppmeier, A. (2022), Investition und Finanzierung. Grundlagen der betrieblichen Finanzwirtschaft, 9. Aufl., Wiesbaden.
Hoffmann, C. P. (2022), Digitalisierung der Investor Relations und Finanzkommunikation. In: Hoffmann, C. P./ Schiereck, D., Zerfaß, A. (Hrsg.), Handbuch Investor Relations und Finanzkommunikation, Wiesbaden, S.333-349.
Idw (2024), Digitalisierung und Nachhaltigkeit Schlüsselfaktoren der Kapitalmarktkommunikation – Investors` Darling 2024, https://nachrichten.idw-online.de/2024/09/20/digitalisierung-und-nachhaltigkeit-schluesselfaktoren-der-kapitalmarktkommunikation-investors-darling-2024, abgerufen am 10.02.2025.
ORP‘22 (2022), Schlüsselerkenntnisse der Studie Online-Report-Perspektive ’22, https://reporting-perspektiven.org/archiv/, abgerufen am 15.02.2025.
RP’23 (2023), Schlüsselerkenntnisse der Studie Reporting-Perspektiven ’23, https://reporting-perspektiven.org, abgerufen am 16.02.2025.
Steinbach, M (2022), EY. Was Investor Relations in Zukunft ausmacht, https://www.ey.com/de_de/insights/ipo/die-zukunft-der-investor-relations, abgerufen am 15.02.2025.
Steiner, M./ Hesselmann, C. (2001), Messung des Erfolges von Investor Relations. In: Achleitner, A.-K./ Bassen, A. (Hrsg.), Investor Relations am neuen Markt, Stuttgart, S.97-118.
Streuer, O. (2004), Investor Relations – Begriff, Historie und Entwicklungsperspektiven. In: DIRK e.V. (Hrsg.), Handbuch Investor Relations, Wiesbaden, S.3-18.
Zerfaß, A./ Köhler, K. (2017), Investor Relations: Online-Kommunikation mit Analysten und Anlegern. In: Zerfaß, A./ Thomas Pleil (Hrsg.), Handbuch Online-PR. Strategischen Kommunikation und Social Web, Köln, S.181-196.
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